Die gute Nachricht: Die angespannte finanzielle Lage – allein die ÖGK weist 2025 voraussichtlich ein Minus von 900 Millionen Euro auf – könnte dazu führen, dass nun wenigstens punktuell längst überfällige Reformen angegangen werden. Sie waren auch Thema einer Veranstaltung der gesundheitspolitischen Plattform Praevenire am Mittwoch.
In kaum einen Land werden so viele Magnetresonanz- und Computertomografien durchgeführt wie in Österreich: „Wir leisten uns pro 1.000 Einwohner im Jahr 400 solcher Untersuchungen“, rechnet der stv. ÖGK-Obmann Andreas Huss vor. „In Finnland sind es nur 100, in Dänemark und den Niederlanden jeweils 200. Trotzdem sind die Menschen in diesen Ländern gesünder und sie leben länger.“ Hierzulande glaube hingegen jeder Hobbysportler eine MRT zu benötigen, „wenn es im Knie zwickt“, wie es SPÖ-Gesundheitssprecher Rudolf Silvan formuliert.
Zuweisungssystem
Das soll sich demnächst ändern. Laut Huss wolle man für solche Untersuchungen ein elektronisches Zuweisungssystem einführen: Der Hausarzt schickt seine Verdachtsdiagnose sowie allfällige Vorbefunde an die ÖGK. Die dortigen Experten entscheiden, welche Untersuchung für den Patienten am sinnvollsten ist. Im Idealfall wird über diesen Weg bereits ein Termin bei einem wohnortnahen Radiologie-Institut vereinbart, so Huss.
Weiters arbeitet die ÖGK an telemedizinischen Beratungsangeboten, sagt Obmann Peter McDonald. Binnen 30 Minuten soll man mit einem Arzt telefonisch über sein Problem reden können, lautet das Ziel. Derzeit wird bereits die Ausschreibung vorbereitet. Zudem arbeitet man an weiteren niederschwelligen Info-Angeboten: „Statt Dr. Google soll Dr. ÖGK den Menschen bei der Entscheidung helfen, wann sie zum Arzt sollen.“
Neue OP-Zentren
Bei der Entlastung der Spitäler setzt ein anderes Projekt an: „Zwischen 2012 und 2022 sind die Spitalskosten um vier Milliarden Euro gestiegen“, sagt Wilhelm Marhold, der ehemalige Generaldirektor der Wiener Gemeindespitäler.
Sparen könne man, wenn man die Krankenhaus-Strukturen den Anforderungen der modernen Medizin anpasse: So ließen sich viele chirurgische Eingriffe heute dank minimalinvasiver Technologie ambulant bzw. tagesklinisch durchführen, was große Bettenstationen mit einer Personalbesetzung rund um die Uhr in vielen Fällen überflüssig mache.
Als Alternative plant der Wiener Gesundheitsfonds aktuell als Expositur der Kliniken Floridsdorf und Donaustadt ein ambulantes tagesklinisches Zentrum in der Seestadt. Hier sollen ab 2028 kleine, unkomplizierte Eingriffe durchgeführt werden, etwa die Entfernung von Schrauben nach Frakturen; idealerweise in modernen Großraum-OPs mit bis zu sechs Tischen, die weniger Personal erfordern, so Marhold. Organisatorisch gehört das Zentrum, dem weitere folgen könnten, zu den Gemeindespitälern, die auch das Personal stellen.
Laut Marhold sei es deutlich kostengünstiger, ein derartiges Zentrum extern statt innerhalb des Spitals zu errichten. Er spricht von einer Lösung die „sowohl patienten- als auch personalfreundlich“ sei.
Im Gegenzug zu einer solchen „Ambulantisierung“ ließen sich die Kapazitäten in den herkömmlichen Bettenstationen verkleinern, so der Experte. Inklusive kostenintensiver und bei vielen Mitarbeitern nicht immer beliebten Nachtdienste.
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