Nazi-Opfer bekommen einen "Namensturm"

Mit einer mächtigen Licht-Installation wird am Wiener Uniqa-Turm der NS-Ermordeten gedacht.

Die Namen der Ermordeten sind vier Stockwerke hoch. „Max und Magdalena Reich", „Valerie Eisner", „Fanny Hahn“. Dann noch „Oskar und Bertha Willig", „David, Hansi und Franziska Holländer". 68 werden es am Ende sein. Und mit Schlag 19.38 Uhr begannen sie über die LED-Fassade des Wiener Uniqa-Towers zu flimmern. 12 Minuten dauert es, bis alle 68 Namen einmal durch sind. Und bis Freitag, wenn sich das Novemberpogrom der Nazis zum 80. Mal jährt, wird die Licht-Installation immer ab Einbruch der Dunkelheit zu sehen sein. 

Namensturm" heißt das Projekt, mit dem die Raiffeisen-Holding Niederösterreich-Wien, die Uniqa-Versicherung sowie das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes, kurz DÖW, ein Zeichen der Erinnerung setzen wollen. 

„Aus Asche und Verlust muss und soll das menschliche Antlitz der Opfer geborgen werden“, sagt DÖW-Chef Gerhard Baumgartner

Die Namen auf den Fassaden erinnern an jene 68, von den Nationalsozialisten ermordeten Menschen, die vor ihrer Deportation in den Häusern Ferdinandstraße 12-18 und Untere Donaustraße 23 - 25, also dem heutigen Standort des Uniqa-Towers gewohnt haben. Sie zeigen das Schicksal eines Großteils der österreichischen Holocaust-Opfer - und stehen damit stellvertretend für alle.

"Wir wollen gemeinsam ein demütiges Zeichen der Erinnerung setzen", sagt Erwin , Chef der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien und Aufsichtsratsvorsitzender des KURIER. „,Es war die Entmenschlichung, die am Beginn der Unrechtsherrschaft stand. Niemals wieder dürfen Verhetzung und Hass unser Land und unsere Gesellschaft derart bestimmen und zu Taten verleiten, die gegen alles gehen, was uns als Menschen ausmacht."

Nazi-Opfer bekommen einen "Namensturm"

Hameseder: "Wir wollen gemeinsam ein demütiges Zeichen der Erinnerung setzen"

Der "Namensturm" ist für das DÖW Anlass, das Zeitgeschichte-Projekt memento erneut zu erweitern. Über die Website bzw. mit einer App kann man im Zuge eines Spazierganges und dank GPS-Ortung an den genauen Wohnadressen von Opfern des NS-Regimes alle verfügbaren Details über deren Biografie nachlesen und erfahren.

Warum wurden die Menschen verfolgt? Wohin wurden sie deportiert, wo ermordet?

Ab sofort sind nach dem ersten und zweiten Wiener Gemeindebezirk auch die Opfer in zwölf weiteren Bezirken abrufbar; im März 2019 soll die Datenbank um die Opfer der politischen Verfolgung ergänzt werden. 

Nazi-Opfer bekommen einen "Namensturm"

Alma Lury

50.000 Opfer sind in der memento-Datenbank mittlerweile verewigt, heißt es im DÖW. Menschen wie Alma Lury und Adolf Wilhelm Kaiser.

Lury war 29, als sie mit ihrer Familie im September 1938 in die Tschechoslowakei flüchtete. Im November 1942 wurde sie von Prag in das Ghetto Theresienstadt und 1944 dann weiter ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert, wo man sie ermordete.

Ganz ähnlich ging es Adolf Kaiser, einem ehemaligen Besitzer einer Theateragentur. Kaiser hat im Dezember 1942 einen kleinen, aber für ihn fatalen "Fehler" gemacht: "Er hat es bis jetzt unterlassen, sich die Kennkarte für Juden zu lösen, obwohl er wusste, dass er Volljude ist", notierte die Gestapo am 8. Dezember 1942 in ihrem Tagesrapport.  Am 9. Februar 1943 wurde Kaiser ins Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Sechs Tage später war er tot.

Nazi-Opfer bekommen einen "Namensturm"

Adolf Wilhelm Kaiser

Kommentare