Neos fordern Transparenz: Kammern verdoppeln die Parteienförderung

Der jüngste Polit-Skandal rund um die Vorarlberger Landes-ÖVP und den Wirtschaftsbund lenkt die Aufmerksamkeit wieder einmal auf die Kammern. Der Wirtschaftsbund, der eine von sechs Teilorganisationen der ÖVP ist, ist gleichzeitig Fraktion in den Wirtschaftskammern und hat in Vorarlberg Gelder an die Partei gesandt. Das per se ist zwar nicht illegal, allerdings war zunächst unklar, woher das Geld stammt und wie viel tatsächlich an die ÖVP floss.
In der Wirtschaftskammer stellt die ÖVP-Fraktion Wirtschaftsbund auf Bundesebene den Wirtschaftskammerpräsidenten Harald Mahrer sowie alle neun Landeskammerpräsidenten. Der zurückgetretene Vorarlberger Wirtschaftsbund-Obmann Hans Peter Metzler ist auch Landeskammerpräsident gewesen.Der stellvertretende Neos-Klubchef Gerald Loacker beklagt im Nachhall des Skandals eine allgemeine finanzielle Intransparenz in den Kammern.
So würden die Kammermitglieder – deren Mitgliedschaft verpflichtend ist – nicht erfahren, was mit ihren Mitgliedsbeiträgen passiert. Denn erstens würden die Bilanzen der Kammern nicht transparent und leicht zugänglich online aufliegen.
Zweitens hat der Rechnungshof nur eine eingeschränkte Prüfzuständigkeit. Das bestätigt auch der ehemalige Rechnungshofpräsident Franz Fiedler im KURIER-Gespräch. Der Rechnungshof könne nur die rechnerische Richtigkeit, die Einhaltung der Gesetze, die Sparsamkeit und die Wirkmäßigkeit prüfen, nicht aber, ob Kammergeld zweckmäßig verwendet wird.
Fraktionsförderung
Ein weiterer Kritikpunkt ist die Fraktionsförderung: Ein Teil der Mitgliedsbeiträge wird an die Partei-Fraktionen ausgeschüttet. Das ist etwa der ÖVP-Wirtschaftsbund, der in der WKO die größte Fraktion ist. Oder die SPÖ-Fraktion Sozialdemokratischer Gewerkschafter, die in der Arbeiterkammer dominiert.
Kritik an undurchsichtiger Bilanz
Loacker hat über parlamentarische Anfragen an die Ministerien, die über die jeweiligen Kammern die Aufsichtspflicht habe, so viele Zahlen wie möglich zusammengetragen.
Auffällig ist, dass AK und WKO im Jahr 2020 zusammen 32,7 Millionen Euro an die Fraktionen ausbezahlt haben. Im Vergleich: Die Parteienförderung – die ohnehin schon die höchste in Europa ist – beträgt im Jahr 2022 mit 31,8 Millionen weniger als die Kammergelder.
Die Fraktionen müssen ihre Ausgaben zwar gegenüber der Kammer belegen, allerdings werden keine Details verlangt. Der Verdacht liegt laut Loacker nahe, dass das Geld im Parteiinteresse eingesetzt wird. „Sie sollen mir erklären, wie sie 30 Millionen Euro für Fraktionsarbeit eingesetzt haben“, sagt der Neos-Abgeordnete. Er fordert, dass die Kammern künftig alles offenlegen müssen.
Die Standesvertretung für Unternehmer hat 663.000 Mitglieder, die insgesamt 708 Millionen Euro Kammerumlage bezahlen.
In den neun Landeswirtschaftskammern plus der Wirtschaftskammer Österreich betrug 2020 der Gesamtaufwand 965 Millionen Euro. Sie beschäftigten 2020 5.097 Mitarbeiter. Das ist weit mehr als jede andere Kammer in Österreich. Auch die Fraktionsförderung ist mit 24,8 Millionen Euro am höchsten von allen
Die AK mit ihren neun Landeskammern und der Bundeskammer vertritt 2,9 Millionen Mitglieder. Die AK beschäftigt 2.776 Mitarbeiter. Die gesamte Kammerumlage betrug 2020 495 Millionen Euro von 528 Millionen Euro Gesamtumsatz
Der Gesamtaufwand betrug 2020 476 Millionen Euro, wobei 7,9 Millionen an die Fraktionen gingen. 21 Millionen wurden für Öffentlichkeitsarbeit, fünf Millionen für Inserate verwendet
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