Mitterlehner: "Das ist nicht der New Deal, den wir uns vorstellen"

Vizekanzler, ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner
ÖVP-Chef beschwört Teamgeist; sieht Ausweg bei CETA und Mindestsicherung.

"Es wäre jetzt total sinnlos und gefährlich, wenn wir uns in der Regierung selbst in die Luft sprengen. Dann ist überhaupt keine Sicherheit, keine Struktur mehr da. Es ist ein sinnloses Unterfangen, sich in Neuwahlen zu stürzen."

Vizekanzler und ÖVP-Chef Reinhold Mitterlehner will trotz aller Meinungsverschiedenheiten mit SPÖ-Kanzler Christian Kern und dem Dauer-Hick-Hack in der Regierung nicht aufgeben: "Die Neuwahl-Hysterie ist für Medien durchaus geeignet, aber nicht für die politische Arbeit. Die Probleme würden nur größer, die Polarisierung noch schärfer."

Freilich müsste nun rasch zur Teamarbeit in der Koalition zurückgefunden werden. "Entweder bringen wir das Ding systematisch ins Laufen oder eben nicht. Dann reden wir über die Konsequenzen. Bis Jahresende muss was passieren", sagt der Vizekanzler, spart aber bei dieser Gelegenheit nicht mit Kritik am Regierungschef: "Die mediale Einzelpositionierung ist nicht der Stil, um die Probleme des Landes lösen zu können."

Grundsatzrede

Mitterlehner plant nun für die zweite Oktoberhälfte eine wirtschaftspolitische Grundsatzrede. Er will die ÖVP über einen offensiven "Motivations- und Chancenansatz" als Partei für Unternehmer und Leistungsträger im Land positionieren. Die SPÖ sei hingegen defensiv, stehe für Umverteilung und wähle einen "Belastungsansatz", befindet der schwarze Frontmann.

Interessant: Auch Kern plant für die zweite Oktoberhälfte eine Grundsatzrede. Genau in dieser Zeit wollte die Regierung – zumindest bisher – ihre zentralen Reformen präsentieren. Mitterlehner zweifelt: "Teils kommen aus den Arbeitsgruppen nur Überschriften, bei Wirtschaft und Arbeit will man mit uns über die Maschinensteuer und die Arbeitszeitverkürzung verhandeln. Das ist nicht genau der New Deal, den wir uns vorstellen."

CETA

Die schwerste Belastung für die Koalition sei aber die ablehnende Haltung der SPÖ zum Freihandelsabkommen CETA mit Kanada. "Da steht die gesamte handelspolitische Reputation Österreichs auf dem Spiel. Das bringt uns international in Diskussion. " Mitterlehner sieht aber eine Kompromissmöglichkeit in einer zwischen Kanada und der EU verhandelten Zusatzerklärung, wo einzelne Punkte – zum Beispiel bei Privatisierungen – präzisiert werden sollen. Eine kapitelweise Nachverhandlung hat Brüssel jedoch ausgeschlossen.

Mindestsicherung Ebenfalls gesprächsbereit zeigt sich der ÖVP-Chef bei der Mindestsicherung. Hier werde aktuell mit der SPÖ über eine Integrationsvereinbarung nach Vorarlberger Vorbild verhandelt. Die Idee: Wenn ein Flüchtling die Vereinbarung unterschreibe und etwa beim Spracherwerb breche, könne man ihm als Sanktion die Mindestsicherung kürzen. Dieses Modell könnte die bisher von der ÖVP geforderte Wartefrist von fünf Jahren auf die volle Mindestsicherung ersetzen.

Rückkehr zu Kreisky?

Am Streit in der Regierung sei vor allem die SPÖ schuld, die ÖVP habe daran den "geringsten Anteil". "Aber ein Euro scheppert nie alleine", gibt Mitterlehner zu.

Er verteidigt aber die Emotionen nach dem linkslastigen Kommentar Kerns in der FAZ, noch dazu gezeichnet vom Bundeskanzler Kern und nicht vom SPÖ-Parteichef Kern. Mitterlehner geißelt die darin anklingende Sehnsucht nach einer "neuen Verschuldungspolitik". Mitterlehner: "Das wäre ein Rückfall in die Ära Kreisky. Wir haben Jahrzehnte gearbeitet, um von diesem Niveau wieder herunterzukommen."

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