Nur knapp 350 Euro Stromkosten pro Jahr
Vor mehr als 15 Jahren hatte Familie L. eine klare Vorstellung, wie sie wohnen möchte. Herr L. hat Holztechnik studiert, so wurde ihr Haus in gekoppelter Bauweise im Nordwesten Wiens aus Vollholz errichtet. Mit einem Heizwert von unter 10 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr war es ein Passivhaus, mittlerweile ist es sogar ein Plusenergiehaus, mit Strom als einzigem Energieträger. Aussehen tut es aber wie jedes andere Haus in seiner Straße, mit großen Fenstern und gläsernen Türen: „Wir haben das Haus damals nach dem Stand der Technik gebaut, was energetisch natürlich deutlich effizienter war, als es die Bauvorschrift verlangt hat. Diese Vorgaben wurden weit unterboten“.
Die Mehrkosten beim Hausbau konnten durch die damaligen Förderungen ausgeglichen werden. Dabei hatte L., der mit einem Partner ein technisches Büro namens „Interwood“ betreibt, das in der Energieberatung tätig ist, auch einen Lernprozess: Anfangs, erzählt er, hatte das Haus eine sehr große Fläche Solarkollektoren am Dach, das zum Glück direkt Richtung Süden ausgerichtet ist. „Aber wir mussten bereits im ersten Sommer feststellen, dass die Anlage einerseits viel zu groß war, im Sommer hatten wir viel zu viel Wärme, und wussten eigentlich nicht, wohin damit. Andererseits waren die Flachkollektoren im Winter nicht effizient genug, vor allem bei bedecktem Himmel produzierten sie nur sehr wenig Wärme.“
Familie L. hat dann ihr Energiesystem noch einmal umgebaut und die Solaranlage durch eine kleinere Anlage mit Vakuumröhren ersetzt. „Diese haben den Vorteil, dass sie auch bei diffusem Licht effektiv Wärme erzeugen“, sagt der Experte. Zudem hat er dann auch eine 5-Kilowatt-Photovoltaik-Anlage auf sein Dach montiert, die Strom erzeugt. Sehr viel Strom. In der Bilanz deutlich mehr, als in einem Jahr im Haus verbraucht wird. Anders als bei überschüssiger Wärme, kann man überschüssigen Strom für gutes Geld ins Netz speisen. Als Heizung hat das Haus nur eine kleine 1 kW-Wärmepumpe, die über Grabenkollektoren, die im Garten verlegt sind, Wärme auch in kalten Wintern erzeugen kann.
Ganz zufrieden ist der Energieberater dennoch nicht, noch nicht. Die Familie hat nämlich auch ein Elektroauto, ein kleines, französisches, das rund 400 Kilometer Reichweite hat. Der Akku des E-Autos hat eine Kapazität von 52 Kilowattstunden (was circa dem 10-fachen eines gängigen Hausakkus entspricht), und diesen hätte er gern in sein Stromnetz daheim integriert: Bidirektionales Laden, nennt sich das, wenn Elektroautos auch Strom abgeben können. Denn Photovoltaik-Anlagen produzieren keinen Strom, wenn keine Sonne scheint. Batterien können das ausgleichen, und den während eines sonnigen Tages gespeicherten Strom nach Bedarf abgeben. Doch leider ist diese Möglichkeit bei seinem Auto standardmäßig nicht vorgesehen, das biete im Moment nur die asiatische Konkurrenz. „Dies sollte aber bei jedem Auto möglich sein, wie Feldversuche auch unseres Herstellers zeigen. Vielleicht gibt es ja diesbezüglich einmal ein Upgrade.“
Zufrieden zeigt er zum Schluss seine Stromrechnung: Rund 650 Euro kostet ihn der Strom jährlich samt Gebühren und Steuern. Abzüglich der 300 Euro, die er für seinen ins Stromnetz eingespeisten PV-Strom bekommt, bleiben rund 350 Euro Kosten übrig – für‘s ganze Jahr.
Ein Berghof als Energiespender
Es war ein Akt der Weitsichtigkeit, die Erkenntnis, der immer konkreter werdenden Bedrohung durch den Klimawandel entgegenzuwirken. Und es steigerte sich das Bedürfnis, unabhängig zu werden. Strikte Abkehr von der fossilen, Hinwendung zu erneuerbaren Energie. Den „bioökonomischen Weg einschlagen“, nennt es Thomas Zöchling.
Der 32-Jährige erklärt, warum er sich vor ungefähr zehn Jahren mit seinem Vater zur intensiven Nutzung der Photovoltaik im Familienbetrieb entschlossen hatte. Damals begann eine Entwicklung, die zwei positive Effekte mit sich zog: Die Produktionssicherung des Milchviehbetriebs und – gewissermaßen als zweites Standbein – der nachhaltige Beitrag zur Energieförderung einer Region.
