"Don't smoke": Neue Lokale sind lieber rauchfrei
Im Sommer war es einfach: den ganzen Tag über, bis in die späte Nacht hinein, saßen Raucher und Nichtraucher in friedlicher Eintracht in den Schanigärten unter freiem Himmel.
Die offizielle Eintragungswoche für das „Don’t smoke“-Volksbegehren für ein Gastronomie-Rauchverbot kommt so gesehen genau zur rechten Zeit: Mit den kühleren Temperaturen zieht es die Gäste wieder ins Innere der Lokale – und wer will, dass diese komplett rauchfrei werden, kann ab Montag (1. bis 8. Oktober) dafür unterschreiben. Aber braucht es ein gesetzliches Rauchverbot in der Gastronomie überhaupt noch? Oder regelt das der Markt selbst?
Der Trend geht jedenfalls klar in Richtung Nichtraucher-Lokal, sagt Peter Dobcak, Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wiener Wirtschaftskammer, zum KURIER. „Ich kenne kein neu eröffnetes Lokal, das einen Raucherbereich eingebaut hätte.“
Das sei auch eine wirtschaftliche Überlegung, erklärt Dobcak: „Wer weiß, ob nicht doch noch ein totales Rauchverbot kommt? Da will man nicht unnötig Geld investieren.“ In der jungen, modernen Gastronomie sei das Rauchen generell kein Thema mehr, aber auch immer mehr alteingesessene Wirte hätten den Trend zum neuen Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung erkannt.
Mehr Rauch am Land
Der Gast suche sich sein Lokal aus – und die Tendenz ist eindeutig. In Wien, so schätzt Dobcak, sei bereits mehr als jedes zweite Lokal rauchfrei. Österreichweit ist eine Schätzung kaum möglich, sagt Bundesspartenobmann Mario Pulker – am Land gebe es noch mehr Gaststätten, die den blauen Dunst für ihr Geschäftsmodell als überlebenswichtig erachten. „In Wien kann man es sich aussuchen, am Land gibt es meist nur noch das eine Wirtshaus im Ort“, sagt Pulker.
In Oberösterreich gibt es vielerorts Mischformen: Da wird erst dann der Aschenbecher aufgestellt, wenn der letzte Teller abserviert ist – zur späteren Stunde, wenn auch Lehrlinge nicht mehr im Dienst sind.
Roland Soyka ist einer jener jungen Gastronomen, die den Trend zum Nichtraucherlokal bestätigen. In der Wiener Leopoldstadt hat er im Frühjahr das Stuwer eröffnet – und eine klare Meinung: Rauchen im Lokal entspreche „nicht dem Zeitgeist“. Statt „österreichischer Lösungen“ brauche es ein klares Gesetz „wie fast überall in Europa“ (siehe Grafik).
Gegen die Parteilinie
Mit dieser Forderung liegt Soyka ganz auf einer Wellenlänge mit Salzburgs Landeshauptmannstellvertreter Christian Stöckl (ÖVP). Auch der – laut Eigendefinition – „begeisterte Nichtraucher“ tritt für ein generelles Rauchverbot ein. Und bricht damit mit der Linie der Bundespartei. Stöckl hat Anfang des Jahres die Initiative „Salzburg freiwillig rauchfrei“ ins Leben gerufen, 200 Lokale haben sich bisher angeschlossen. Dass die türkis-blaue Bundesregierung das für 1. Mai vorgesehene Rauchverbot gekippt hat, habe viele Gastronomen genauso „enttäuscht wie mich“.
Bei einer freiwilligen Umstellung auf Nichtraucher hätten viele Bedenken, dass ihnen rauchende Stammkunden den Rücken kehren könnten. Um gleiche Bedingungen zu schaffen, fordert Stöckl also eine „klare gesetzliche Regelung“.
Eine solche Initiative gibt es in Tulln nicht; dafür aber entschlossene Gastronomen: Seit 1. Mai haben sämtliche Lokale der Innenstadt auf rauchfrei umgestellt. „Wir haben Glück gehabt, dass alle mitgemacht haben“, erzählt Jolanta Huber von Jola’s Café. Das Rauchverbot ließe sich zwar auch „selber regeln“, ein allgemeines Gesetz wäre aber „für viele leichter“.
Freiwillig Nichtraucher: Mitarbeiter im Vordergrund
Im Deli am Wiener Naschmarkt wie auch im Grazer Traditionscafé Kaiserfeld hat man sich aus freien Stücken für ein generelles Rauchverbot entschieden – aus Rücksicht auf die Gesundheit der Mitarbeiter. Bereits seit Mai 2017 darf im Deli nicht mehr gequalmt werden, seitdem habe man „viele Nichtraucher und Familien mit Kindern als Gäste dazugewonnen“, erzählt Hakan Kiyak.
Das Kaiserfeld wird am 1. Oktober – und damit synchron mit dem Start des Volksbegehrens – zum Nichtraucherlokal. Besitzer Simon Lackner kritisiert jedoch die Politik, die Entscheidung über Raucher oder Nichtraucher auf die Gastronomen abgewälzt zu haben.
Getrennte Bereiche: Nicht alle sind damit glücklich
Das Hin und Her in der Gesetzgebung ist es, was Nikolaus Weidinger aufregt. „Eine Zumutung für die Lokalbetreiber“ sei das, meint der Chef des gleichnamigen Kult-Cafés am Wiener Lerchenfeldergürtel. Ein rauchfreies Lokal wäre bereits mehrmals Thema gewesen, nach dem teuren Umbau aktuell aber undenkbar, beklagt Weidinger.
Im Heuer am Karlsplatz ist man mit den getrennten Bereichen hingegen zufrieden. „Es ist für jeden was dabei“, sagt Restaurantleiter Maximilian Koban. Es sei das „gute Recht eines jeden Unternehmers, selbst darüber zu entscheiden, ob in seinem Lokal geraucht werden darf“. Auch dem Personal werde im Heuer die Wahl gelassen, sagt Koban.
Unfreiwillig Nichtraucher: Anfangs Umsatzeinbußen
Weil man aus ästhetischen Gründen keine Trennung wollte, ist das berühmte Café Hawelka seit 2010 rauchfrei. Seit der Umstellung habe man viele Stammkunden verloren, „das Abendgeschäft ist eingebrochen“, erzählt Inhaber Michael Hawelka. Als Betriebswirt befürworte er zwar eine einheitliche Regelung, doch grundsätzlich „sollte es noch Räume geben, wo geraucht werden darf“. Auch das Savoy ist rauchfreie Zone, eine Trennung war wegen der räumlichen Gegebenheiten fast unmöglich. „Der erste Winter war hart“, erzählt Besitzer Eric Deschmann. Mittlerweile gehe es wieder bergauf, für gleiche Bedingungen brauche es jedoch „einheitliche Gesetze“.
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