Sieg mit schlechtestem Ergebnis

Bussi, Bussi: Faymann herzte Ehefrau Martina bei der Stimmabgabe.
Noch nie haben die Roten so wenig Stimmen bekommen wie diesmal - Freude über Platz 1.

Der selbst ernannte Steuermann mit der ruhigen Hand hat das Ziel erwartungsgemäß als Erster erreicht. Werner Faymann und seine SPÖ erhielten bei der Nationalratswahl laut vorläufiger Hochrechnung 26,6 Prozent – und verteidigten somit Platz eins.

Im Zelt vor der Parteizentrale in der Wiener Löwelstraße brachen die roten Funktionäre und Sympathisanten dennoch nicht in Jubelstürme aus. Es gab vielmehr bemühten Applaus, teils auch ernste Gesichter. Die rote Basis weiß, dass ein Triumph anders aussieht. Kein Wunder. Der „Sieg“ ist zeitgleich das schlechteste Ergebnis in der Parteigeschichte.

Schon bei der Nationalratswahl 2008 hatten nur noch 29,3 Prozent (minus 6 Prozentpunkte) der Wähler bei der SPÖ ihr Kreuzerl gemacht – das war ein historischer Tiefstand. Diesmal sind es noch weniger.

Das gestrige Ergebnis ist allerdings keine Überraschung. Es hatte sich schon in den Umfragen der vergangenen Monate abgezeichnet. Die SPÖ hatte den gesamten Wahlkampf über zwar die Nase vorne gehabt, die 30-Prozent-Marke war aber nie übersprungen worden.

Passabler Wahlkampf

Die Retro-Wahlkampagne der Roten ist bei der Stammwählerschaft offenbar passabel angekommen, viele neue Wähler konnten damit aber nicht gewonnen werden.

Parteimanager Norbert Darabos verteidigte seine Kampagne: „Ich bin der Meinung, dass der Wahlkampf gut aufgesetzt war.“

Sieg mit schlechtestem Ergebnis
APA14884460 - 29092013 - WIEN - ÖSTERREICH: (v.l.) Sts. Josef Ostermayer,, Bm Gabriele Heinisch-Hosek, GS Norbert Darabos, GS Laura Rudas und BM Doris Bures am Sonntag, 29. September 2013, in der SPÖ-Parteizentrale in Wien. Nach ersten Hochrechnungen ist die SPÖ weiterhin stimmenstärkste Partei. APA-FOTO: ROLAND SCHLAGER
Die SPÖ hatte ja ganz auf ihre Kernthemen gesetzt: Arbeit, Bildung, Pensionen. Die Vermögenssteuern waren naturgemäß auch auf der Polit-Agenda. Zuletzt hatten sich die Roten noch für 1500-Euro-Mindestlohn stark gemacht. Und: Den Wählern wurde eine Steuerreform im Jahr 2015 versprochen. Alle, die zwischen 1500 und 4000 Euro brutto verdienen, sollten davon besonders profitieren. Die Partei hatte also alles daran gesetzt, um die „kleinen Leute“. Woran lag es dann, dass die SPÖ weit vom Wahlziel 30 Prozent entfernt gelandet ist?

Darabos erklärte sich das Minus mit dem „höheren Angebot für die Wähler“.

Staatssekretär Josef Ostermayer sah das genauso. „Österreichweit sind neun Parteien angetreten, in manchen Bundesländern waren es 14“, betonte Faymanns rechte Hand im KURIER-Gespräch. Auch in der Wirtschaftskrise sah er einen Grund für das magere Abschneiden seiner Partei. „Wir haben fünf Jahre Krisenbewältigung gehabt. In 20 von 27 EU-Ländern wurden die Regierungschef abgewählt.“ Werner Faymann sei das nicht passiert.

Für die SPÖ sei wichtig, „dass wir die klare Nummer eins sind“, ergänzte Darabos. Daher sei er auch „nicht unzufrieden mit dem Ergebnis“.

Da konnte Karl Blecha nicht zustimmen. „Ich bin überhaupt nicht zufrieden“, gab der rote Pensionisten-Boss im KURIER-Gespräch offen zu. Auch Blecha meint allerdings, dass die rote Wahlkampagne gut gewesen sei. Vielmehr sei „eine neue Epoche einer gesellschaftspolitischen Entwicklung angebrochen“. Wähler würden sich erst sehr spät entscheiden oder gar nicht erst zur Wahl gehen. Aus Blechas Sicht sind „neue Formen der Entscheidungsfindung gefragt“. Was heißt das konkret? „Wir brauchen eine neue Form der Politik, mehr Bürgerbeteiligung.“

Schlechte Mobilisierung

Also wurden im Wahlkampf keine Fehler gemacht? „Möglicherweise hat es an der Mobilisierung gemangelt“, gab schließlich der Bundesgeschäftsführer nach mehrmaligem Nachfragen zu.

Hat die Große Koalition noch eine Legitimation, wenn beide Regierungspartner verloren haben? Ostermayer: „Jede Regierung, die eine Mandatsmehrheit hat, hat auch eine Legitimation.“

Steirer-Minus

Mitschuld am Minus ist zweifelsohne auch das äußerst triste Ergebnis für die SPÖ in der Steiermark: Nur 23,5 stimmten für die Roten. Auch die Schwarzen mussten ein Minus hinnehmen.

Hintergrund dürfte die Auseinandersetzung um die Gemeindezusammenlegungen sein. Zahlreiche verärgerte Bürgermeister hatten ihre Bürger dazu aufgerufen, bei der Nationalratswahl weder den Roten noch den Schwarzen ihre Stimme zu geben. Die Profiteure waren die Freiheitlichen. Sie legten ordentlich zu.

Wie geht’s nun in der SPÖ weiter? Am Montagvormittag wird das Ergebnis zunächst parteiintern beraten. Klar ist freilich, dass Bundeskanzler Faymann auf einen Auftrag von Bundespräsident Heinz Fischer zur Bildung einer Regierung wartet.

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