Neuer Anlauf zum Lehrerdienstrecht

Neuer Anlauf zum Lehrerdienstrecht
Schmied, Hosek und Fekter planen alsbald an den Verhandlungstisch zurückzukehren.

Unterrichtsministerin Claudia Schmied, Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek und Finanzministerin Maria Fekter sitzen ab Montag wieder gemeinsam zum Thema Lehrerdienstrecht an einem Tisch - Ziel ist es, eine gemeinsame Linie zu finden und möglichst rasch wieder an den Verhandlungstisch mit der Gewerkschaft zurückzukehren. "Ziemlich bald" soll dann ein Treffen der Ministerinnen mit der Gewerkschaft folgen, hieß es aus dem Büro Heinisch-Hoseks.

Bisher sind die Verhandlungen offenbar ziemlich schleppend verlaufen: Beim Auftakt im Mai 2012 erhielten die Lehrervertreter einen fertig ausformulierten Gesetzesentwurf. Dieser sieht unter anderem ein Einstiegs-Grundgehalt von 2.420 Euro brutto und ein Endgehalt von 4.330 Euro für alle Lehrer vor, unabhängig von Schultyp oder Fach.

Das Anfangsgehalt der Lehrer läge damit über, das Endgehalt unter dem derzeitigen Verdienst. Allerdings würden nach dem neuen Schema unterschiedliche Zulagen nach Fächern, Schulstufe und Zusatzaufgaben hinzukommen. Außerdem sieht der Regierungsvorschlag vor, dass Lehrer verpflichtend 24 Stunden pro Woche unterrichten müssen, wobei darunter auch Lernzeiten bei der Tagesbetreuung fallen. Derzeit liegt die Unterrichtsverpflichtung zwischen 20 und 22 Stunden.

Minimale Fortschritte

Anschließend wurden die Verhandlungen auf die Beamten-Ebene verlagert. Nach jedem Treffen äußerten die Gewerkschafter dann ihre Unzufriedenheit mit dem Vorschlag. Unter anderem errechneten sie Verluste beim Lebenseinkommen, vermissten eine umfassende Jobbeschreibung sowie Unterstützungspersonal und verlangten eine Ausbildung auf Master-Niveau.

Bei einem Treffen im Dezember verständigten sich die Ministerinnen dann laut Heinisch-Hosek auf nicht näher präzisierte "marginale Änderungen" des Entwurfs. Das wiederum findet der Chefverhandler der Lehrer, Paul Kimberger, gegenüber der APA "skurril". Der derzeitige Entwurf sei "nicht tauglich, umgesetzt zu werden". Er erwarte sich von Schmied, dass diese "endlich ihre Versprechungen in die Tat umsetzt": "Auf ein großes Paket und ein attraktives Angebot warten wir noch. Da sind wir weit weg davon."

Zukunftsweisend

"Es geht nicht um irgendwelche Details, sondern um künftige Lehrergenerationen", so Kimberger. "Und ich opfere sicher nicht künftige Lehrergenerationen am Altar der Budgetnotwendigkeiten." Bei der letzten Runde der Beamtenverhandlungen habe man in einer Punktation eine Bewertung des Entwurfs festgehalten, der nun der Politik vorgelegt werde.

Diese wiederum hält sich bedeckt: Über die konkreten Änderungen des Entwurfs sollen zuerst die Lehrervertreter und erst danach die Öffentlichkeit informiert werden, hieß es aus dem Beamtenministerium. Etwas offener zeigte sich Fekter am Donnerstag. Die Finanzierung höherer Einstiegsgehälter sei vorerst kein Hindernis: "In der Erstphase wird nichts teurer. Denn die älteren, teureren Lehrer, die in Pension gehen, werden durch jüngere, trotzdem günstigere Lehrer ersetzt." Mehrkosten entstünden erst ab etwa der Hälfte der Lebensarbeitszeit der neu eintretenden jungen Lehrer ab ca. 2040.

August 2001: Die damalige Bildungsministerin Elisabeth Gehrer kündigt für das Schuljahr 2003/04 ein neues System der Lehrerbesoldung mit einer Anhebung der Einstiegsbezüge bei einem späteren Abflachen der Gehaltskurve an. Eine Arbeitsgruppe im Ministerium entwickle Modelle - die aber nie das Licht der Öffentlichkeit erblickten.

Februar 2003: Im Regierungsprogramm der zweiten schwarz-blauen Koalition wird festgehalten, dass Lehrer ein neues leistungsorientiertes Gehaltssystem mit höheren Einstiegsgehältern bekommen sollen. Auch Lehrverpflichtung und Zulagensystem sollen überprüft werden - es werden aber nicht einmal Verhandlungen angegangen.

Jänner 2007: Gleich ein einheitliches Dienstrecht für den gesamten öffentlichen Dienst inklusive neuem Gehaltsschema nimmt sich die neue rot-schwarze Koalition vor - wieder ohne Ergebnis.

