Ex-Sektionschef Müller im U-Ausschuss: Benko ein "Steuerzahler wie jeder andere"

Ex-Sektionschef Müller im U-Ausschuss: Benko ein "Steuerzahler wie jeder andere"
Investor Benko hat abgesagt, stattdessen wurde der ehemals ranghohe Finanz-Beamte, Kurzzeit-Finanzminister und jetziger FMA-Chef Müller befragt. Von Interventionen will er nichts gewusst haben.

Statt Investor René Benko steht am Donnerstag FMA-Chef und Ex-Sektionschef Eduard Müller im Interesse des Cofag-U-Ausschusses.

Benko hatte tags zuvor via Anwalt sein Kommen abgesagt. Die SPÖ wird nun eine Beugestrafe sowie eine neuerliche Ladung beantragen, was Unterstützung bei den anderen Fraktionen - inklusive der ÖVP - fand.

ÖVP-Fraktionsführer Andreas Hanger erklärte, dass man inhaltlich Benkos Nichterscheinen wegen der laufenden strafrechtlichen Ermittlungen nachvollziehen könne. Man werde aber alle Sanktionsmaßnahmen unterstützen, "weil wir uns die Vorgangsweise nicht gefallen lassen", so Hanger.

SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer gab sich zuversichtlich, dass eine neuerliche Ladung und Befragung Benkos noch vor dem Ende des U-Ausschusses möglich sei, räumte aber ein, dass man in Sachen Zwangsmaßnahmen vom Bundesverwaltungsgericht abhängig sei.

Worum geht es also heute?

Müller war Sektionschef im Finanzministerium und 2019 Teil der "Expertenregierung" von Brigitte Bierlein

Die grüne Fraktionsführerin Nina Tomaselli ortete unter Müllers Ägide ein "Wohlfühlprogramm" für Milliardäre. Etwa habe Müller mehrfach in der Causa Benko beim Innsbrucker Finanzamt interveniert. Tomaselli gab sich gespannt, wie Müller sich heute dazu verantworten werde.

Schmids "Zwilling"

Auch für die Neos ist Müller eine "spannende" Auskunftsperson weil "zentrale Figur". Fraktionsführer Yannick Shetty nannte ihn die "andere Zwillingshälfte" von Ex-ÖBAG-Chef Thomas Schmid, was Interventionen für Milliardäre anbelangte. 

Müller habe aus Sicht der Neos heute die Möglichkeit, die Vorwürfe zu entkräften. Wenn ihm dies nicht gelingt, müsse er sein Amt zurücklegen, so Shetty: "Da wollen wir auch die Grünen in die Pflicht nehmen."

Auch der blaue Fraktionsführer Christian Hafenecker (FPÖ) sieht in Müller einen Zwilling Schmids. Dieser sei mit Benko in engem Kontakt gestanden. Insofern habe er sich auch an der Signa-Pleite mitschuldig gemacht, findet Hafenecker.

"Schmid nicht durchschaut"

Müller sagte in seinem Eingangsstatement, er habe sich in seinen 40 Berufsjahren nichts vorzuwerfen - außer, dass er Schmid, mit dem er drei Jahren lang eng zusammengearbeitet hat, nicht durchschaut habe.

Zur Erklärung: Müller war von 2015 bis 2019 Chef der Präsidialsektion im BMF und Stellvertreter von Thomas Schmid als Generalsekretär. 

Schmid hat gegenüber der WKStA bereits ein Geständnis abgelegt und über Interventionen für Superreiche wie René Benko oder Siegfried Wolf gesprochen. Von alledem will Müller nichts gewusst haben. 

Von Abgeordneter Tomaselli im U-Ausschuss danach gefragt, betonte er, er sei Beamter gewesen, habe seine Dienstpflicht erfüllt und keinen Grund gehabt, bei seinem Vorgesetzten - also Schmid - ein "unredliches Verhalten anzunehmen". 

Hätte er von den Ski- und sonstigen Urlauben, Job-Gesprächen im Hintergrund und generell vom Naheverhältnis Benko/Schmid gewusst, hätte er anders gehandelt.

"Behandeln wie jeden anderen Steuerzahler"

Bei der Sitzverlegung der Signa von Wien nach Innsbruck und der damit verbundenen Reduktion der Steuerbemessungsgrundlage von 50 auf 36 Millionen Euro habe er sich "in keiner Weise inhaltlich eingebracht", so Müller: "Ich war dafür nicht zuständig." 

Er habe damals nur auf das drohende Verjährungsrisiko hingewiesen. Die Sitzverlegung erfolgte nämlich im Sommer 2018 und mit Ende des Jahres drohte die absolute Verjährung.

Richtigstellen wollte Müller auch ein berühmtes Zitat, das ihm zugeschrieben wurde. Demnach soll ein Beamter einmal per Mail gefragt haben: "Warum helft ihr dem Benko so?" Ein Kollege meinte dann, er habe mit "Edi" telefoniert, der gesagt haben soll, dass Benko so viel für Österreich geleistet und Arbeitsplätze gerettet habe. 

"Edi" Müller schilderte den Dialog im U-Ausschuss anders: Ein Beamter habe gemeint, Benko sei ein Immobilienspekulant. "Ich habe darauf gesagt, für die einen mag er ein Spekulant sein, für die anderen ein Retter von Arbeitsplätzen. Für die Finanzverwaltung spielt beides keine Rolle. Er ist wie jeder andere Steuerzahler zu behandeln", so Müller. Dieses Zitat sei dann in der eMail falsch wiedergegeben worden. 

