Mit ihr ließen sich die Patientenströme besser lenken, ist Tirols Ärztekammer-Präsident Stefan Kastner überzeugt: „Wer außerhalb einer Ambulanzzeit oder ohne entsprechende Vorgaben seine E-Card im Spital steckt, der soll dann einfach einen Zahlschein bekommen.“ Die Rechnung könne der Patient dann bei seiner Versicherung beeinspruchen, die zu prüfen hätte, ob der Besuch gerechtfertigt war. Denkbar sei auch eine soziale Staffelung der Gebühr. Ähnliches schwebt auch Kari Ochsner vor. Er ist einflussreicher Präsident der nö. Industriellenvereinigung. „Es kann nicht sein, dass Patienten in die Ambulanz fahren, um sich ein Pflaster oder eine Kopfweh-Tablette abzuholen“, betonte er zuletzt im ORF.
Würde eine Ambulanzgebühr die Krankenhäuser entlasten?
Experten sind äußerst skeptisch: „Die Gebühr würde helfen, mehr Geld ins System zu bringen, hätte aber keinen Lenkungseffekt“, sagt der Wiener Gesundheitsökonom Ernest Pichlbauer. Er kann auch einer sozialen Staffelung der Gebühr nichts abgewinnen. Sie würde jene treffen, die tendenziell ohnehin weniger dazu neigen, Ambulanzen aufzusuchen. Hinzu käme ein enormer administrativer Aufwand. „Er hat schon bei der 2001 vorübergehend eingeführten Ambulanzgebühr zu Chaos geführt.“
Viel wirksamer wäre es, die aktuell völlig unkoordinierte Versorgung im niedergelassenen Bereich zu verbessern. Etwa durch einen einheitlichen Leistungskatalog inklusive einer besseren Abgeltung von Diagnosen, die aktuell oft sehr unpräzise erfolgen würden.
Ähnlich auch der IHS-Gesundheitsökonom Thomas Czypionka. Er plädiert für eine Aufwertung der Gesundheitshotline bzw. -App 1450 als erste Anlaufstelle bei medizinischen Problemen. Die dortigen Ansprechpartner lotsen den Patienten zum jeweils für ihn passenden Versorgungsangebot. Sucht er entgegen der Empfehlung (bzw. ohne ärztliche Überweisung) eine Ambulanz auf, könnte – abgesehen von Notfällen – allenfalls eine Gebühr eingehoben werden.
Wie realistisch ist die Einführung?
Bei der Bundesärztekammer hält man wenig von den Ideen des Tiroler Präsidenten. Stattdessen fordert Präsident Johannes Steinhart einen runden Tisch zum Thema Finanzierung und Patientenlenkung. Auch bei den blau-türkisen Verhandlern dürfte sie aktuell kein vorrangiges Thema sein. So hatte sich die FPÖ 2023 noch vehement dagegen ausgesprochen.
Wie stark sind die Ambulanzen belastet?
Laut ÖGK seien die Frequenzen in den Spitalsambulanzen zwischen 2019 und 2023 um lediglich 0,5 Prozent von 17,6 auf 19,2 Millionen gestiegen; die Gesamtkonsultationen bei den niedergelassenen Vertragsärzten hingegen um 10,8 Prozent von 82 auf 90,8 Millionen. Bis 2024 gab es dann noch einmal einen Anstieg von 4,3 Prozent auf 94,8 Millionen.
Damit will man belegen, dass man bei der Entlastung der Spitalsambulanzen ohnehin schon auf dem richtigen Weg sei – allem voran dank des Ausbaus der Primärversorgungseinheiten (PVE) mit ihren großzügigen Öffnungszeiten (siehe Grafik).
Wobei auch hier noch Luft nach oben ist: Nur in NÖ ist geregelt, dass PVE auch an Wochenenden geöffnet sein müssen. Ähnlich wie Czypionka hofft auch die ÖGK auf eine bessere Lenkung der Patienten durch einen Ausbau von 1450.
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