November 2008: Im Regierungsprogramm der aktuellen rot-schwarzen Koalition wird wieder die Einführung eines "zeitgemäßen und leistungsorientierten Dienst- und Besoldungsrechts für alle neu eintretenden LehrerInnen" festgeschrieben.

25. Februar 2009: Unterrichtsministerin Claudia Schmied fordert von Lehrern, als "Solidarbeitrag" in der Wirtschaftskrise zwei Stunden mehr in der Klasse zu unterrichten. Es folgen erboste Reaktionen der Gewerkschaft, mit der Schmied in den folgenden Wochen - ohne Unterstützung des Koalitionspartners ÖVP - verhandelt.

20. April 2009: Schmied verzichtet auf die Anhebung der Unterrichtsverpflichtung und kündigt an, "gleich übermorgen" Verhandlungen über ein neues Dienstrecht zu beginnen.

12. Mai 2009: Schmied gibt eine "höhere Lehrverpflichtung" als Ziel des neuen Dienstrechts aus.

16. Juni 2009: Schmied will bis Ende Juni 2010 ein neues Dienstrecht erarbeiten, bereits mit dem Schuljahr 2010/11 soll es in Kraft treten. Lehrer sollen künftig "All-in"-Verträge bekommen.

5. Oktober 2009: Die Verhandlungen sollen doch erst nach den Wahlen zur Beamtenpersonalvertretung beginnen. Als "ambitionierte Wunschvorstellung" nennt Schmied einen Abschluss bis Ende 2010.

27. November 2009: Der Verhandlungsbeginn wird erneut verschoben, diesmal soll die Neukonstituierung der Personalvertretung abgewartet und eine gemeinsame Linie der Regierung gefunden werden.

Jänner 2010: Schmied geht auf "Dialog-Tour" durch die Bundesländer, um "Störungen" im Verhältnis mit den Lehrern auszuräumen.

1. Juli 2010: Konkrete Verhandlungen mit Lehrervertretern sollen erst 2011 beginnen und das neue Dienstrecht "noch in dieser Legislaturperiode" in Kraft treten.

22. August 2010: Kanzler Werner Faymann will anlässlich der Budgetsanierung "diskutieren, ob Lehrer nicht ein paar Stunden mehr arbeiten könnten".

3. September 2010: Schmied will über neue Arbeitszeitmodelle für Lehrer reden und weg vom Modell "Ein Lehrer - Eine Stunde - ein Fach".

26. November 2010: Die Vorverhandlungen für ein neues Dienstrecht sollen laut Faymann demnächst beendet und die Gespräche 2011 unter Beisein von Vertretern des Unterrichtsministeriums, des Kanzleramts und des Finanzministeriums fortgesetzt werden.

15. März 2011: Die Regierung einigt sich auf eine Steuerungsgruppe und die Erarbeitung des neuen Dienstrechts in sechs "Arbeitspaketen". Gespräche mit der Beamtengewerkschaft sollen noch vor Ostern stattfinden.

5. April 2011: Start der Verhandlungen mit Gewerkschaftschef Fritz Neugebauer, Schmied, Beamtenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, Finanzstaatssekretär Reinhold Lopatka und VP-Bildungssprecher Werner Amon. Ziel ist ein Abschluss bis Ende 2011. Vertreter der Lehrergewerkschaft sind nicht eingeladen, aus ihrer Sicht handelt es sich lediglich um ein Informationstreffen. Erst am 2. Mai beginnen die Gespräche mit der Lehrergewerkschaft auf Beamtenebene.

12. Oktober 2011: Schmied gibt als neues Zieldatum für den Abschluss der Verhandlungen den Sommer 2012 aus, bis dahin sollen die Eckpunkte stehen.

3. Mai 2012: Das Ministerinnen-Trio Schmied, Heinisch-Hosek und Finanzministerin Maria Fekter steigt in die Verhandlungen ein und übergibt den Gewerkschaftern einen ausformulierten Gesetzesentwurf.

17. Mai 2012: Die Gewerkschaft fordert "ordentliche" Nachbesserungen, später spricht Chefverhandler Paul Kimberger von einem "Lehrer-Sparpaket".

Juni bis Dezember 2012: Die Verhandlungen werden auf Beamtenebene fortgeführt - jeweils mit dem Ergebnis, dass die Gewerkschaft im Anschluss das vorliegende "Sparpaket" ablehnt und Nachbesserungen fordert.

20. Dezember 2012: Schmied, Heinisch-Hosek und Fekter verständigen sich auf eine Intensivierung der Gespräche und nicht näher präzisierte "marginale" Änderungen des bisherigen Angebots.

Für 28. Jänner 2013 ist ein Abstimmungstreffen der Ministerinnen angesetzt, "ziemlich bald" darauf soll es eine "politische Runde" mit der Gewerkschaft geben.

