KURIER: Vor wenigen Tagen ist in der EU ein Asylpaket beschlossen worden. Wie zufrieden ist der Innenminister damit? Gerhard Karner: Zufrieden ist wahrscheinlich der falsche Begriff. Aber es ist gut, dass ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung getan worden ist. Zufrieden kann man erst sein, wenn die Ergebnisse am Ende des Tages stimmen und im Hinblick auf die illegale Migration der Druck auf Europa geringer geworden ist.
Damit das passiert, muss das, worüber es jetzt eine politische Einigung gegeben hat, mit Leben erfüllt werden. Aber Österreich hat immer darauf gedrängt, dass wir härtere und strengere Regeln brauchen. Mit der politischen Einigung ist es möglich, das jetzt zur Umsetzung zu bringen. Daher müssen wir auf diesem Weg weiter hart arbeiten.
Im Paket sind schnelle Asylverfahren an den EU-Außengrenzen. Darauf hat Österreich ja immer gedrängt. Ja. Das hat der Bundeskanzler noch in seiner Funktion als Innenminister in die Diskussion eingebracht. Das war auch ein Beschluss am 9. Februar, dass es mehr EU-Geld für die Sicherung der Außengrenzen gibt. Damit ich dort überwachen kann, brauche ich auch ein funktionierendes Grenzregime. Das wurde von Österreich massiv gefordert. Das ist auch der Bereich, mit dem ich, mit dem Österreich zufrieden ist.
Kritik an Solidaritätsmechanismus
Es ist in dem Paket aber auch ein Solidaritätsmechanismus. Es werden Flüchtlinge automatisch auf EU-Länder aufgeteilt. Wer niemanden nehmen will, der muss einen finanziellen Ausgleich leisten. Dazu muss ich zwei wesentliche Punkte sagen. Erstens: Die Kritik, die bleibt bestehen. Ich als Innenminister halte dieses Verteilen aus Solidarität prinzipiell für falsch, weil das die falschen Signale an die Schlepper sendet. Das suggeriert, wenn ich es schaffe, dann werde ich schon irgendwie in Europa verteilt werden. Das ist das falsche Signal. Der Punkt war aber notwendig, damit es einen Gesamtkompromiss geben konnte. Zweitens: Wenn es so kommt, dann muss gesagt werden, dass Österreich pro Kopf über die letzten Jahre hin die meisten Asylanträge hat. Die Rechtstexte dazu werden ja erst veröffentlicht. Aber dann müsste eigentlich von Österreich wegverteilt werden. Das heißt, Österreich profitiert davon, weil wir auch die höchste Belastung pro Kopf haben.
Aber wir haben eine Belastung, die bewältigbar ist. Die Zahlen sind stark zurückgegangen und es hat auch sehr viele Flüchtlinge gegeben, die das Land in Richtung eines anderen europäischen Staates wieder verlassen haben. Das ist alles richtig, dennoch ist Fakt, dass die Zahlen nach wie vor sehr hoch sind. Die aktuellen Zahlen haben eine deutliche Entlastung des Systems gebracht, aber nicht so weit, dass man da jetzt jubeln kann. Es ist vielmehr nur ein Auftrag, in diese Richtung weiter hart und konsequent zu arbeiten.
So weiter zu arbeiten heißt auch, dass die derzeitigen österreichischen Grenzkontrollen bleiben werden? Davon gehe ich aus. Ich werde zwar immer wieder gefragt, wann die Kontrollen da und dort beendet werden. Grenzkontrollen wird es so lange geben, so lange es notwendig ist. Und derzeit sind sie in Europa an sehr vielen Stellen notwendig, weil es aktuell so viele Grenzkontrollen wie noch nie gibt.
Schengen-Veto bleibt weiter aufrecht
Ist der Asylpakt der EU nicht ein Grund, das Schengen-Veto gegen einen Beitritt von Bulgarien und Rumänien aufzugeben? Das eine hat mit dem anderen nicht direkt etwas zu tun. Wo es etwas damit zu tun hat, ist, dass für beides – sowohl für die Reisefreiheit im Schengenraum als auch für einen funktionierenden Asyl- und Migrationspakt – ein funktionierender EU-Außengrenzschutz notwendig ist. Technisch und auch rechtlich.
