Macron marschiert Richtung Brüssel
Der Mann, der Frankreich vor Le Pen rettete, sagt jetzt auch den Traditionsparteien im Europäischen Parlament den Kampf an. Staatspräsident Emmanuel Macron schmiedet für die EU-Wahl 2019 eine EU-weite Plattform pro-europäischer Kräfte. „Unsere Absicht ist es, zur Wahl 2019 ein Projekt vorzuschlagen, das ein wirklich reformiertes, ein wirklich neu gegründetes Europa bedeutet“ , kündigte Macron an. Dafür hat er bereits Emissäre in diverse Hauptstädte ausgeschickt, um die europäische Vernetzung seiner Bewegung „La République en marche“ in Richtung „L'Europe en marche“ voranzutreiben.
FDP-Chef Christian Lindner bestätigte Sonntagabend im ZDF-Interview, dass er mit Macron bereits im Gespräch sei.
Das gilt auch für Österreichs Neos. „Als Neos befürworten wir so eine Plattform gegen Nationalismus und die Rechte in Europa“, betont Neos-Generalsekretär Nikola Donig gegenüber dem KURIER. „Die politische Alternative zu Nationalisten und Populisten sind nicht Konservative oder Sozialdemokraten, sondern Liberale“, fügt Donig hinzu und deutet an, dass Macron die Parteienstruktur im EU-Parlament aufmischen will.
Ein Schulterschluss mit der Allianz der Liberalen und Demokraten (Alde) wird vorbereitet, der viertstärksten Fraktion mit derzeit 68 Abgeordneten im EU-Parlament (siehe Storyteller unten).
Flirt mit vielen Partnern
En Marche verhandelt auch mit den Ciudadanos in Spanien, einer gemäßigten Reformpartei, sowie mit zahlreichen liberalen Parteien in Nord- und Osteuropa, darunter auch die Anti-Korruptionsbewegung „Union zur Rettung Rumäniens“.
Um Europa-Abgeordnete über Parteigrenzen hinweg abzuwerben, hat Macron eigens einen Mitstreiter und Vertrauten, den 31-jährigen Pieyre-Alexandre Anglade, nach Brüssel geschickt.
Auch wenn Liberale in Europa Macron politisch am nächsten stehen (er selbst bezeichnet sich als „sozial-liberal“), fürchtet Neos-Generalsekretär Donig „keine Spaltung der Alde“. Durch ein Bündnis mit Macrons L’Europe en marche würde die Alde ja nicht verschwinden.
Mit einem attraktiven Spitzenkandidaten aus den Reihen der Liberalen könnte die Macron-Allianz sogar zweitstärkste Fraktion im Parlament werden, schätzen Experten. Genannt werden als mögliche Spitzenkandidaten der luxemburgische Premier Xavier Bettel sowie die dänische Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager, die sich nicht scheut, auch gegen die mächtigsten Konzerne der Welt, wie Apple oder Google, vorzugehen.
Europaweite Umfragen über die Erfolgsaussichten verschiedener Parteifamilien für die Wahl 2019 gibt es nicht. Gradmesser für Projektionen sind nationale Wahlen. Demnach dürfte die Europäische Volkspartei stärkste Kraft bleiben, für Sozialdemokraten sieht es schlecht aus. 2017 verschwanden sie in Frankreich und den Niederlanden von der Bildfläche, in Deutschland stürzten sie ab und nach dem Brexit verliert die sozialdemokratische Fraktion die Labour-Abgeordneten.
Experten sagen, dass die EU-Wahl 2019 von der Auseinandersetzung zwischen pro-europäischen Kräften, wie es die Macron-Plattform ist, und den antieuropäischen Kräften bestimmt werden wird. Die Links-Rechts-Kluft verliert an Bedeutung, die Wähler werden stärker entlang des Gegensatzes starkes, integriertes Europa versus Abschottung und Nationalismus entscheiden. Durch die Ankündigung von Italiens Lega-Chef Matteo Salvini, eine rechte, EU-feindliche Allianz zu bilden, gewinnt die pro-europäische Plattform von Macron umso stärker an Bedeutung.
Zusammensetzung des EU-Parlaments
Fraktionen 751 Abgeordnete sind auf neun Fraktionen aufgeteilt.
Europäische Volkspartei bildet mit 219 Mandataren die größte Gruppe.
Sozialdemokraten stellen mit 189 Abgeordneten die zweitgrößte Fraktion.
Europäische Konservative und Reformer (nationalkonservativ, EU-kritisch) sind die drittstärkste Fraktion mit 73 Mandataren.
Liberale Mit 68 Abgeordneten ist die Alde viertgrößte Fraktion.
Andere Grüne (52); Linke (51); die nationalistischen, EU-feindlichen Fraktionen Europa der Freiheit (43) und Europa der Nationen und der Freiheit (35). Fraktionslose haben 21 Mandatare.
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