Neue Razzien in Eurofighter-Affäre

Neue Razzien in Eurofighter-Affäre
Staatsanwaltschaft Wien ermittelt wegen dubioser Geldflüsse bei Gegengeschäften.

Im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Wien um die dubiosen Gegengeschäfte bei der Eurofighter-Beschaffung durch das österreichische Bundesheer im Jahr 2002 ist gestern eine Bombe geplatzt. Auf Antrag von Staatsanwalt Michael Radasztics wurden am Dienstag an 13 Orten in Österreich, Deutschland und der Schweiz Hausdurchsuchungen durchgeführt. Hierzulande sollen vor allem Firmenstandorte und Wohnsitze in Oberösterreich, aber auch in Tirol behördlich heimgesucht worden sein.

Laut Wirtschaftsblatt fanden im Zuge eines Rechtshilfeersuchens auch Razzien an drei Standorten des Eurofighter-Herstellers EADS in Ottobrunn bei München statt. Im Visier der Anklagebehörde stehen mehrere Personen, dazu zählen unter anderem die österreichischen Lobbyisten Alfred P. und Walter S. Dem Vernehmen nach bestreiten sie die Vorwürfe. „Ich kann die Hausdurchsuchungen bestätigen, das Verfahren ist seit 2011 bei uns anhängig“, sagt Staatsanwalt Thomas Vecsey im Gespräch mit dem KURIER. „Es geht um den Verdacht der Bestechung, der Geldwäsche, des Betruges und der Abgabenhinterziehung.“ Nachsatz: „Die Durchsuchungen drehen sich um Gegengeschäfte, und sie dienen dazu, herauszufinden, ob es Geldflüsse gab, wohin diese gingen und ob es sich dabei um Schmiergeld handelt“. Der Wiener Anklagebehörde liegen zumindest seit Mai 2012 schon Angaben zu verdächtigen Zahlungsflüsse vor, mit denen die koordinierten Zwangsmaßnahmen auch begründet werden. Festnahmen habe es laut Vecsey im Zuge der Razzien aber keine gegeben.

Drehscheibe London-Wien

Die Ermittlungen drehen sich um die Londoner Briefkastenfirma Vector Aerospace, die eine Art Geld-Drehscheibe in Sachen Eurofighter-Deals gespielt haben soll, und um die Euro Business Development GmbH (EBD), über die Gegengeschäfte hierzulande koordiniert worden sind. Die im Jahr 2004 gegründete EBD, deren Geschäftszweck „die Handelsvermittlung von Waren ohne ausgeprägten Schwerpunkt“ war, wurde laut Firmencompass im Juli 2010 aufgelöst. Von Vector sollen über mehrere Jahre Millionen-Euro-Beträge an die EBD geflossen sein.

Laut Staatsanwalt Vecsey basieren die Ermittlungen auf den Aussagen des Italieners Gianfranco Lande vor der römischen Justiz.Der Briefkastenfirmen-Experte und Ex-Manager Lande ist laut italienischen Medien massiv in die Causa Eurofighter verwickelt. Ende Mai ist Lande in Rom zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt worden, weil er angeblich seiner Gesellschaft EGP Italia mehr als 200 Millionen Euro widerrechtlich entzogen und Anleger betrogen hat. Im Zuge des Strafverfahrens hat die italienische Polizei bei Lande Unterlagen sichergestellt, die eine tiefe Verstrickung von Vector Aerospace und EADS belegen sollen.

Dubioser Marketingvertrag

Das Magazin Format zitierte bereits im Frühsommer 2012 aus einer Durchsuchungsanordnung der Wiener Staatsanwaltschaft. Laut dieser soll EADS Deutschland offiziell rund 55 Millionen Euro zum „Marketing-Netzwerk“ Vector transferiert haben. Denn: Vector soll 2004 mit EADS einen Vertrag zur Identifikation, Betreibung und Initiierung von Gegengeschäften mit über 2,7 Milliarden Euro im Zusammenhang mit dem österreichischen Eurofighter-Kauf abgeschlossen haben.

Gianfranco Lande wird verdächtigt, im Auftrag des Eurofighter-Herstellers EADS die Briefkastenfirma Vector gegründet zu haben und für den Österreich-Deal ein undurchsichtiges Firmennetzwerk für Millionen-Transfers genutzt zu haben. Vector zahlte Millionen-Honorare an die Wiener EBD.

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