Nach Verwirrung um neue Reise-Regeln: Ministerium will präzisieren

Nach Verwirrung um neue Reise-Regeln: Ministerium will präzisieren
Neue Verordnung ist seit heute in Kraft - und schon braucht sie eine erste Novelle. Ministerium will u.a. bei Regelung für Babys nachbessern. Top-Jurist warnt: Wer das Gesetz nicht versteht, kann es nicht einhalten.

Wer darf überhaupt noch frei nach Österreich einreisen? Muss man in Zwangs-Quarantäne, wenn man aus einem Risikogebiet kommt?

Viel Unsicherheit herrscht seit dem Wochenende, was die neuen Reisebeschränkungen betrifft. Die entsprechende Verordnung kam Freitagnacht, seither kursieren teils unterschiedliche Interpretationen.

Das Gesundheitsministerium reagiert nun auf die Kritik und stellt auf KURIER-Anfrage am Montag eine Novelle mit Präzisierungen in Aussicht. Die Reisebeschränkungen gelten schon seit heute, die Novelle soll in den kommenden Tagen vorliegen.

PCR-Test auch bei Säuglingen?

Ein Punkt, der vor allem die Westbalkan-Community beschäftigt - und der nun präzisiert wird - ist die Vorgehensweise bei Kleinkindern und Babys. Brauchen auch sie einen negativen PCR-Test, wenn sie mit ihren Eltern einreisen?

Die einfache Antwort lautet: Ja. In der Verordnung ist die Rede von "allen Personen". Etwas komplexer ist aber die Frage, wie das in der Praxis etwa bei Säuglingen gehandhabt werden soll.

Aus dem Gesundheitsministerium heißt es, man arbeite an einer Lösung, die für alle verständlich ist. Man berät sich diesbezüglich noch mit Medizinern.

Präzisiert werden soll auch die Frage nach dem "Freitesten". Die Regelung, dass sich Österreicher, EU-Bürger und Menschen mit Wohnsitz in Österreich nach Vorlage eines PCR-Tests vorzeitig aus der Quarantäne befreien können und Drittstaatsbürger nicht, ist für den Verfassungsexperten Bernd-Christian Funk "logisch nicht ganz einwandfrei", wie er im Standard erklärt.

Korrektur auch zu Ausgangsverbot

Dass das Ministerium bei diesen Ungereimtheiten gleich reagiert, hat einen guten Grund: Erst vergangene Woche hat der Verfassungsgerichtshof zwei Corona-Verordnungen gekippt, weil sie gesetzeswidrig waren. Darunter etwa jene zu den Ausgangsbeschränkungen, die zwischen Mitte März und Mai gegolten haben.

Unklar ist noch, wie in den einzelnen Bundesländern mit den Strafen umgegangen wird, die auf Basis dieser ungültigen Verordnung verhängt wurden (mehr dazu im Artikel unten).

Und was gilt jetzt?

Wenn Sie bei der neuen Einreise-Regeln noch nicht den Durchblick haben, sind Sie übrigens in bester Gesellschaft: Auch unter den Top-Juristen des Landes hat der Verordnungstext übers Wochenende für Stirnrunzeln gesorgt.

Der KURIER hat etwa mit Christoph Bezemek, Professor für Öffentliches Recht an der Uni Graz, gesprochen. Er betont: "Gesetze müssen klar und eindeutig formuliert sein, sonst kann der Gesetzgeber nicht erwarten, dass die Menschen sie einhalten." Und das ist kein flapsiger Sager, sondern als "Bestimmtheitsgrundsatz" im Strafrecht festgelegt (heißt: keine Strafe ohne Gesetz).

Unklar war für den Grazer Juristen etwa, ob sich Personen, die aus Risikoländern einreisen, auf jeden Fall in Quarantäne begeben müssen oder nicht. Dieser Punkt wurde jüngst geklärt (siehe weiter unten) - aber erst mündlich. Wenn das Ministerium die Verordnung jetzt präzisiert, gehört diese Klarstellung jedenfalls noch in den Normtext, betont Bezemek.

