Marlene Streeruwitz: "Fühle mich für das Land verantwortlich“

Marlene Streeruwitz: "Fühle mich für das Land verantwortlich“
Die Autorin über Verfehlungen der türkis-blauen Regierung, den Nobelpreis und die Situation österreichischer Frauen.

Marlene Streeruwitz zählt zu den feministisch engagiertesten Autorinnen der Gegenwartsliteratur. Sie verwendet in ihren Romanen eine rein weibliche Sprache. Mit Antritt der türkis-blauen Regierung startete sie den YouTube-Kanal „Frag Marlene, Feministische Gebrauchsanweisungen“, in der sie sich wöchentlich kritisch mit der Regierung auseinandersetzte. Ein Gespräch über den Kampf zur Gleichberechtigung.

KURIER: Frau Streeruwitz, wenn Sie an Österreich denken, welches Gefühl überwiegt derzeit?

Marlene Streeruwitz: Ach. (Sie seufzt.) Ach, überwiegt. Und Sorge.

Im vergangenen Jahr haben sich die politischen Ereignisse überschlagen. Hat das etwas an Ihrer Einstellung geändert?

Es ist ja nichts entschieden. Und die vergangenen zwei Jahre sind ja möglich gewesen. Jetzt muss man erst einmal sehen, ob die Zerstörung, die stattgefunden hat, wieder repariert wird. Ob die Arbeit zurück auf ein demokratisches Gleis gebracht wird. Es ist ja vieles verschärft worden ...

In ihrem jüngsten Roman „Flammenwand“ gehen sie stark auf die Ereignisse der türkis-blauen Regierung ein. In 83 Fußnoten verweisen Sie etwa auf die BVT-Affäre, rassistische Ausfälle der FPÖ oder frauenfeindliche Maßnahmen. Wie politisch muss Kunst sein?

Ich sehe es als die vorrangige Aufgabe von Kunst. Das schlägt gleich die Brücke zum Nobelpreis. Da wird jetzt so getan, als gäbe es ein Werk, das nichts mit der Welt zu tun hat. Als würde das freistehen. Aber es ist lächerlich zu glauben, dass es Texte gibt, die losgelöst sind. Hier ist bei jeder Veröffentlichung Verantwortung zu übernehmen.

Braucht es überhaupt noch einen Literaturnobelpreis?

Meinetwegen kann man ihn gerne abschaffen. Er ist eine elitäre Lüge. Denn es gibt so viele wunderbare Personen, die so viele wichtige Texte verfassen. Zu sagen, einer davon ist der Wichtigste, das ist doch lächerlich. Das ist gegen jede Form der Vielfalt.

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