Nehammer kritisiert Putins Gaspolitik, Van der Bellen sichert kasachisches Öl
„Unsere Welt ist in großer Gefahr“, sagte UN-Generalsekretär António Guterres, als er am Dienstag in New York die 77. Vollversammlung der Vereinten Nationen eröffnete. Als hätte die Welt mit den Folgen des Klimawandels, mit Hunger und Armut nicht schon genug zu kämpfen, hat der russische Angriff auf die Ukraine zusätzliche „Schockwellen“ um den Globus geschickt, bemerkte EU-Außenbeauftragter Josep Borrell.
Ausnahme für Selenskij
Rund 150 Staats- und Regierungschefs sind nach New York angereist. Der einzige, dem erlaubt ist, sein Statement per Video abzugeben, ist der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij, weil er sein Land wegen des russischen Angriffskriegs nicht verlassen kann. Russland ist durch Außenminister Sergej Lawrow vertreten.
Besuch bei Kissinger
Bundeskanzler Karl Nehammer hat am Montagabend in New York den früheren US-Außenminister Henry Kissinger besucht. Der 99-Jährige ist wegen seiner politischen Erfahrung immer noch ein gefragter Gesprächspartner.
Putins "Tabubruch"
Auch für den Kanzler gibt es derzeit nahezu nur ein Thema: den russischen Krieg gegen die Ukraine und dessen Folgen. Nehammer wirft Putin vor, „ein Tabu gebrochen“ zu haben, indem er wirtschaftliche Verträge über Gaslieferungen aus politischen Gründen breche. „Nicht einmal die Sowjetunion hat das im Kalten Krieg getan“, sagte Nehammer am Rande der UN-Generalversammlung vor Journalisten. Putins Russland habe seine Verlässlichkeit verloren, daran würde auch eine Rücknahme der EU-Sanktionen gegen Russland, wie von manchen gefordert, nichts ändern. Denn wer einmal dieses Tabu breche, mache es immer wieder.
Obwohl Nehammer den Sanktionskurs also grundsätzlich weiter mitträgt, ist er dafür, einzelne Sanktionen immer wieder zu „evaluieren“, ob sie dem eigenen Land mehr schaden, als sie bewirken. Aus diesem Grund habe Österreich auch dem Preisdeckel für russisches Gas in der EU nicht zugestimmt.
Botschaft in Bagdad wird wiedereröffnet
Nehammer traf in New York Staats- und Regierungschefs von Norwegen, Irak, Pakistan und Serbien zu bilateralen Gesprächen. Auch mit dem marokkanischen und dem ukrainischen Premierminister sowie mit dem Präsidenten des internationalen Roten Kreuzes gab es Gespräche.
Österreich ist gerade dabei, die Botschaft in Bagdad wieder zu eröffnen. Man wolle damit die bilateralen Beziehungen stärken und die Kooperation bei Rückführungen, also Abschiebungen, ausbauen und intensivieren: Denn Österreich sei dabei auch von den Herkunftsstaaten abhängig, etwa wenn es um Heimreisezertifikate, Identifikationen oder Landegenehmigungen gehe. Irakische Staatsangehörige zählten seit 2015 zu den Top-Antragstellern bei Asylanträgen, die Anerkennungswahrscheinlichkeit sinke in Österreich jedoch.
Öllieferant Kasachstan
Der russische Krieg gegen die Ukraine steht auch im Zentrum der bilateralen Gespräche, die Österreichs Staatsspitze am Rande der UN-Generalversammlung führt. Bundespräsident Alexander Van der Bellen traf am Dienstag den kasachischen Präsidenten Kassim-Jomart Tokayev und die Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu.
Die ehemalige Sowjetrepublik Kasachstan hatte sich ja geweigert, Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine zu unterstützen. Kasachstan ist auch eine Alternative als Energielieferland. Nach der Unterredung mit Tokayev sagte Van der Bellen gegenüber Journalisten: „Kasachstan ist der größte Öllieferant Österreichs – so haben wir uns heute neben Möglichkeiten der Konfliktlösung im Ukrainekrieg auch intensiv darüber unterhalten, wie wir die Versorgungssicherheit aufrechterhalten können.“
Österreich pflege eine gute Beziehung zu Kasachstan, vor allem im Wirtschaftsbereich. „Das haben Präsident Tokayev und ich bei unserem Gespräch erneut bekräftigt.“
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