Dem Gesundheitsministerium legt Bezemek folgendes Zitat ans Herz: "Der Gesetzgeber soll denken wie ein Philosoph, aber reden wie ein Bauer." (Rudolf von Jhering, deutscher Rechtswissenschaftler, 1818-1892).

Hier die wichtigsten neuen Regeln - sehr vereinfacht - im Überblick:

1. Keine Einschränkungen bei der Rückreise aus "sicherem Land":

Österreicher, EU und EWR-Bürger, Schweizer Staatsbürger und all jene Personen, die einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt in Österreich haben (dazu gehören auch Personen mit Aufenthaltsberechtigung) dürfen frei einreisen - sofern sie in den vergangenen zehn Tagen in einem Land waren, in dem die Corona-Lage als stabil gilt.

Sie brauchen also weder einen PCR-Test, noch müssen sie in Quarantäne.

Das sind: Andorra, Belgien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Kroatien, Lettland, Liechtenstein, Litauen, Luxemburg, Malta, Monaco, Niederlande, Norwegen, Polen, San Marino, Schweiz, Slowakei, Slowenien, Spanien, Tschechien, Ungarn, Vatikan, das Vereinigte Königreich und Zypern.

2. Beschränkungen bei der Einreise aus Risikoländern:

Wenn Personen aus der oben genannten Gruppe aus einem von fix definierten 32 Risikostaaten bzw. Risikogebieten kommen, braucht es ein Gesundheitszeugnis mit negativem PCR-Test, der nicht älter ist als 72 Stunden. Können sie diesen nicht vorlegen, müssen sie in (Heim-)Quarantäne und den Test binnen 48 Stunden in Österreich nachholen - und zwar auf eigene Kosten. Der Test kostet rund 100 bis 120 Euro.

Wird der Test nicht nachgeholt, droht eine Verwaltungsstrafe von bis zu 1.450 Euro.

Als Staaten bzw. Gebiete mit einem erhöhten Covid-19-Risiko gelten laut der Verordnung: Ägypten, Albanien, Bangladesch, Weißrussland (Belarus), Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Bulgarien, Chile, Ecuador, Indien, Indonesien, Iran, Kosovo, Mexiko, Moldau (Moldawien), Montenegro, Nigeria, Nordmazedonien, Pakistan, Peru, Philippinen, Portugal, Rumänien, Russische Föderation, Schweden, Senegal, Serbien, Südafrika, Türkei, Ukraine, Vereinigte Staaten und die Provinz Hubei (China).

3. Einreiseverbot für Drittstaatsangehörige - mit Ausnahmen:

Für Drittstaatsangehörige, die keinen Wohnsitz in Österreich haben, gilt grundsätzlich ein Einreiseverbot.

Außer sie kommen aus dem Schengen-Raum und können einen negativen PCR-Test vorlegen, der ebenfalls nicht älter als drei Tage ist. Dann ist die Einreise erlaubt - aber nur mit Pflicht-Quarantäne.

In der Verordnung heißt es, dass diese Personen nach der Einreise zusätzlich eine zehntägige (Heim-)Quarantäne anzutreten haben. Ein "Freitesten" aus der Quarantäne ist in diesem Fall nicht möglich. Für die Quarantäne ist eine Unterkunftsbestätigung vorzulegen; die Kosten dafür sind selbst zu tragen.

Ausnahmen gelten auch bei Drittstaatsangehörigen, die als Pflegekräfte oder Saisonarbeiter in Österreich tätig sind: Auch sie dürfen sich vorzeitig "freitesten", müssen bei negativem PCR-Test also nicht die vollen zehn Tage in Quarantäne bleiben.

4. Ausnahmen auch für "besondere Anlässe"

Keine Einschränkungen gibt es bei Staatsbesuchen und aus besonderen familiären Gründen – etwa Einreise von Lebenspartnern und -partnerinnen oder bei Anlässen wie Hochzeiten und Taufen. Die bloße Durchreise durch Österreich ohne Zwischenstopp bleibt ohne Einschränkung möglich.

 

Dieser Artikel ist auch auf Bosnisch/Serbisch/Kroatisch zu lesen:

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