Mehr Notbremsung als Kurskorrektur

Mehr Notbremsung als Kurskorrektur
Koalitionspaket saniert kaum Strukturen und hängt sehr am Prinzip Hoffnung.

Auf den ersten Blick kann sich das Maßnahmenpaket der Koalition durchaus sehen lassen. Die genauere Analyse freilich zeigt eine für die kommenden Jahre ausreichende Notbremsung, aber viel zu wenig nachhaltige Kurskorrekturen durch Strukturreformen. Dazu kommt in etlichen Positionen eine hohe Unsicherheit, in manchen wird kräftig getrickst.

Die leichte Mogelei beginnt schon bei der Aufteilung von Einsparungen und Mehreinnahmen – rund 70 zu 30 Prozent. Denn es ist für die Geldbörsel der Bürger gleich, ob sie mehr Steuern zahlen oder weniger staatliche Leistungen erhalten werden. So besehen kommen zu den neuen Steuern von 7,6 Milliarden noch fast 4 Milliarden Belastung der Bürger durch Pensions- und Beamtengehaltskürzungen.

Ein ungute Mischung aus Trick und Unsicherheit ist die angekündigte Erhöhung des tatsächlichen Pensionsalters um 1,2 Jahre bis 2016. Das soll Einsparungen von 1,5 Milliarden bringen. Allein die Beseitigung der Invalidenpension für unter 50-Jährige bringt einige Monate Verbesserung der Statistik. Aber die jüngeren Invaliden werden aus anderen Töpfen gleich viel unter dem Titel Rehabilitationshilfe erhalten – insgesamt Ersparnis für den Staat null.

Und ob sich für Tausende Anwärter auf Frühpensionen alternativ zusätzliche Arbeitsplätze schaffen lassen, bleibt sehr fraglich. Wenn nicht, dann droht zugunsten der besseren Pensionsstatistik eine höhere Arbeitslosigkeit – reale Ersparnis sehr gering.

Zu viele Fragezeichen

Auf dem Papier sind die Dutzenden Maßnahmen bis auf die letzte Million präzise berechnet. In der Realität aber stehen hinter vielen dieser Zahlen dicke Fragezeichen. 1,5 Milliarden Euro neue Einnahmen aus einer Finanztransaktionssteuer kommen nur, wenn es eine Einigung von ausreichend vielen EU-Staaten gibt. Rund eine Milliarde soll die Besteuerung von geschätzt bis zu 15 Milliarden steuerschonend in der Schweiz angelegtem Kapital bringen. Aber nur wenn die Schweizer zu einem entsprechenden Abkommen mit Österreich bereit sind und die Gelder nicht rechtzeitig in andere Steueroasen transferiert werden.

Reine Spekulation ist die Einsparung von exakt 1,634 Milliarden bei den Zinsen für die Staatsschulden. Denn die Entwicklung der Zinssätze hängt völlig von den Kapitalmärkten und ihren Kapriolen ab, die sich nicht einmal für ein paar Monate präzise voraussagen lassen. Die Koalition gibt insgesamt für ihr Paket mehr vor als tatsächlich drin ist. „Konsolidierungspaket“ will sie die Maßnahmen genannt haben. Eine unfreiwillig ausgesprochene tiefere Wahrheit. Konsolidierung heißt nämlich im Finanzwesen die Umwandlung kurzfristiger Schulden in langfristige. Exakt das macht die Koalition im übertragenen Sinn. Nachhaltige Strukturreformen sind kaum auszumachen, die werden weiter aufgeschoben. Eine Atempause für die Staatsfinanzen, nicht mehr.

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