Der seit Mai auf dem Tisch liegende Regierungsvorschlag sieht ein einheitliches Dienstrecht für alle neu eintretenden Pädagogen vor. Derzeit gibt es unterschiedliche Regeln für Landeslehrer (Volks-, Haupt, Sonder-, Berufs- und Polytechnische Schule) und Bundeslehrer (AHS; berufsbildende mittlere und höhere Schulen, BMHS). Eckpunkte sind eine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtung auf 24 Stunden, höhere Anfangsgehälter samt einer späteren Verflachung der Gehaltskurve, neue Regeln für Zulagen, verpflichtende Fortbildung für alle Lehrer, eine Neugestaltung des Berufseinstiegs sowie ein Aus für die Pragmatisierung.

Künftig sollen alle Lehrer verpflichtend 24 Stunden pro Woche unterrichten, wobei darunter auch Lernzeiten bei der Tagesbetreuung fallen. Derzeit gilt für Pflichtschullehrer eine Unterrichtsverpflichtung von 20 bis 22 Wochenstunden, für Lehrer an Bundesschulen sind es grundsätzlich 20 (wobei aber etwa Schularbeitsfächer höher bewertet werden und de facto zu einer niedrigeren Stundenbelastung führen, Fächer wie Turnen zu einer höheren). "Aus wichtigen Gründen" soll die Unterrichtszeit künftig auf bis zu 28 Stunden angehoben werden können.

Daneben gehören zu den Dienstpflichten auch die Vertretung anderer Lehrer, Vor- und Nachbereitung des Unterrichts sowie Korrekturen schriftlicher Arbeiten und "standortbezogene Tätigkeiten" (Elterngespräche, Schul-und Qualitätsentwicklung, Projekte, Teilnahme an Konferenzen, Teambesprechungen und schulinterne Fortbildung). Das Ausmaß dieser Tätigkeiten abseits des Unterrichts wird in den Entwürfen nicht näher definiert. Nur die Zahl der Supplierstunden ist mit 24 pro Jahr vorgegeben, jede zusätzliche Stunde bringt 33,4 Euro.

Gehaltstruktur

Das Einstiegsgehalt soll künftig für alle Lehrer bei 2.420 Euro brutto liegen (Bundeslehrer derzeit: rund 2.220 Euro; Landeslehrer: 2.025). Die bisher 17 bis 18 Gehaltssprünge alle zwei Jahre werden durch sieben Gehaltsstufen ersetzt, wobei die erste Vorrückung erst nach 13 Jahren erfolgt. Gehaltsstufe 2 liegt bei 2.760 Euro, nach 17 Arbeitsjahren sind es 3.100 Euro, nach 22 Jahren 3.440 Euro, nach 27 Jahren 3.780 Euro, nach 33 Jahren 4.120 Euro und in der letzten Gehaltsstufe nach 39 Jahren 4.330 Euro (Derzeitiges Letztgehalt der Bundeslehrer 5.140 Euro; Landeslehrer: 4.500 Euro).

Ein direkter Gehalts-Vergleich ist aber nicht möglich: Anders als bisher sollen die Lehrer je nach unterrichtetem Fach Zulagen erhalten. In der Sekundarstufe I (AHS-Unterstufe, Hauptschule, Neue Mittelschule) wären das etwa für Deutsch und Fremdsprachen, Mathematik, darstellende Geometrie, Informatik und EDV 24 Euro pro Wochenstunde zusätzlich. In der Sekundarstufe II (AHS-Oberstufe, BMHS) liegt die Zulage für diese Fächer bei 36 Euro. Zwölf Euro zusätzlich sollen Lehrer bekommen, die in der Oberstufe Geografie, Geschichte, Psychologie oder ähnliche Fächer unterrichten. Extra Geld gibt es auch für "Spezialfunktionen" wie die Betreuung von Junglehrern in der Induktionsphase, für Bildungs- und Schülerberatung oder Berufsorientierung.

Einsteiger

Neu gestaltet soll der Berufseinstieg nach dem Studium werden: Junglehrer müssen künftig eine ein- bis zweijährige sogenannte Induktionsphase durchlaufen, in der sie bei einer Lehrverpflichtung von 22 Stunden plus verpflichtender Weiterbildung an Pädagogischen Hochschulen (PH) 1.960 Euro verdienen. Alle Lehrer sollen außerdem künftig verpflichtend Fortbildungen im Ausmaß von 15 Stunden pro Jahr besuchen - grundsätzlich außerhalb der Unterrichtszeit.

Schulleiter werden nach dem Entwurf auf fünf Jahre befristet bestellt, bei "Nichtbewährung" können sie vorzeitig abberufen werden. Vom Unterricht sind sie gänzlich freigestellt. Für den Posten gibt es je nach Schulgröße Zulagen bis 1.500 Euro. Neu vorgesehen ist auch ein "mittleres Management" für größere Schulen. Lehrer in dieser Funktion müssen 50 bzw. 75 Prozent weniger unterrichten und bekommen eine Zulage von 300 bzw. 450 Euro pro Monat.

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