In St. Veit an der Gölsen (NÖ) befindet sich der Hof, der aufgrund seiner Höhenlage den Status eines bergbäuerlichen Unternehmens einnimmt. Bedeckt sind die Gebäude fast lückenlos mit Sonnenkollektoren. Der aus der Photovoltaik gewonnene Strom erzeugt eine Leistung von 270 kW. Nicht nur die Fütterungsanlage für 40 Kühe erhält damit ihren Antrieb.
Auf dem Holz-WegDie Idee von der Unabhängigkeit fand damit noch kein praktisches Ende. Minimal wurde der Einsatz von fossilen Treibstoffen, Gas war ohnehin tabu. Möglich macht dies neben der Sonnenenergie der unterstützende Einsatz eines Wasserkraftwerks (Husarenmühle) und vor allem die Nutzung von Brennholz. Thomas Zöchling bewirtschaftet 70 Hektar Wald. Buchenholz (600 Raummeter pro Jahr), das in der „Energiehalle“ von Maschinen zerkleinert wird, die wiederum mit dem selbst erzeugten Strom funktionieren.
„Geerntet“ wird nur jene Menge, die pro Jahr auch nachwächst. Vereint haben sich mittlerweile mehrere Waldbauern aus Nieder- und Oberösterreich zur gemeinschaftlichen Vermarktung (www.ofenholz.at).
Der Ertrag aus all diesen Energiequellen wird ins Netz gespeist, Ungefähr 200 Haushalte in der Region profitieren davon. „Mir ist aufgefallen, dass in letzter Zeit viele Kunden Brennholz nachbestellen. Eine Frau hat sogar gesagt, sie hätte ihre Gastherme abgedreht, um aus finanziellen Gründen nur mehr mit regionalem Holz zu heizen“, erzählt Zöchling. Vergisst dabei nicht, noch einmal auf die kurzen, deshalb umweltschonenden Transportwege und die damit niedrigeren Kosten hinzuweisen.
Alternative Wärme für 160 Wohnungen
Andreas Pelikan steht auf seinem Balkon, erzählt vom frischen Schnittlauch, den er jederzeit von den als Gemeinschaftsgarten genützten Grünflächen schneiden kann. Ein Garten für alle ist Teil des Konzepts. Und auch sonst ist der 58-Jährige ziemlich zufrieden mit der Lebensqualität in der Wohnanlage.
Diese heißt MGG22, wurde 2019 fertiggestellt, ist von der U-Bahn-Station Stadlau im 22. Wiener Gemeindebezirk in drei Gehminuten erreichbar und täuscht nicht nur vor, mit der Umwelt einen verträglichen Kompromiss geschlossen zu haben.
Das Besondere daran: MGG ist das Kürzel für die Mühlgrundgasse und ist ein im Wiener Großraum errichtetes gasfreies, mit erneuerbarer Energie versorgtes Wohnprojekt größeren Stils. Die spezielle Technik versorgt sieben Häuser, insgesamt 160 Wohneinheiten, mit Warmwasser und Heizung.
Wie das funktioniert? Überschussstrom aus der Windenergie betreibt die Erdwärmepumpen. Die Wärme wird in die Raumdecken der Häuser („Bauteilaktivierung“) gepumpt, dort gespeichert und ist in jedem Raum mittels Thermostat regulierbar. Vergleichbar sei das System mit jenem einer aufgeladenen Batterie.
„Das Gute daran ist, dass wir eine gewisse Unabhängigkeit genießen. Für die verbrauchte Energie zahle ich zirka 70 Euro im Monat. Meine Kosten haben sich gegenüber meiner früheren Wohnung um ein Drittel verringert“, sagt Pelikan, ein Bewohner der ersten Stunde.
Und weil das System einen Umkehreffekt erlaubt, wird im Sommer die erzeugte Wärme in kühlende Temperaturen umgewandelt. Als passive Klimaanlage – Hitzewellen werden für die hier lebenden Menschen erträglich. „Es ist eine Erleichterung, alleine wenn ich die Haustüre hinter mir zumache.“
Positive Urteile überwiegen zwar in den Gesprächen mit einigen Bewohnern. Aber ein paar Nachteile hat das innovative Wohnmodell doch. So äußern sich manche skeptisch über die Betonwände, die zwar in Sachen Temperatur ihre dämmende Wirkung haben, aber den Handyempfang stören. Auch sei es gewöhnungsbedürftig, oft ein paar Minuten warten zu müssen, bis warmes Wasser aus der Leitung kommt. „Das ist wiederum schlecht für den den Wasserverbrauch“, meint ein junger Mann. Ein Kritikpunkt, aber jedenfalls einer, der Umweltbewusstsein beweist.
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