Nächster Konflikt: Regierung werkt am Zwölfstundentag

Beste Freunde: Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer und Bundeskanzler Sebastian Kurz.
Länger Arbeiten: Türkis-Blau dürfte Vorarbeit der Sozialpartner aufgreifen, um rote Kritik zu entkräften.

In der kommenden Woche hat die Bundesregierung den im Juli startenden EU-Vorsitz auf dem Regieplan. Am Mittwoch findet dazu ein spezieller Ministerrat in Brüssel statt. Schöne Bilder mit Sebastian Kurz in der EU-Hauptstadt sind angesagt.

Danach dürfte es rasch wieder konfliktträchtiger werden. Türkis-Blau bereitet dem Vernehmen nach für Juni den umstrittenen Zwölfstundentag vor. Die Wirtschaft fordert die Erhöhung der Höchstarbeitszeit auf täglich zwölf und wöchentlich 60 Stunden ja schon seit Jahren.

ÖVP und FPÖ haben das Vorhaben im Koalitionspakt verankert. „In den nächsten Wochen“ wird das Modell vorgelegt, sagt ein ÖVPler.

So weit, so gut. Aber das Ganze hat natürlich Tücken – und eine Vorgeschichte.

Negativ-Schlagzeilen

Regierung will länger arbeiten lassen.“ Mit Schlagzeilen wie diesen hatten im Vorjahr weder die Blauen noch die Roten rasend viel Freude. Es war schon Wahlkampf.

Jetzt sind die Blauen in der Regierung und werden wohl oder übel die Arbeitszeit-Flexibilisierung mittragen. Allzu radikal dürfte sie freilich nicht ausfallen, um regierungsintern keinen Streit zu provozieren, hört man.

Das heißt: Es könnte wirklich so sein, wie Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer sagt, dass Überstunden Überstunden bleiben.

Dennoch ist der nächste Streit mit den Roten programmiert. Nach der Ankündigung der Sozialversicherungsreform samt Schlechterstellung der Arbeitnehmer in der Selbstverwaltung, wetzen Gewerkschafter ohnehin die Messer. Die Kürzungspläne bei der Mindestsicherung und der Angriff auf die AK-Beiträge tun ihr Übriges.

Kommt jetzt noch der von roter Seite stets verteufelte Zwölfstundentag ohne entsprechenden Ausgleich für die Arbeitnehmer, kann der designierte ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian bei seiner Wahl auf dem Bundeskongress (12. bis 14. Juni) gar nicht anders, als zum Angriff auf die Regierung zu blasen.

Insider vermuten daher, dass Türkis-Blau – taktisch nicht unklug – im Wesentlichen auf ein Sozialpartner-Papier aus 2017 zurückgreifen wird. Das würde der roten Kritik viel von ihrer Glaubwürdigkeit nehmen.

Im Vorjahr verhandelten Leitl, Foglar & Co den 1500-Euro-Mindestlohn zeitgleich mit dem Zwölfstundentag. Während beim Mindestlohn im Juni die Einigung gelang, zogen Top-Gewerkschafter bei der Arbeitszeit die Notbremse und verweigerten ihren Sanktus. Auf Expertenebene war man freilich schon sehr weit gekommen. Auch Christian Kerns „Plan A“ kannte davor den Zwölfstundentag – freilich auch nicht zum Nulltarif („Wahlarbeitszeit“).

Die Schwarzen trommeln seither, dass die ÖGB-Spitze vor einem Jahr nur wegen Wahlkampf und Parteitaktik ein fertig ausverhandeltes Papier blockiert hätte. Die Roten halten dagegen, ausverhandelt sei gelogen. Schließlich seien die Arbeitnehmer-Forderungen – wie eine 6. Urlaubswoche für alle – nie ernsthaft diskutiert worden.

Das dürfte auch jetzt kaum geschehen. Im Koalitionspakt ist zwar von der „besseren Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Freizeit“ die Rede, doch wie freiwillig oder angeordnet der Zwölfstundentag in der Praxis wird oder sich beispielsweise mit Kinderbetreuungspflichten verträgt, wird nirgends beantwortet.

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