Nach EuGH-Urteil: Wird der Karfreitag ein Feiertag für alle?

Der Karfreitag beschäftigt die Gerichte.
Die Sozialpartner sind uneins, die Regierung prüft. Lösungsansätze kommen aus den Kirchen. KURIER-Umfrage: Was meinen Sie?

Österreich hat derzeit 13 Feiertage, kommt bald einer hinzu? Bei Österreichs Wirtschaft und Industrie herrscht nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über den Karfreitag jedenfalls Aufregung. Und auch die evangelische Kirche ist noch nicht ganz beruhigt.

Die Spanne nationaler Feiertage in Europa ist groß: Die Belgier haben 20, die Briten zum Beispiel nur acht. Aber: Es gibt daneben oft auch regionale oder – wie in Spanien – kommunale Feiertage.

EuGH-Urteil verlangt nach Neu-Lösung

Österreichs Unternehmen könnten nun verpflichtet werden, allen Beschäftigten am Karfreitag Feiertags-Zuschläge zu bezahlen. Der EuGH entschied am Dienstag, ein bezahlter Feiertag nur für bestimmte Religionen sei nicht zulässig. Derzeit bekommen in Österreich nur Mitglieder der evangelischen Kirchen AB und HB, Altkatholiken sowie Methodisten ein Karfreitags-Entgelt - für sie ist er ein Feiertag in Österreich.

Das sei diskriminierend, haben die EU-Richter in Luxemburg entschieden. In Österreich muss jetzt eine Lösung gefunden werden. Die Sozialpartner sind – wenig überraschend – uneins, und die Regierung will sich noch bedeckt halten und die Angelegenheit prüfen.

 

Einzig die Glaubensvertreter – evangelisch wie katholisch – haben ähnliche Lösungsvorschläge.

Bischof Bünker "im Moment erleichtert"

Der evangelisch-lutherische Bischof Michael Bünker zeigte sich „im Moment erleichtert“ über das Luxemburger Urteil. Bünker kann sich nun mehrere Lösungen vorstellen. Er hob dabei hervor, dass der Karfreitag für die evangelischen Gläubigen eine "zentrale Bedeutung" habe. "Wir legen jedenfalls Wert darauf, dass wir gehört werden."

"Das Urteil spielt den Ball zurück an den Gesetzgeber in Österreich", erklärte Bünker. Wenn nichts geschehe, werde der Karfreitag in der Realität ein Feiertag für alle. Eine Streichung des Feiertags durch den Gesetzgeber wäre hingegen "gar nicht in unserem Interesse", unterstrich der Bischof.

Feiertag tauschen oder kein Zuschlag für alle?

Peter Krömer, Präsident der evangelischen Synode AB, meinte, um Interessen der Wirtschaft zu berücksichtigen, könnte der Karfreitag auch "zum Beispiel gegen den Pfingstmontag getauscht werden".

Für Bischof Bünker ist es auch denkbar, dass die gesetzlichen Zuschläge für Evangelische bei Arbeit am Karfreitag entfallen: Diese Regelung entspräche dem EuGH-Urteil und würde zugleich die hohe Bedeutung des Feiertags für die evangelische Minderheitskirche berücksichtigen.

Bischofskonferenz für Beibehaltung als Feiertag

Eine ähnliche Lösung hat auch der Generalsekretär der römisch-katholischen Bischofskonferenz, Peter Schipka, parat. Er ist dafür, dass der Karfreitag weiterhin für Evangelische und Altkatholiken ein gesetzlicher Feiertag bleiben soll, aber bei gleichzeitigem Entfall der Feiertagszuschläge für jene, die dennoch an diesem Tag arbeiten.

Weil der Karfreitag für evangelische Christen eine "zentrale religiöse Bedeutung" habe, solle die diesbezügliche "Feiertagsregelung lediglich modifiziert" werden, schlug Schipka vor. Die katholische Kirche werde in dieser Frage eng mit den evangelischen Kirchen zusammenarbeiten, kündigte er an.

Kein Osterfriede bei Sozialpartnern

Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter haben naturgemäß unterschiedliche Ansichten in der Causa. Der Gewerkschaftsbund forderte, den Karfreitag zu einem gesetzlichen Feiertag zu machen, die Wirtschaftskammer wiederum meinte, das komme "für die Wirtschaft nicht in Frage".

Arbeiterkammerpräsidentin Renate Anderl betonte, dass man nun zunächst die Reaktion der Bundesregierung abwarten wolle. Viele Fragen seien offen. Wobei sie hoffe, dass man nun nicht alle Feiertage diskutiere. Auch die Frage, ob man einen anderen nun möglicherweise streiche, müsste man allen Arbeitnehmern stellen, befand Anderl. "Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass man dazu bereit ist", sagte sie.

Die Industriellenvereinigung sieht jedenfalls keinen Bedarf für einen weiteren gesetzlichen Feiertag. "Mit insgesamt 13 gesetzlichen Feier- plus mindestens 25 Urlaubstagen gewährt Österreich schon bisher auch ohne Karfreitag Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eine sehr hohe Anzahl an freien Arbeitstagen", sagte Generalsekretär Christoph Neumayer.

SPÖ will gesetzlichen Feiertag für alle

Der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried unterstützt jedenfalls die Forderung des ÖGB, dass der Karfreitag zum gesetzlichen Feiertag für alle Arbeitnehmer werden soll. Die Österreicher hätten sehr lange wöchentliche Arbeitszeiten, argumentierte Leichtfried. Keine Lösung wäre es für die SPÖ, dafür andere gesetzliche Feiertage zu streichen.

Wo der Karfreitag schon arbeitsfrei ist

In vielen EU-Ländern ist der Karfreitag bereits ein gesetzlicher Feiertag für alle: In 13 der 28 Staaten haben heuer am 19. April alle Arbeitnehmer frei bzw. müssen, wenn sie arbeiten, eine Feiertagszulage bekommen.

Insgesamt liegt Österreich laut EU-Amtsblatt mit 13 nationalen Feiertagen im oberen EU-Mittelfeld. Wobei es oftmals neben den landesweiten Feiertagen auch noch Feiertage gibt, die nur für das jeweilige Bundesland oder eine Region gelten. Ein Vergleich zwischen den Ländern ist damit etwas kompliziert.

Belgien auf Platz eins

Für Belgien weist das EU-Amtsblatt für 2019 nicht weniger als 20 Feiertage aus, für Spanien und England/Wales nicht einmal halb so viel, nämlich acht. Aber: In Spanien kann jede Gemeinde maximal 14 Feiertage bestimmen (was auch viele nützen), acht sind landesweit vorgegeben und jede Region hat noch mindestens einen dazu - womit kein Spanier heuer auf nur acht Feiertage kommt. Auch Großbritannien hat regionale Feiertage.

13 landesweite Feiertage wie Österreich haben noch...

Für die meisten EU-Staaten - nämlich sieben - werden im EU-Amtsblatt 13 landesweite Feiertage ausgewiesen. Neben Österreich sind das auch Bulgarien, Kroatien, Polen, Portugal, Finnland und Schweden. EU-weit überall frei ist zu Silvester und am Tag der Arbeit am 1. Mai.

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