Österreichs Jugendliche sind Europa-Fans
Die österreichischen Jugendlichen sind wahre Europa-Fans – und werden es immer mehr. Das ergibt eine aktuelle Umfrage der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE).
Beinahe vier Fünftel, genauer gesagt 78 Prozent der 3.700 österreichweit befragten AHS-, BHS- und Berufsschüler, sehen die österreichische EU-Mitgliedschaft als „gute Sache“. Weitere 18 Prozent sind unentschlossen und nur vier Prozent sind der Meinung, ohne EU stünde Österreich besser da.
Das sind noch einmal deutlich mehr als im vergangenen Jahr, als 70 Prozent der EU-Mitgliedschaft positiv gegenüber standen.
Mehr Entscheidungen in Brüssel
Knapp drei Viertel (72 Prozent) sind darüber hinaus der Meinung, dass künftig mehr Entscheidungen auf europäischer Ebene getroffen werden, also mehr Kompetenzen von Wien nach Brüssel wandern sollten. Immerhin 28 Prozent sprechen sich demgegenüber für ein Mehr an nationalstaatlichen Beschlüssen aus.
Auch das ist ein Plus für die Europa-Befürworter. Letztes Jahr hatten sich noch zehn Prozent weniger für mehr EU-Entscheidungen ausgesprochen.
Paul Schmidt, Generalsekretär der ÖGfE, sieht in den Ergebnissen einen klaren Auftrag an die Politik: „Der EU-Sondergipfel am 30. Juni soll eine Einigung über die Neubesetzung der Top-Positionen auf EU-Ebene bringen. Die Staats- und Regierungschefs würden mit etwas Kompromissbereitschaft Einigkeit demonstrieren und damit zu einer Konsolidierung des derzeit positiven Stimmungsbildes zur Union beitragen.“
Trotz der großen Herausforderungen wie dem Brexit, vor denen die Union momentan steht, sind auch sieben von zehn Jugendlichen „eher zuversichtlich“, wenn sie an die Zukunft der EU denken – wiederum eine Steigerung zum Vorjahr, als noch fünf Prozent weniger optimistisch an die europäische Zukunft dachten.
Dazu passt auch, dass sich 89 Prozent der Jugendlichen mit einer EU-Staatsbürgerschaft „auf jeden Fall“ oder „eher“ als EU-Bürger fühlen.
Wahl-Trends bestätigt
Schmidt sieht in den Ergebnissen die Trends der Europawahl widergespiegelt, hätten doch die EU-skeptischen bis –feindlichen Parteien nicht die vor der Wahl prognostizierten Zugewinne verzeichnen können.
Zusätzlich hätte speziell das Thema Umwelt- und Klimaschutz junge Menschen dazu motiviert, ihre Stimme abzugeben, sagt Schmidt: „Ein Bereich, bei dem der Mehrwert des Zusammenwirkens auf europäischer Ebene besonders sichtbar wird. Umso wichtiger wäre es, dass sich die Mitgliedsländer doch noch auf das ambitionierte Ziel einer klimaneutralen Union bis 2050 einigen.“
Trotz der hohen Zustimmungswerte zur Europäischen Union sind die österreichischen Jugendlichen am innenpolitischen Geschehen deutlich stärker interessiert als an jenem auf EU-Ebene.
Für Schmidt liegt das am einerseits komplexen, andererseits auch als entfernt wahrgenommenen Geschehen in Brüssel. Daher sei die Hemmschwelle höher. „Wie so oft, ist es eine Frage des Gefühls, der Emotion. Man kann der EU positiv gegenüberstehen, ohne über die genaueren Abläufe informiert zu sein bzw. besonderes Interesse zu haben. Die EU hat angesichts der gerade globalen Entwicklungen und dem abschreckenden Brexit-Beispiel aktuell – nicht nur in der aktuellen Umfrage, sondern auch im Meinungsbild der meisten Mitgliedstaaten – einen höheren Stellenwert und ein besseres Image."
Dadurch erkläre sich auch das positivere Stimmungsbild gegenüber dem Vorjahr. Das aktuelle politische Umfeld stelle sich anders dar, die Mitgliedschaft in der Union diene als Anker in einer zunehmend als unsicher und instabil empfundenen Welt, so Schmidt.
„Die gestiegene Beteiligung an den Europawahlen ist ein positives Signal. Dennoch braucht es mehr Anstrengungen, die europäische Politik, ihre oft komplexen Abläufe und ihre manchmal mühsame Entscheidungsfindung, besonders für Jugendliche besser zu kommunizieren. Der Neustart der EU im Herbst bietet – rechtzeitig zum Schulbeginn – dazu eine Gelegenheit“, meint der Experte.
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