Aber das ist ja im Asylpaket drinnen? Wir sind auch in intensiven Gesprächen mit der Kommission und auch mit Rumänien über einen Vorschlag von Österreich, dass unter bestimmten Voraussetzungen Air-Schengen, die Einreise über den Flughafen, möglich wird. Diese Gespräche sind sehr intensiv im Gange.
Ist Bulgarien nicht dabei? Selbstverständlich, wir haben in Slowenien ja ein Treffen von Österreich, Rumänien und Bulgarien gehabt, wo sich Bulgarien darauf verständigt hat, dass der rumänische Innenminister verhandelt und wir daher in intensiven Gesprächen sind. Natürlich auch mit der EU-Kommission, weil ja nicht nur diese beiden Staaten für den Schutz der Landgrenze etwas tun müssen, es müssen auch etliche Punkte von der Kommission erfüllt werden. Die spielt eine entscheidende Rolle.
Der Umgang mit den Klimaklebern
Noch zu einem anderen Thema: Für heftige Debatten sorgen weiterhin die Klimakleber. Es hat sich ja im Umgang mit ihnen einiges geändert. Aktuelle lässt die Staatsanwaltschaft Wien wegen des Verdachts der Bildung einer kriminellen Vereinigung ermitteln. Ist auch die Taktik der Polizei diesbezüglich neu ausgerichtet worden? Die Polizei ist hier immer mit aller Konsequenz und einsatztaktisch vernünftig vorgegangen. Damit meine ich: Wo es möglich war, haben wir die Klimakleber picken gelassen. Nach dem Motto: Kleben und kleben lassen, wenn kein Verkehr gestört worden ist. Das halte ich für vernünftig, auch wenn die Polizei dafür kritisiert worden ist. Dort, wo Gefahr in Verzug war, ist man mit aller Vehemenz vorgegangen – auch unter Einsatz von Pfefferspray. Wir haben heuer bereits 780 Festnahmen, 90 Strafanzeigen und 3.240 Verwaltungsstrafen zu verzeichnen. Deswegen ist es gut, dass auch die Justiz jetzt einen Gang zugelegt hat.
Die härtere Gangart bezieht sich auf die Staatsanwaltschaft, im Justizministerium sind die Forderungen nach härteren Strafen für Klimakleber bisher auf taube Ohren gestoßen. Wie sieht das der Innenminister? Als Innenminister bin ich nie gegen härtere Strafen, weil das abschreckender ist. Wir haben aber jetzt schon gute Möglichkeiten, einzuschreiten.
Keine Zusammenlegung der Wahlen
Nächstes Jahr sind Nationalratswahlen. Es taucht immer wieder die Diskussion auf, ob man nicht Europawahlen und Nationalratswahl im Juni auf einen Tag zusammenlegt. Wie sehen Sie das als Chef der obersten Wahlbehörde? Als für die Wahlen zuständiger Minister halte ich das für falsch. Es sind unterschiedliche Wahlen mit unterschiedlichen Formularen. Da würden auf die Gemeinden etwas zukommen, das in der Umsetzung sehr schwierig ist.
Ist angesichts der Nationalratswahlen im kommenden Jahr in der Bundesregierung ein normales Arbeiten überhaupt noch möglich? Wir werden vernünftig und hart weiterarbeiten, dafür werden wir auch bezahlt. Es sind noch einige Punkte aus dem Regierungsprogramm, die im Sicherheitsbereich umzusetzen sind. So geht es darum, einen verfassungskonformen Weg zu erarbeiten, wie wir die Handy-Überwachung modernisieren und verbessern. Da sind wir in intensiven und guten Gesprächen.
Wenn dann der Wahlkampf beginnt, wird der Innenminister auch auf einer Kandidatenliste stehen? So wie es aussieht, werde ich mich um ein Mandat bewerben.
(kurier.at, mag)
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Aktualisiert am 27.12.2023, 12:25
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