Mini-Reform für Österreichs Demokratie

Mini-Reform für Österreichs Demokratie
Die Verkleinerung des Nationalrats ist vom Tisch, dafür sollen Volksbegehren aufgewertet werden. Ein Gesetzesentwurf soll demnächst vorliegen.

Die von der Regierung einst angedachte Verkleinerung des Nationalrates ist zwar vom Tisch (mehr dazu hier), trotzdem könnte Anfang 2013 ein abgespecktes Paket zur Demokratiereform in Kraft treten, das die Aufwertung von Volksbegehren beinhaltet (Details siehe unten). In den kommenden Wochen werde man den anderen Parteien einen dementsprechenden Gesetzesentwurf vorlegen, kündigte ÖVP-Klubobmann Kopf am Montag an.

Anfang März hatten SPÖ und ÖVP den Antrag unter anderem zur Verkleinerung des Nationalrats eingebracht, trotzdem wurde versucht, alle Parteien für das Vorhaben zu gewinnen. "Eine Verkleinerung hätte es ohnehin nur unter Beteiligung der Opposition gegeben", meinte nun SPÖ-Klubchef Cap zum Scheitern der Verhandlungen. Im "Sinne der Bürgernähe", die ebenfalls aufgewertet gehöre, würden die Abgeordneten nun nicht reduziert.

Auch Kopf ist der Ansicht: "Solche Sachen sollte man nicht mit einer Zwei-Parteien-Mehrheit machen." Er war laut eigener Aussage "einigermaßen überrascht", dass für alle Oppositionsparteien eine Verminderung der Nationalratsabgeordneten "nicht verhandelbar" gewesen sei. Trotzdem zeigt er sich optimistisch, dass ein abgespecktes Paket mit einer Aufwertung der Volksbegehren im ersten Quartal 2013 in Kraft treten könnte.

Opposition fühlt sich verhöhnt

In der FPÖ sieht man sich nicht als Verhinderer einer Reform des Nationalrats: "Es geht mit einfacher Mehrheit", betonte Generalsekretär Vilimsky. Allerdings wäre das einstige Vorhaben "Sparen am völlig falschen Ort" gewesen. Grünen-Klubobfrau Glawischnig bedauert, dass das "groß angekündigte" Demokratiepaket nun "eigentlich abgesagt" wurde. Sie nimmt nun Nationalratspräsidentin Prammer in die Pflicht, was weitere Reformschritte betrifft.

Wichtiger dürfte die Reduktion der Abgeordneten dem BZÖ gewesen sein. Klubchef Bucher bezeichnete die dahin gehende angebliche "Weigerung von SPÖ und ÖVP" als "Verhöhnung der Steuerzahler". Auch die Verkleinerung des Bundesrates liegt nun vorerst auf Eis.

Das von der Regierung geplante "Demokratiepaket" wird nicht in dem ursprünglich vorgesehenen Umfang kommen. Zumindest die Verkleinerung von National- und Bundesrat dürfte vom Tisch sein. Umgesetzt werden dürften hingegen Erleichterungen bei der Unterschriften-Sammlung zur Einleitung von Volksbegehren sowie ein Ausbau des Persönlichkeitswahlrechts.

VERKLEINERUNG NATIONALRAT / BUNDESRAT

Mit einer Verkleinerung von National- und Bundesrat um zehn Prozent wollte die Regierung Sparwillen suggerieren. Noch im März hatten SPÖ und ÖVP einen entsprechenden Antrag im Nationalrat eingebracht. Bedeuten würde dies eine Reduzierung von 183 auf 165 Nationalratsabgeordnete sowie von 62 Bundesräten auf 56. Die Idee wurde von den Parlamentsklubs der Koalitionsparteien aber nun gekippt. Zwar würde man dafür nur eine einfache Parlamentsmehrheit benötigen, die Regierungsparteien hatten von Anfang an aber eine Verfassungsmehrheit angepeilt, womit auch die Zustimmung einer oder mehrerer Oppositionsparteien nötig wäre. Auch eine angedachte Beschickung des Bundesrats durch Landtagsabgeordnete dürfte vom Tisch sein.

VOLKSBEGEHREN - AUFWERTUNG

Geplant ist, das Sammeln von Unterstützungserklärungen für die Einleitung von Volksbegehren künftig auch elektronisch (online) abwickeln zu können. Derzeit müssen die knapp mehr als 8.000 Unterschriften auf dem Gemeindeamt bzw. Magistratischen Bezirksamt geleistet werden. Zur Umsetzung dieses Projekts ist die Errichtung eines zentralen Wählerregisters notwendig, womit Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (V) betraut ist. Fertig sein soll es Anfang 2014.

Auch bei der Umsetzung von erfolgreichen Volksbegehren sollen Neuerungen kommen - wahrscheinlich scheint derzeit etwa eine zwingende Sondersitzung des Nationalrates zum Thema des Begehrens sowie ein Rederecht für den Bevollmächtigten eines Volksbegehrens im Nationalratsplenum.

Eher unwahrscheinlich sein dürfte ein Automatismus, womit Volksbegehren ab einer bestimmten Unterschriften-Größe automatisch zu einer Volksabstimmung führen würden. Der ÖVP-Vorschlag dazu hatte gelautet, dass eine Volksabstimmung stattfinden soll, wenn zehn Prozent der Wahlberechtigten ein Volksbegehren unterschrieben haben (das wären rund 650.000 Unterschriften). SP-Chef Werner Faymann hatte noch im Mai gemeint, ab 700.000 Unterschriften könnte es eine verpflichtende Volksabstimmung geben. Im Juli stellte sich die SPÖ dann wieder ziemlich deutlich gegen diese Idee - mit dem Argument, dies würde das Parlament schwächen. Diese Frage dürfte wohl auch in der anstehenden Sitzung der Arbeitsgruppe "Direkte Demokratie" am 29. November noch Thema werden.

PERSÖNLICHKEITSWAHLRECHT - AUSBAU

Ausbauen wollen die Regierungsparteien das Persönlichkeitswahlrecht, sprich einer Änderung bei den Vorzugsstimmen. Wie dies konkret geschehen soll, ist noch offen. Fix dürfte sein, dass eine Vorreihung auf der Liste in einem Wahlkreis künftig weniger Vorzugsstimmen als bisher notwendig sind. Außerdem ist auch eine Vergabe von Vorzugsstimmen aus Bundesebene in Diskussion.

BÜRGERANFRAGE

Dieses neue Instrument dürfte schon fix ausgehandelt sein. Bürger sollen damit künftig die Möglichkeit erhalten, Anfragen an die Mitglieder der Bundesregierung zu stellen.

VERHÄLTNISWAHLRECHT / MEHRHEITSWAHLRECHT

Bereits im April hatten sich alle fünf Parlamentsfraktionen für die Beibehaltung des bestehenden Verhältniswahlrechtes ausgesprochen. Das von einzelnen Gruppierungen bzw. Politikern geforderte Mehrheitswahlrecht ist damit derzeit kein Thema.

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