Lunacek: "Die Bundesregierung spaltet die Gesellschaft"
Sag’ niemals nie“, antwortet die ehemalige Grünen-Chefin Ulrike auf die KURIER-Frage, ob sie nicht in die Politik zurückkehren möchte. Nach kurzem Zögern erklärt sie, dass dies für die nächsten Jahre kein Thema sei. Sie habe aber gelernt, nichts im Leben auszuschließen. „Wer weiß denn schon, was in zehn Jahren ist?“
Lunacek hat nach der Niederlage ihrer Partei bei der Wahl im Herbst 2017 (die Grünen haben den Einzug in den Nationalrat nicht mehr geschafft) alle politischen Funktionen zurückgelegt, auch das Amt der Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments. Den Rückzug aus der europäischen Volksvertretung hätte sie nicht antreten müssen. „Das stimmt. Aber mir war klar, dass ich nicht fünf Monate lang sagen kann, ich verlasse das EU-Parlament, weil ich für den Nationalrat kandidiere, und dann passiert das nicht.“
"Warum eigentlich, Frau Lunacek?"
Kurz vor der Herbstwahl hat sie noch eine Abstimmung im EU-Parlament geleitet und darauf hingewiesen, dass sie die positive Kooperationsstimmung nach Österreich mitnehmen wolle. „Das war dann ja leider nicht möglich, aber ich konnte nicht einfach so weitermachen wie bisher. Es wäre eine halbherzige Geschichte geworden, deswegen habe ich alle Ämter niedergelegt.“ Jetzt ist sie freiberuflich: Im Winter hat sie mit ihrem ehemaligen Pressesprecher ein Buch über ihre acht Jahre als Kosovo-Berichterstatterin im EU-Parlament herausgebracht und macht dazu Lesereisen; ein halbes Jahr war sie Visiting Fellow am Institut für die Wissenschaft vom Menschen. In den nächsten Wochen hat sie eine Einladung in das nordirakische Erbil zu einem Seminar über parlamentarisches Arbeiten für neu gewählte irakische weibliche Abgeordnete (der Frauen-Anteil muss laut Gesetz im Irak bei 25 Prozent liegen). „Eine spannende Herausforderung“ nennt sie diese Aufgabe. Und die österreichische Allianz von Organisationen gegen Gewalt gegen Frauen hat sie gebeten, Schirmherrin für das Projekt „Gewaltfrei leben“ zu sein.
Dass laut Eurobarometer nur 45 Prozent der Österreicher die EU-Mitgliedschaft positiv finden macht sie besorgt. Aber: „Man darf sich nicht wundern, wenn eine Regierung im Amt ist, die am Papier pro-europäisch ist, aber in der Realität das Gegenteil macht, bis hin zu rüpelhaften Aussagen von FPÖ-Delegationsleiter Vilimsky über Kommissionspräsident Juncker. Damit wird an die niedrigsten Instinkte appelliert.“
Lunacek findet, dass die Regierung zur Spaltung beiträgt. „Die Tendenz, in Migranten nur Sündenböcke für eigene Fehler zu sehen, oder Lehrlinge, die gut integriert sind, abzuschieben, das spaltet die Gesellschaft.“
Eine politische Kooperation mit der ÖVP schließt sie aber nicht aus und freut sich über die Neuauflage der schwarz-grünen Koalitionen in Tirol und in Salzburg: „Wenn grüne Inhalte im menschenrechtlichen, sozialen und ökologischen Bereich umgesetzt werden können. Dann, wenn die ÖVP nicht Türkis ist“, sei eine Kooperation mit der ÖVP möglich.
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