Neues Parlament entpuppt sich als Besuchermagnet

Österreichisches Parlamentsgebäude
Erste Bilanz. Pro Tag finden rund 65 Führungen im umgestalteten Hohen Haus statt. Im Vergleich zur Zeit vor dem Umbau hat sich die Zahl verfünffacht. Dennoch gibt es Probleme.

Es ist jetzt rund halbes Jahr, dass die Abgeordneten wieder in das Parlament im Wiener Ring eingezogen sind. In dieser Zeit ist das Hohe Haus zu einem Besuchermagnet geworden. Bereits am ersten Tag der offenen Tür im Jänner waren Schlangen von Menschen angestanden, um das neu gestaltete Gebäude zu besichtigen. Und dieser Andrang ist seither nicht abgerissen.

NATIONALRAT: QUADRIGA

Im ersten Halbjahr wurden rund 250.000 Besucher gezählt. Aufgerechnet auf das ganze Jahr ist das eine Verfünffachung gegenüber 2016, dem letzten Jahr vor der Restaurierung und dem Umbau. Verdreifacht haben sich auch die Führungen im Parlament. 7.300 mit insgesamt rund 130.000 Teilnehmern wurden seit Jänner gezählt. Das sind durchschnittlich 65 Führungen pro Tag.

So attraktiv alles auch ist, an einigen Verbesserungen wird dennoch gearbeitet werden müssen. Während die 400 Millionen-Euro teure Sanierung budget-technisch im Rahmen blieb, sind im Alltag ein paar Kuriositäten bzw. Kinderkrankheiten aufgetreten, die für mehr oder weniger große Probleme sorgen.

Zu hartes Licht

Je wärmer die Tage, desto mehr Zuschauer wenden sich erbost an den ORF: Die Nationalratsabgeordneten seien bei Übertragungen blau- bis grünstichig; und überhaupt erinnere der Plenarsaal mit den Schlagschatten im Gittermuster mehr an eine Justizvollzugsanstalt denn an ein Parlament. An den Kameraleute des ORF liegt es nicht: Im sanierten Plenarsaal gibt es keine Kameraleute, die Bilder werden von fünf automatischen Kameras aufgenommen.

NATIONALRAT: SCHALLENBERG / EDTSTADLER / KOGLER / SOBOTKA / METSOLA

Wo also liegt das Problem? Die Antwort: Bei der neuen Glaskuppel. Je wärmer die Tage, desto „härter“ wirkt das Licht, das durch die neue Kuppel fällt. Mit digitalen Tricks kann das nicht ausgeglichen werden. Deshalb wird an einer anderen Lösung gearbeitet.

Eine Idee: ein Netz. Hoch über den Köpfen der 183 Abgeordneten montiert, könnte es das Licht filtern und weicher machen. In der Sommerpause, so heißt es in der Parlamentsdirektion, wolle man diesbezüglich an der Lösung arbeiten.

„Verlorene“ Besucher

Und plötzlich war sie weg: Erst vor einigen Tagen ging eine Besucherin „verloren“, und das kam so: Seit dem Parlamentsumbau sind fast alle Türen im Hohen Haus nur digital mit Chipkarte zu öffnen. Und dieses Utensil ist Menschen vorbehalten, die regelmäßig vor Ort sind. Die Tour-Teilnehmerin dürfte kurz abgelenkt gewesen sein und hat einen Durchgang verpasst. Die Frau ist kein Einzelfall. Bei dem Ansturm an Besuchern muss man sich da noch etwas einfallen lassen.

Dramatischer war es am Mittwoch, als es ein 54-jähriger Kärntner mit Neigung zu Verschwörungstheorien während der Nationalratssitzung unbehelligt schaffte, auf der Regierungsbank Platz zu nehmen. Jetzt muss aber das Sicherheitskonzept noch einmal durchdacht werden.

Neu überarbeitet wird auch das Gastronomiekonzept, nachdem sich Mandatare beschwert haben, dass sie an Plenartagen im Restaurant im Dachgeschoß kaum die Chance auf warmes Essen hätten. Deswegen wird nun die Kantine hinter dem Sitzungssaal aufgerüstet.

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