SPÖ Simmering: „Ludwig ist ein gerader Michl“
Ein Kellerlokal in einem Gemeindebau in der Bleriotgasse ist der Treffpunkt der Simmeringer SPÖ-Sektion 12. Hier sitzen die Genossen regelmäßig beisammen, um die Probleme zu besprechen, die die Menschen in den anliegenden Grätzeln beschäftigen: Lärmende Kinder zum Beispiel oder ein Mangel an Waste Watchern, die sich um die Sauberkeit in der Umgebung kümmern sollen.
Diesmal ist natürlich auch der traditionelle Mai-Aufmarsch ein Thema. Seit Anfang Jänner ist eine sektionsinterne zehnköpfige Arbeitsgruppe mit den Vorbereitungen beschäftigt. „Wir rechnen schon damit, dass dieses Jahr besonders viele mitkommen werden“, ist Sektionschef Manuel Kosazky zuversichtlich. „Wir sind alle gespannt auf die Rede unseres neuen Parteichefs Michael Ludwig. Allein deshalb lohnt es sich, heuer dabei zu sein.“
Im Rennen um die Nachfolge von Bürgermeister Michael Häupl hat sich schon früh ein Großteil der Genossen aus dem Arbeiterbezirk mit seinen 100.000 Einwohnern auf die Seite des Wohnbaustadtrats geschlagen: „Er ist ein gerader Michl, der handelt – siehe Alkoholverbot am Praterstern“, schwärmt Leopold Pankratz, seit 51 Jahren bei der Partei.
„Häupl war schon angeschlagen, auch seine Jünger haben sich totgelaufen“, sagt Alois Eigner. In der „Jörgl-Zeit“ hat er mit der FPÖ geliebäugelt, seit einem Jahr ist er aber wieder SPÖ-Mitglied. „Ludwig ist ein Mensch wie Du und Ich, der mit den Leuten redet. Auch in der Bevölkerung freuen sich viele, dass sich Häupl schleicht und Ludwig kommt.“
Den Unmut der Bevölkerung bekam die SPÖ bei der Wahl 2015 zu spüren. Erstmals ging mit Simmering ein Bezirk an die FPÖ verloren. „Im Wahlkampf sind wir im Stich gelassen worden. Etwa von Stadträtin Renate Brauner, die damals noch für den Öffi-Ausbau zuständig war. Danach hat man mit dem Finger auf uns gezeigt, weil Simmering der erste blaue Bezirk geworden ist“, sagt Kosazky.
Immerhin: Seit dem Start der türkis-blauen Bundesregierung wächst in Simmering die Zahl der Parteieintritte wieder stetig an. „Auch ich bin deshalb SPÖ-Mitglied geworden“, erzählt der 35-jährige Hortpädagoge Tobias Kartusch. „Bei den Vorhaben der Regierung – wie der Arbeitszeitliberalisierung – muss man sich einfach auf die Hinterbeine stellen.“
Kern-Frage
Aus Simmering kommt auch SPÖ-Chef Christian Kern. Anders als bei Ludwig fallen die Lobeshymnen auf ihn etwas gedämpfter aus. Auf die Frage, ob er denn ein guter Oppositionsführer sei, muss Oliver Picek kurz überlegen. „Für die ganze Partei ist die Oppositionsrolle eine Umstellung“, sagt er dann. „Sebastian Kurz ist ein schwerer Gegner. Er braucht nur ,Kopftuch‘ zu schreien, um von den wahren Problemen abzulenken.“ SPÖ-Urgestein Pankratz ist dennoch zuversichtlich: „Wenn die Regierung erst einmal ihren Schleier fallen lässt, wird auch Kern besser rauskommen.“ Josef Gebhard
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