Neuer Name, neues Team, keine Führung: Wie es mit Pilz' Liste weitergeht
Das Timing für das Inserat ist denkbar ungünstig: In den Samstagsausgaben mehrerer Zeitungen inseriert die neue Liste im Parlament: "Der Nationalratsklub der ’Liste Pilz’ sucht ab sofort eine Klubdirektorin / einen Klubdirektor". Geboten wird eine "interessante und eigenverantwortliche Tätigkeit im Einvernehmen mit den acht Nationalratsabgeordneten" und ein "innovatives und spannendes Arbeitsumfeld". Der letzte Punkt dürfte durchaus zutreffen, befindet sich die neu gegründete Partei doch schon jetzt in einer veritablen Krise.
Nach Vorwürfen der sexuellen Belästigung vor Zeugen im Sommer 2013 durch Peter Pilz hat dieser am Samstag angekündigt, sein Nationalratsmandat nicht annehmen zu wollen. Am Donnerstag findet die konstituierende Sitzung des Parlaments ohne ihn statt.
Zur Stunde ist offen, wer die neue Führungsrolle der jungen Partei übernehmen soll. Nach einer Krisensitzung Samstagnachmittag, die noch der Listengründer Peter Pilz einberufen hatte, war nur klar, dass sich der am Donnerstag konstituierende Klub der Liste Pilz öffentlich hinter den 63-jährigen Chef stelle: Man sei "an einer möglichst intensiven Kooperation mit Peter Pilz interessiert". Es geht "weiter mit voller Kraft", versuchte der Abgeordnete Wolfgang Zinggl, der gemeinsam mit Pilz die Grünen vor dem Sommer verließ, Optimismus zu verbreiten. Der Abgang von Pilz nach den Beschuldigungen sei "nicht schön", dennoch wollen die acht neuen Abgeordneten versuchen, ihre Wahlversprechen umzusetzen. Wenigstens sei nun ein "unbelasteter Start" möglich.
Kurios: Bald sitzen acht großteils völlig unbekannte Mandatare im Nationalrat – und derjenige, der ihnen den Einzug ermöglicht hat, nicht: In einer Umfrage gaben 53 Prozent der Wähler an, die Liste nur wegen des Spitzenkandidaten gewählt zu haben.
Martha Bißmann statt Peter Pilz
In einer Aussendung gehen sie auch gleich in die Offensive: Das "politische Ziel", die Liste Pilz als "neue, starke Oppositionskraft gegen Schwarz-Blau zu schwächen", werde "nicht erreicht werden." Und sie versprechen, sie würden "die politische Urheberschaft der Angriffe auf Peter Pilz" aufdecken. Pilz selbst hatte erklärt, er verlange zu den Vorwürfen aus dem Klub "ein öffentliches Verfahren. Ich bestehe darauf, dass die Anschuldigungen auf den Tisch gelegt werden und ich mich zur Wehr setzen kann." Das sei bisher nicht passiert.
Klar ist bisher nur, dass laut Zinggl alle anderen ihre Mandate annehmen werden und statt Pilz die studierte Energie- und Umweltmanagerin Martha Bißmann als Abgeordnete über die steirische Landesliste nachrücken wird. Die Liste Pilz hat dann übrigens mit 50 Prozent die höchste Frauenquote.
Und schon vor der Wahl war klar, dass die Partei umbenannt werden wird. Eine Entscheidung, wie sich die Liste Pilz nun nennen wird, steht noch nicht fest, ja nicht einmal, ob Pilz weiterhin als Parteichef tätig bleibt. Angekündigt hatte Pilz nur, dass die Frage einer "erfolgreichen Opposition gegen Schwarz-Blau" nicht von einer einzelnen Person abhängig sein werde. Er, Pilz, werde seinen Partei "von außen her begleiten und unterstützen. Das ist alles, was ich jetzt tun kann".
Vor vier Landtagswahlen
Pilz hatte noch vor seinem Rücktritt laut mit dem Gedanken gespielt, auch bei kommenden Landtagswahlen mit eigener Liste antreten zu wollen. Gewählt wird in Niederösterreich noch im Jänner, im Februar in Tirol, im März in Kärnten und im April in Salzburg. Konkret genannt hatte er zudem, mit einer Kandidatur bei den Wien-Wahlen zu liebäugeln. Das wurde auch im Grünen Klub im Rathaus als Kampfansage gesehen, schließlich ist Wien die wichtigste politische Bastion. Bei der Nationalratswahl schaffte Pilz (mit 7,5 Prozent) in der Bundeshauptstadt ein deutlich besseres Ergebnis als die Grünen (mit 5,9 Prozent). Ob sie auch ohne Pilz als Zugpferd antreten werden, müssen die verbliebenen Abgeordneten rasch klären.
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