Mitterlehner für Fokus auf Steuerentlastungen

Reinhold Mitterlehner
Der Wirtschaftsminister fordert die Überarbeitung des Arbeitnehmerschutzgesetzes und eine "größere Weichenstellung" im Steuerbereich.

Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) will beim Relaunch des Regierungsprogramms die Themen Wirtschaft und Beschäftigung in den Mittelpunkt stellen. Die Steuerquote soll von zuletzt 44,4 Prozent in den nächsten Jahren in Richtung des EU-Durchschnitts von 40,0 Prozent abgesenkt werden. Der ÖVP-Chef sprach sich deshalb im APA-Interview für eine rasche Abschaffung der Kalten Steuerprogression aus.

Das ÖVP-Regierungsteam wird am 10. und 11. Jänner bei einer Klausur im Vorfeld der Klubtagung im steirischen Pöllauberg die entsprechenden Arbeitsschwerpunkte für die Regierungsarbeit der nächsten Monate aufbereiten. "Es geht darum, die gemeinsamen Aktivitäten festzulegen", im Mittelpunkt müssten dabei Wirtschaft und Beschäftigung stehen, sagte Mitterlehner mit Blick auf das geplante Programmupdate. Österreich habe "ganz gute" Wirtschaftsdaten, Optimismus müsse aber gelebt werden.

Priorität für Arbeitszeitflexibilisierung

So gelte es etwa, die Wirtschaft anzukurbeln und das geplante Investitionsprogramm für KMU zu präzisieren - "ohne, dass es zu bürokratisch wird", wie der ÖVP-Obmann sagte. Am Arbeitsplatz ortet Mitterlehner Mobilitäts- und Strukturprobleme - Stichwort Köche-Mangel im Westen. Priorität fordert Mitterlehner - unter Verweis auf das Regierungsprogramm - für das Thema Arbeitszeitflexibilisierung. Eine Überarbeitung brauche auch das Arbeitnehmerschutzgesetz, denn dieses entspreche mit widersinnigen Auflagen längst nicht mehr der Praxis. Ebenfalls notwendig sei eine Evaluierung der aktiven Arbeitsmarktförderung auf Effizienz und Treffsicherheit.

Ein wesentliches Thema werde 2017 die geplante Abschaffung der Kalten Progression: "Ziel ist, dass die entlastet werden, die Steuern zahlen, nicht die, die ohnehin mit Transferleistungen bedacht werden", so Mitterlehner. "Es braucht Anreize für Leistungsmotivation. Es braucht einen Anreiz, dass mir was in der Tasche bleibt, wenn ich entsprechend arbeite." Nötig sei ein automatischer Abgleich, gemäß ÖVP-Vorschlag immer dann, wenn die Inflationsrate ein bestimmtes Ausmaß überschreitet. Eine jährliche Anpassung an die Inflation wie in der Schweiz hielte Mitterlehner für "übertrieben".

Im Steuerbereich sei aber "wahrscheinlich eine größere Weichenstellung" anzudenken, so der ÖVP-Chef. Die jüngste Steuerreform war eine Tarifsteuerreform und keine ökologische. Über ökologische Elemente einer nächsten Steuerreform will Mitterlehner im kommenden Jahr im Zuge der neuen Energie- und Klimastrategie diskutieren. Allerdings müsse man hier im internationalen Gleichklang vorgehen. Gesprächsbedarf sieht Mitterlehner auch über die Senkung der Körperschaftssteuer (KöSt). Es brauche Anreize für Investitionen. Österreich liege bei der KöSt aber höher als viele Nachbarländer. Bei all dem gelte es jedoch die budgetäre Finanzierbarkeit zu prüfen.

Steuerquote soll sinken

Die Steuerquote soll "nach unten" gehen, so viel steht fest. Umverteilung sei nicht die Lösung, meinte Mitterlehner in Richtung des burgenländischen Landeshauptmanns Hans Niessl (SPÖ), der unlängst "moderate" Vermögenssteuern vorschlug. "Sozial ist nicht der, der umverteilt, sondern der, der die Möglichkeit für Verteilung schafft." Prioritär müsse daher die Schaffung von Wirtschaftswachstum sein. "Jetzt über Verteilungsfragen zu spekulieren, ist das falsche Motiv. Uns geht es um Leistung, daher lehnen wir diese Ideen auch ab, vor allem wenn sie nicht international gleichzeitig so vollzogen werden."

Mit Vorschlägen von Sozialminister Alois Stöger (SPÖ) für die 36-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich oder eine sechste Urlaubswoche kann Mitterlehner ebenfalls nichts anfangen. In Frankreich habe sich Arbeitszeitverkürzung nicht bewährt. "Das ist nicht gerade ein modernes Konzept", urteilte der Vizekanzler. "Das sind nicht die Konzepte, mit denen wir die Zukunft gewinnen werden." Der ÖVP-Chef sprach von "alten Hüten".

Zum Thema Mindestsicherung hielt Mitterlehner fest, dass es sich dabei um "kein Lebensmodell, sondern eine Überbrückungshilfe" handelt. Die österreichweit einheitliche Lösung sei an der fehlenden Einigung der Bundesländer gescheitert. Er schlägt daher vor, dass die individuelle Umsetzung nun ein paar Monate beobachtet wird, etwa ob Ströme in einzelne Bundesländer zu verzeichnen sind. Aktuell gebe es jedenfalls eine "lebbare Variante".

Zurückhaltend bei Brenner-Kontrollen

Weiterhin auf der Agenda stehe das Thema Flüchtlinge. Hier zeigte sich Mitterlehner zufrieden über das Schließen der Balkanroute. Überhaupt ortet er jetzt mehr Solidarität in Europa und will Programme für Resettlement und Relocation sowie den EU-Außengrenzschutz forcieren.

Was intensivere Kontrollen an der Brennergrenze, wie sie der Tiroler Landeshauptmann und ÖVP-Landesparteiobmann Günther Platter fordert, betrifft, ist Mitterlehner zurückhaltend: "Ein neues, isoliertes Aufbrechen der Brenner-Diskussion ohne Abstimmung mit Italien und Deutschland halte ich nicht für angebracht und derzeit auch nicht erforderlich." Dies müsse jedenfalls im europäischen Kontext erfolgen.

Für Sicherheit stehe momentan ausreichend Budget zur Verfügung. Es wurde aufgestockt, sowohl beim Personal als auch bei der Ausrüstung. "100 Prozent Sicherheit ist selbst durch die beste Überwachung nicht sicherzustellen."

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