"Österreich ist erloschener Stern am Himmel der Klimapolitik"
Drei Jahre sind seit der Unterzeichnung der Nachhaltigkeitsziele, der sogenannten SDGs der Vereinten Nationen, vergangen. Die Umsetzung dieser "Agenda 2030" komme aber in Österreich nur "schleppend" voran, kritisierten heimische NGOs am Montag. Die Bundesregierung bleibe "bis heute eine konkrete Strategie für die Umsetzung der Klimaziele schuldig", sagte Annelies Vilim, Geschäftsführerin der AG Globale Verantwortung.
Von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) gebe es kein klares Bekenntnis. "Das ist sehr bedauerlich", meinte Vilim, die auch Sprecherin der NGO-Plattform "SDG Watch Austria", einem Zusammenschluss von mehr als 140 zivilgesellschaftlichen Organisationen, ist.
Nur noch "ganz, ganz wenig Zeit"
"Wir verzeichnen in Österreich inzwischen mehr Hitzetote als Verkehrstote. Hinter uns ist ein Sommer der Extreme", warnte Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher der Umweltschutzorganisation Global 2000. "Wir sägen den Ast ab, auf dem wir sitzen." Durch Dürren, Hochwasser, Einbrüche bei Wintertourismus würden wir auf Schäden in Höhe von 8,8 Milliarden Euro pro Jahr zusteuern. Es gebe nur noch "ganz, ganz wenig Zeit" für die Umsetzung der Klimaziele. "Wenn wir die nächsten zehn Jahre so weitermachen, werden auch die Ziele des Pariser Abkommens praktisch unerfüllbar werden", so Wahlmüller. "Wir brauchen eine Gesamtstrategie."
Dass Österreich hinsichtlich Klimapolitik seine Vorreiterrolle verloren hat, glaubt auch der Wirtschaftsforscher Karl Aiginger. Österreichs derzeitige Positionierung zwischen Platz acht und 12 sei "sehr unambitiös". "Österreich ist ein erloschener Stern am Himmel der Klimapolitik", so Aiginger.
Ziele, die Österreich besonders deutlich verfehle, seien etwa eine zu geringe Reduktion von Stickoxiden und Feinstaub oder die bleibende Ungleichheit zwischen Frauen und Männern. "Ein paar weitere Fußtritte gegen die SDG-Agenda sind auch die Umkehrung des Rauchverbots in den Lokalen und die Diskussion um die Steigerung des Tempolimits", kritisierte der Professor an der Wirtschaftsuniversität Wien (WU), der auch die " Querdenkerplattform Wien" leitet.
Vorbilder wären vorhanden
Aiginger glaubt, dass die Umsetzung an einer falschen Wahrnehmung der Agenda scheitert. Es herrsche die Angst, dass eine anspruchsvolle Agenda zu Verlusten von Arbeitsplätzen und zu einer niedrigeren wirtschaftlichen Konkurrenzfähigkeit führte. Studien und Beispiele würden allerdings genau das Gegenteil beweisen: die Durchsetzung solcher Ziele schaffe Arbeitsplätze und stärke die Wirtschaftsleistung. Die reichen nordeuropäischen Länder seien auch die erfolgreichsten und konsequentesten bei der Einhaltung der Klimaziele. "Wir müssen unser Denken umkehren vom 'Das ist eine Gefahr' zum 'Das ist eine Chance'", betonte Aiginger.
"Wer eine gute Zukunft für Österreich will, muss die Welt im Blick haben. Wir wünschen uns von der Regierung und vor allem vom Bundeskanzler eine hochrangige Unterstützung bei der Umsetzung unserer Ziele", sagte Vilim abschließend.
Keine Sanktionen
Im September 2015 beschlossen die UNO-Mitgliedstaaten, darunter Österreich, die Agenda 2030 mit ihren 17 Zielen für Nachhaltige Entwicklung. Sie ist ein verbindlicher Aktionsplan für ein "gutes Leben für alle", Sanktionen für Länder, die der Umsetzung der SDGs nicht nachkommen, sind nicht vorgesehen.
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