Neues Griss um Griss: Ex-Richterin im Visier von ÖVP-Kurz und Neos
Es ist ruhig geworden um Irmgard Griss. Die Ex-Präsidentin des Obersten Gerichtshofes, die durch ihren kritischen Hypo-Bericht bekannt geworden war und bei der Hofburg-Wahl hinter Norbert Hofer und Alexander Van der Bellen Dritte wurde, hält sich derzeit öffentlich zurück. Sie will erst in einigen Wochen darlegen, ob und wie sie politisch weitermachen will.
Nicht verwunderlich, dass die Juristin noch nachdenken möchte. Es herrscht ein Griss um Griss. Die 69-Jährige hat beim ersten Durchgang der Hofburg-Wahl beachtliche 18,9 Prozent erzielt. Davon möchte so mancher profitieren – etwa ÖVP-Mann Sebastian Kurz.
Der Außen- und Integrationsminister hat zwar zu Beginn der Woche erklärt, es reize ihn nicht, ÖVP-Chef zu werden – und er habe auch „keine Freude mit diesen Personaldiskussionen“. Er unterstütze ÖVP-Obmann Reinhold Mitterlehner. Allerdings befeuerte Mitterlehner noch am selben Tag im ORF-Sommergespräch die intensiv kursierenden Gerüchte, wonach Kurz die Partei in die nächste Wahl führen wird. Er stehe niemandem im Weg, sagte er.
„Eine Kugel im Lauf“
Egal, mit wem man in der ÖVP spricht, nahezu alle gehen davon aus, dass Kurz über kurz oder lang die Nummer 1 wird. Er ist der Hoffnungsträger.
Manche Schwarze formulieren das so: „Wir haben nur noch eine Kugel im Lauf. Die Frage ist nur, wann wir sie abschießen.“ Oder so, wie die Landeshauptleute der Steiermark und Oberösterreichs, Hermann Schützenhöfer und Josef Pühringer: „Hat man ein Trumpf-Ass im Talon, muss man sich sehr genau überlegen, wann man es ausspielt.“
Kurz kennt die Erwartungen – und wird sich diesen wohl nicht mehr entziehen können. Und wenn sich ein penibler Politiker wie der 30-jährige Wiener in die Schlacht wirft, dann will er für den Tag X perfekt vorbereitet sein. Daher überrascht nicht, dass er diskret Gespräche führt. „Kurz versucht, die politische Mitte zu einen. Das umfasst auch Irmgard Griss“, schildert ein Insider.
Der ÖVP-Politiker hat nämlich das Problem, dass seine Beliebtheitswerte gut sind, seine Partei in Umfragen aber schlecht liegt: bei nur 20 Prozent auf Platz 3. Und so denkt Kurz darüber nach, wie er die Wählerschaft verbreitern bzw. potenzielle Konkurrenten wie Griss auf seine Seite bringen kann.
Kurz hat mit ihr schon über sein Ansinnen, eine Art bürgerliche Plattform oder Liste zu zimmern, gesprochen. Sie sagt dazu: „Ich rede mit verschiedenen Leuten, wie man eine neue Politik machen könnte. Ich habe mich aber noch nicht entschieden, was ich konkret machen werde.“
Fest steht für sie, dass sie keine Partei gründen und sich auch an keine binden will. Das schließt eine Kooperation mit Kurz nicht aus. Griss könnte als mögliche, partei-unabhängige Justizministerin mit ihm wahlkämpfen.
Ob sich Griss dafür entscheidet, ist noch fraglich. Sie hat schon das ÖVP-Offert abgelehnt, Rechnungshof-Chefin zu werden. Und sie wird nicht nur von Kurz umworben, auch die Neos hätten sie gerne auf ihrer Seite. Die Pinken haben Griss schon im Hofburg-Wahlkampf unterstützt.
Kurz, so wird kolportiert, möchte ohnedies auch die Neos in seine Plattform einbinden. Diese zieren sich aber, schließlich sind namhafte ihrer Mitglieder einst von der ÖVP weggegangen. Außerdem wollen Matthias Strolz & Co in keine Koalition mit der FPÖ gehen.
Lieblingskoalition
Kurz, so wird erzählt, würde eine Regierung aus ÖVP, Neos bzw. Griss und Grünen bevorzugen. Bei der Wahl eine parlamentarische Mehrheit für einen solchen Bund zu bekommen, wird freilich schwierig werden.
In Kurz’ Büro heißt es zu all dem lediglich: „Es gab und gibt Gespräche mit allen Präsidentschaftskandidaten, alles weitere ist wieder mal eine Medienspekulation.“ Sarkastischer Nachsatz: „Mit (dem Roten) Hundstorfer gründet er übrigens auch keine Partei.“
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