Nehammer empfängt georgischen Ministerpräsidenten Garibaschwili

Nehammer empfängt georgischen Ministerpräsidenten Garibaschwili
Georgien in Warteschleife für EU-Kandidatenstatus. Georgien erlebte bereits.

Der Ministerpräsident der früheren Sowjetrepublik Georgien, Irakli Garibaschwili, hält sich am Freitag zu einem Besuch in Wien auf. Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) empfängt ihn im Bundeskanzleramt. Angesichts des Ukraine-Krieges und der beschleunigten Annäherung der Ukraine an die EU reichte auch die georgische Regierung im März einen Beitrittsantrag in Brüssel ein. Während die Ukraine und auch Moldau Ende Juni zu Beitrittskandidaten erhoben wurden, muss sich Georgien gedulden.

Die EU-Staats- und Regierungschefs sahen auf ihrem Gipfel davon ab, auch Georgien den Status eines Beitrittskandidaten zuzuerkennen. Erst müsse Georgien noch weitere Reform-Voraussetzungen erfüllen, hieß es. EU-Ratspräsident Charles Michel erklärte, der Gipfel habe Georgien aber sehr wohl eine europäische Perspektive gegeben. Die EU sei bereit, dem Land den Kandidatenstatus zu verleihen, sobald es die von der EU verlangten Prioritäten angehe. "Georgiens Zukunft liegt in der EU", sagte Michel. Garibaschwili erklärte, seine Regierung wolle die EU-Anforderungen erfüllen, "damit wir den Kandidatenstatus sobald wie möglich erhalten".

"Georgiens Zukunft liegt in der EU"

Seit dem Gipfel kommt es zu pro-europäischen Demonstrationen in Georgien, die zugleich auch gegen die Regierung gerichtet sind. Aktivisten werfen ihr vor, zu wenig für die EU-Integration zu tun. Die Proteste richten sich auch gegen Ex-Regierungschef Bidsina Iwanischwili. Der Milliardär, der sein Vermögen mit Geschäften in Russland machte, ist der reichste Mann Georgiens. Er gilt in der regierenden Partei Georgischer Traum als starker Mann hinter den Kulissen, obwohl er kein offizielles politisches Amt mehr bekleidet.

Georgischer Traum ist seit 2012 an der Macht. Zu Beginn hatte die Partei auch sehr stark pro-europäische Kräfte im Bündnis um sich versammelt. Georgien unterhält seit 2014 ein Assoziierungs- und Freihandelsabkommen mit der EU. Als die stark pro-europäischen Kräfte marginalisiert wurden und sich aus dem Bündnis zurückzogen, erlahmte auch der Pro-EU-Kurs der Regierung.

Was die Ukraine gerade durchmacht, hat Georgien bereits hinter sich: einen Krieg gegen Russland. Vor Georgischer Traum war seit der Rosenrevolution 2003 Präsident Micheil Saakaschwili in Georgien am Ruder. Er führte westliche Reformen durch und näherte sein Land forsch an die EU und die NATO an. Damit zog er den Unmut Russlands nach sich. Im August 2008 verlor er einen fünftägigen Krieg gegen Russland um die von Georgien abtrünnigen und von Moskau unterstützen Regionen Südossetien und Abchasien. In kürzester Zeit standen russische Truppen vor der Hauptstadt Tiflis (Tbilisi), sie zogen sich aber später aus dem georgischen Kernland zurück. Tausende Menschen wurden aus Südossetien vertrieben.

Danach verlor Saakaschwili an Rückhalt bei den Georgiern, nahm zunehmend autoritäre Züge an, wurde abgewählt und ging ins Exil, um einer gerichtlichen Verfolgung in seiner Heimat zu entgehen. Er ging als Präsidentenberater und Gouverneur in die Ukraine. Obwohl er in Abwesenheit in Georgien wegen Amtsmissbrauch verurteilt worden war, kehrte er im Vorjahr nach Georgien zurück und wurde prompt inhaftiert. Seine Partei Nationale Bewegung führt die Opposition gegen Georgischer Traum an. Georgien liegt am Schwarzen Meer im Südkaukasus. Es hat rund drei Millionen Einwohner. Georgien ist ein Schwerpunktland der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (OEZA).

Premier Garibaschwili wird in Wien von seinem Außenminister Ilia Dartschiaschwili begleitet. Dartschiaschwili trifft Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP).

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