Österreicher stöhnen unter Last der Wohnungskosten
Wie kann Wohnen günstiger werden? Darüber ist ein Wettstreit unter den Parteien um die besten Ideen ausgebrochen. Ziel ist es, Mietern und Wohnungssuchenden noch vor der Nationalratswahl Erleichterungen in Aussicht zu stellen. Zum einen soll dafür gesorgt werden, das Wohnungsangebot zu erhöhen. Zum anderen sollen die Mieten günstiger werden.
Überlastet
Ein Viertel der Befragten gab an, beruflich und privat überlastet zu sein. Mehr als die Hälfte meint, dass diese Belastungen zuletzt noch angestiegen seien – bei den 30- bis 50-Jährigen liegt dieser Wert sogar bei 61 Prozent.
Die Ergebnisse zum Wohnen: Fast drei Viertel der Befragten nannten die Ausgaben fürs Wohnen als „sehr belastend“ oder „eher belastend“. Auf Platz zwei folgen die Ausgaben für Lebensmittel, auf Platz drei jene für Energie (siehe Grafik). Studienautorin Christina Matzka vom Institut Meinungsraum verwies darauf, dass die Kosten fürs Wohnen gemeinsam mit jenen für Energie gesehen werden müssten, um die Bedeutung für die Betroffenen richtig einschätzen zu können. Umgekehrt wurde gefragt, was zu einer Entlastung führen könne. Dabei nannten 84 Prozent niedrigere Wohnkosten.
Unterstützung bekam die SPÖ am Mittwoch von den Grünen, die sich auch für eine Zweckbindung der Wohnbauförderung und eine Reform des Mietrechtsgesetzes stark machen.
In der Steiermark wird indessen schon an einem Bauprogramm gebastelt. Das zu geringe Angebot an geförderten und damit günstigen Wohnungen heize den Markt an, wodurch Wohnen auch für den Mittelstand zunehmend weniger leistbar werde, sagte der zuständige ÖVP-Landesrat Johann Seitinger. Auch er spricht sich für die Wiedereinführung der Zweckbindung für die Wohnbauförderung aus. Dem Vorschlag von ÖVP-Chef Michael Spindelegger, frisches Wohnbaugeld über Pensions- und Vorsorgekassen zu holen, sei viel abzugewinnen.
Wohnen ist in den vergangenen Jahren im Verhältnis zu den Einkommen und zur allgemeinen Inflationsrate überproportional teurer geworden. Lag die Inflation zwischen 2005 und 2011 bei 13,1 Prozent, stiegen die Mieten um 20,5, die Preise für neue Eigentumswohnungen gar um 24,9 Prozent.
Kein Wunder, dass sich die Politik angesichts der bevorstehenden Nationalratswahl auf dieses Thema stürzt.
Ein Grund für die massive Teuerung ist die Finanzkrise, wodurch vermehrt Geld in Wohnraum als Veranlagung investiert worden ist. Besonders dramatisch ist die Situation in Wien. In der Bundeshauptstadt ist der Wohnbedarf wegen des Zuzugs am größten. Bei den Eigentumswohnungen (Erstbezug) stiegen die Preise allein 2012 um 9,7 Prozent (im Vergleich zu 2011). Auch Mietwohnungen sind teurer geworden (siehe Grafik). Günstiger sind Gemeinde- und Genossenschaftswohnungen, aber geförderte Wohnungen sind rar.
Wie könnte man Wohnen billiger machen? Was will die Politik? Und was sagen Experten? Der KURIER gibt einen Überblick.
