„Die gehen am Stock“, weiß Rasfeld. Das Gleiche gelte für die Schüler: „Wir haben Neunjährige mit einem Burn-out. In Deutschland sind vierzig Prozent der Kinder durch das System krank – in Österreich ist die Situation wohl ähnlich. Die Erwachsenen rufen dann nach Psychologen.“
Als Ursache ortet sie die Ökonomisierung, die alle Lebensbereiche erfasst habe – von der Gesundheit über die Landwirtschaft bis zur Bildung. Dabei sei die OECD in der Frage, was Kinder gelehrt werden soll, schon weiter: Achtung voreinander und Empathie etwa. „Natürlich sagen alle, dass unsere Kinder Teamfähigkeit und Kreativität lernen müssen. Doch in Wahrheit geht es um Konkurrenz.“
Wie müsse ein Schulsystem daher aussehen? „Es braucht die Neuausrichtung auf humanistische Werte“, sagt Rasfeld. Und sie beruft sich auf die Unesco, die schon 1996 beschlossen hat, dass es einen gesellschaftlichen Umbau brauche, um die großen Probleme unserer Zeit in Angriff nehmen zu dürfen: „Da ist Bildung der Schlüssel.“ Die Schule müsse ganz anders aussehen – weg vom Frontalunterricht hin zu reiner Projektarbeit.
Rasfeld brachte ihre ehemalige Schülerin Jamila Tressl mit zu dem Termin. Die 20-Jährige wirkte sehr selbstbewusst und artikuliert, geduldig beschreibt sie den Schulalltag (Kasten links unten) – und was ihr so gut gefallen hat. „Dass wir mit den Lehrern auf Augenhöhe arbeiten können. Dass den Schülern alles zugetraut wird, macht so viel für das eigene Bewusstsein und für das Selbstwertgefühl. Das ist nicht nur in der Schule wichtig, sondern im ganzen Leben.“
Rasfeld wünscht sich natürlich, dass ihre Ideen immer mehr Platz greifen. „Wie oft höre ich aus anderen Schulen, wie langweilig alles ist. Schon nach kurzer Zeit schafft es das System, die Neugier der Kinder bereits in der Volksschule zu erdrücken.“ Aber, glaubt sie: „Wenn Eltern, Schüler, Lehrer entdecken, dass es anders sein kann, werden sie dafür kämpfen.“
Hammerschmid zeigt sich eines Sinnes mit der radikalen Reformpädagogin: „Da müssen wir Schule ganz neu denken und den Fächerkanon aufmachen, und das muss aus der Ministerposition heraus gesteuert werden.“ Es gehe darum, Kinder zu ermächtigen, den kommenden Herausforderungen zu begegnen, gibt Hammerschmid der Ex-Schülerin recht, die erklärt: „Es geht um Selbstwirksamkeit, Kreativität, Selbstorganisation, und Teamfähigkeit. Die Kreativität wird so nicht zunichtegemacht.“
Es gehe um Problemlösungskompetenz – die Fähigkeit, die Jugendliche im 21. Jahrhundert brauchen, sagt Rasfeld. Besonders viel Unterstützung, erzählt sie stolz, komme aus der Wirtschaft – die immer weniger mit den Absolventen „normaler“ Schulen anfangen könnten.
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