Neos-Fraktionsführer Shetty reagierte skeptisch: Müller hatte sich zu Beginn entschuldigt, dass er sich nicht mehr an alles im Detail erinnern könne - aber dieses Zitat weiß er noch ganz genau? Müller bleibt dabei: Er habe das so gesagt.

Für ihn habe Benko nicht die Bedeutung gehabt, "wie für sie", meinte Müller in Richtung der Abgeordneten. Auch sei ihm niemals von dem Investor etwas angeboten worden. Damals habe es eine Beschwerde der steuerlichen Vertretung Benkos wegen der langen Verfahrensdauer gegeben. 

Erste Hinweise schon 2020

Müller ist seit 2020 Vorstand der Finanzmarktaufsicht (FMA). Auf die Frage, warum die FMA bei Signa so spät tätig geworden sei, entgegnete Müller, dass es bei der Signa oder irgendwelchen Tochterunternehmen keine Zuständigkeit der Finanzmarktaufsicht gegeben habe. Sie sei kein an der Börse gelistetes Unternehmen. 

Ab 2020 sei infolge der Corona-Krise generell befürchtet worden, dass der Gewerbeimmobilienmarkt unter Druck kommt, Hinweise auf "mögliche systemische Risiken" gab es dann ab 2021, daraufhin habe es auch Gespräche mit Banken-Chefs gegeben, erinnerte sich Müller. 

2022 sei dann geprüft worden, welche Folgen es für die Finanzmarktstabilität haben könnte, wenn die Besicherung von Bankenkrediten nicht halten würde. Da sei auch die Signa und die möglicherweise zu hohen Bewertungen der Immobilien in Benkos Imperium Thema gewesen. 

Nach rund viereinhalb Stunden war die Befragung Müllers zu Ende. 

Als zweite Auskunftsperson war am Nachmittag eine mittlerweile pensionierte, ehemalige Fachvorständin der Großbetriebsprüfung geladen. "Wissen Sie etwas über die Organisation der ehemaligen Großbetriebsprüfung?" richtete sie in ihrem Eingangsstatement gleich eine Frage an die Abgeordneten, und holte dann zu einer kurzen Erklärung aus. 

Als Fachvorständin sei sie nur ganz selten in Prüfungsfälle involviert gewesen, nämlich nur dann wenn sie von Teamleiter oder vom Vorstand gefragt wurde. Anders als der Vorstand konnte der Fachbereich sich nicht selber mit einem Prüffall betrauen. Deshalb könne sie "zu den meisten Prüffällen aus persönlicher Wahrnehmung eigentlich gar nichts sagen".

"Da bin ich explodiert"

Die Verfahrensrichterin stellte ihr dann eine Frage, "die mir seit zwei Jahren auf der Zunge brennt". Nämlich weshalb die Beamtin in der Steuersache Siegfried Wolf, wo sie für eine Bemessungsgrundlage von 10,6 Millionen plädierte, er letztlich aber nur sieben Millionen zahlte, nicht an der Schlussbesprechung teilnahm. Zwei Tage vor der Besprechung habe dessen Sekretärin angerufen und gefragt, ob man die Besprechung verschieben könne, "da bin ich explodiert und habe gesagt, die Besprechung findet auch ohne Herrn Wolf statt." 

Daraufhin habe sie einen Anruf "aus dem Ministerium" bekommen, ob man nicht verschieben könne. Letztlich wurde der Termin verschoben, ihr Vorgesetzter habe sie gefragt "ob ich mir nicht doch einen Gleittag nehmen möchte". Das habe sie getan, "wohlwissend, dass ich mich bei der Besprechung wohl nicht adäquat verhalten hätte."

Im Nachhinein sei sie überrascht gewesen, dass letztlich ein Steuernachlass gewährt wurde. Sie habe aber kein Recht mehr gehabt, in die Akten hineinzuschauen, sagte die pensionierte Beamtin: "Ich war in die weiteren Vorgänge nicht mehr involviert." Das Schlussbesprechungsprotokoll habe sie dann erst bei ihrer Zeugeneinvernahme bei der WKStA "überflogen". "Ich will mich eigentlich mit dieser ganzen Sache nicht mehr beschäftigen, weil es mich einfach nur noch ärgert", betonte sie launig.

"Nie interveniert"

Persönlich sei bei ihr nie interveniert worden, auch nicht von Generalsekretär Schmid. Sie habe aber gewusst, "dass ich nicht beliebt war, wegen Sigi Wolf." Müller habe sie dann schließlich im Sommer 2017 zu sich gerufen und ihr ein Angebot gemacht, den Job zu wechseln, weil sie den Posten gerne neu besetzen wollten. Weil das Angebot gut war, habe sie zugegriffen.

Angesprochen darauf, dass die Chefin des für Wolf zuständigen Finanzamts mit ihm per Du gewesen sei und mit ihm Golf spielen gegangen sei, sagte die Beamtin in Ruhestand, das sei ihr "brühwarm" erzählt worden. Gestern sagte ein hochrangiger Beamter des Finanzamts Innsbruck aus, er sei "mit fast allen per Du" gewesen. Sie hätte in so einem Fall nicht geprüft, "das ist Befangenheit - und damit retour". Nach knapp drei Stunden hatten die Abgeordneten keine Fragen mehr an die Beamtin und schickten sie nach Hause.

Am Ende des Befragungstages haben die Fraktionen einstimmig einen Antrag der SPÖ auf Beugestrafe für Benko beschlossen. Fraglich ist, ob sich eine neuerliche Ladung noch ausgeht. Der Cofag-U-Ausschuss endet im Mai. 

Kommende Woche finden wieder Befragungen zum zweiten U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" statt. Erwartet werden einige ehemalige und aktive FPÖ-Politiker, darunter Parteichef Herbert Kickl

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