1. Zweckwidmung, Wohnbauförderung
1,78 Milliarden Euro zahlt der Bund jährlich an die Länder an Wohnbauförderung. Zwei Probleme nennen Experten: Zum einen dürfen die Länder damit seit geraumer Zeit auch Budgetlöcher stopfen, zum anderen wurde die Höhe seit 1996 nicht angepasst. Nun wollen ÖVP und SPÖ die Zweckwidmung der Wohnbaugelder wieder einführen. „Das ist aber nur dann sinnvoll, wenn gleichzeitig eine Bedarfsprüfung eingeführt wird“, warnt Wifo-Expertin Andrea Kunnert. Während in Ballungsräumen mehr gebaut werden müsse, ist der Bedarf in anderen Bundesländern geringer.
2. Privates Geld für Wohnbau
Geht es nach der ÖVP, sollen Pensionskassen statt auf dem Kapitalmarkt künftig verstärkt in sozialen Wohnbau investieren. Die Kalkulation: Investieren die Kassen zehn Prozent ihres Geldes, fließen zwei Milliarden in den Wohnbau, was 30.000 Wohnungen bringen soll. „Die zwei Milliarden Euro sind realistisch“, urteilt Andreas Zakostelsky, Fachverbandsobmann der Pensionskassen. Attraktivere Rahmenbedingungen vorausgesetzt, könnten in ein bis zwei Jahren schon die ersten Spatenstiche erfolgen. Auch Thomas Malloth, Immobilienexperte in der Wirtschaftskammer, fordert: „Private Investitionen in Wohnraum sollen begünstigt werden.“ Er pocht auf eine schneller Abschreibungsmöglichkeit von Wohnraumschaffung – zehn statt 25 Jahre.
3. Stärkere Regulierung von Mieten
Das ist eine langjährige Forderung der Arbeiterkammer. Expertin Gabriele Zgubic: „Zu- und Abschläge müssen im Gesetz und im Mietvertrag genau ausgewiesen werden.“ Und: „Alle Zuschläge dürfen in Summe nicht mehr als 20 Prozent des Richtwertzinses ausmachen.“ Die ÖVP will, dass Zuschläge genauer ausgewiesen werden, ist aber gegen eine Obergrenze.
4. Gehalts-Check im Gemeindebau
Wer eine Gemeindewohnung will, muss gewisse Gehaltsvoraussetzungen erfüllen. Die ÖVP verlangt, dass das Gehalt regelmäßig überprüft wird – und die Miete gegebenenfalls angepasst wird. Das könnte 10.000 Wohnungen bringen. SPÖ und AK sind dagegen: Gemeindebauten könnten zu Gettos werden, der Verwaltungsaufwand wäre enorm.
5. Bevorzugung von gefördertem Wohnbau
Alle Bauträger kämpfen mit explodierenden Grundstückspreisen. Nun will die Politik geförderten Wohnbau bei der Grundstückswidmung bevorzugen. „Wir brauchen rasch günstige Grundstücke in den Städten“, fordert Karl Wurm vom Verband der gemeinnützigen Wohnbauträger. Das werde aber erst in zwei bis drei Jahren wirken. Unmittelbar müssten anstehende Projekte rascher genehmigt werden, gleichzeitig sollten Wohnbaugelder in den Neubau statt in die Sanierung fließen.
6. Mehr Wohnraum in Städten schaffen
Laut ÖVP sollen vor allem Genossenschaften bei Sanierungen ein Ausbaupotenzial, etwa des Dachgeschoßes, prüfen. „Das ist sinnvoll, weil die Infrastruktur schon vorhanden ist“, sagt WKO-Experte Malloth.
7. Preisobergrenze für Mieten
Zum Vorstoß der Grünen Maria Vassilakou, sieben Euro als Mietobergrenze einzuführen, sagt Malloth: „Dann wird nichts mehr vermietet, sondern jede Wohnung nur noch verkauft.“
8. Weniger Betriebskosten
Die AK fordert, dass die Mieter nur „echte Betriebskosten“ tragen sollen (Abwasser, Müll, Lift etc.). Zgubic: „Grundsteuer, Versicherungs- und Verwaltungskosten dürfen nicht auf die Mieter überwälzt werden.“
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