Mindestlohn-Deal könnte Wahlkampfschlager werden

Arbeiterkammer-Präsident Rudolf Kaske und Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl.
Deadline 30.6: Arbeitgeber beharren weiter auf 12-Stunden-Tag, Konsens für 1500 Euro bis Ende 2019 in Reichweite. Prescht SPÖ damit bald allein vor?

Rund eine Woche bleibt den Sozialpartner-Präsidenten, um vielleicht doch noch den gordischen Knoten zwischen höherem Mindestlohn und flexiblerer Arbeitszeit zu zerschlagen. Seit Monaten wird einmal intensiver, einmal weniger intensiv verhandelt.

Bis Ende Juni hat die Regierung den Spitzen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer Zeit gegeben. Sollten die Chefverhandler Christoph Leitl (WKÖ) und Erich Foglar (ÖGB) keine Einigung schaffen, werde man gesetzliche Regelungen finden, drohten Kanzler und Vizekanzler, als diese noch Christian Kern und Reinhold Mitterlehner hießen. Doch die Koalition ist zerbrochen und der Neuwahl-Termin längst fixiert. So ist auch der Druck auf die Sozialpartner gesunken, kurz vor Ablauf der ihnen auferlegten Frist noch rasch eine Einigung zu erzielen.

Und dennoch: Beim Mindestlohn haben sich die Verhandler angenähert, tut AK-Präsident Rudolf Kaske kund. Hier sei man "relativ gut unterwegs". Nur um dazu zu sagen, dass er einen Abtausch gegen eine für Arbeitnehmer teure Arbeitszeitflexibilisierung – sprich den generellen 12-Stundentag – weiter strikt ablehnt. Für "faule Kompromisse" sei die Gewerkschaft nicht zu haben. Kaske zum KURIER: "Wir wären schlechte Kaufleute, wenn wir beim Mindestlohn eine Verbesserung für zwölf Prozent der Arbeitnehmer erreichen und dafür eine Verschlechterung für bis zu 100 Prozent bei der Arbeitszeit in Kauf nehmen."

Hinter den Kulissen ist jedoch bereits zu hören, wie der denkbare Kompromiss beim Mindestlohn aussehen könnte. Die Sozialpartner haben sich einer simplen Formel "angenähert": 1500 Euro brutto für alle Arbeitnehmer im Lande bis Ende 2019 – also in zweieinhalb Jahren.

Festgeschrieben würde dies – immer die Einigung auf das Gesamtpaket mitsamt der Arbeitszeitflexibilisierung vorausgesetzt – in einer freiwilligen Generalvereinbarung für alle Branchen. Setzt eine bestimmte Branche die Vorgabe der 1500 Euro bis Ende 2019 nicht um, würde eine Kommission nachverhandeln bzw. einen General-Kollektivvertrag für diese Sparte beschließen. Dieser wäre dann für alle Betriebe bindend.

Weil eine Gesamteinigung aber weiter unwahrscheinlich ist, gewinnen in der Gewerkschafter nun jene die Oberhand, die den Mindestlohn als Wahlkampfthema ausschlachten wollen. Eine Einigung um jeden Preis wird es deshalb sicher nicht geben, heißt es. Auch SPÖ-Chef Kern hat die 1500 Euro schon öfter gefordert – zuletzt sogar steuerfrei.

Kaske sagt, es sei kein Beinbruch, wenn es bis Ende Juni zu keiner Einigung käme. "Die Sozialpartnerschaft funktioniert und ist nicht auf zwei Themen und einen Termin zu reduzieren."

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