Löger zu Mindestsicherung: "Gerade in Wien wäre es vernünftig"
KURIER: Die Stadt Wien will die aus ihrer Sicht unsoziale Mindestsicherung Neu nicht umsetzen. Welche Sanktionsmöglichkeiten hat da der Bund?
Hartwig Löger: Ein Gesetz ist umzusetzen. Wenn es, so wie angekündigt, Widerstand gibt, wird das verfassungsrechtlich geklärt. Aus meiner Sicht würde die Mindestsicherung dann in die Verantwortung des Bundes zurückfallen. Aber gerade im rot-grünen Wien, wo das Budget durch den Zuwachs bei der Mindestsicherung massiv belastet ist, wäre es finanzpolitisch vernünftig, die Maßnahmen mitzutragen.
Sie wollen bis 2022 4,5 Milliarden Euro für die Steuerreform aufbringen. Laut Wifo-Expertin Margit Schratzenstaller fehlen Ihnen noch zwei Milliarden. Wie wollen Sie die einsparen?
Wir haben schon im Doppelbudget 2018/19 Einsparungen von 2,5 Milliarden Euro eingeplant, etwa bei Bundesförderungen, ausgelagerten Agenturen, Mieten. Da müssen wir diszipliniert und konsequent weitergehen. Ich selbst habe in meinem Ressort eine Finanzverwaltungsreform gestartet, die wir 2020 umsetzen.
Aber nach einer echten Staatsreform schaut das nicht aus.
Daran arbeitet Minister Josef Moser intensiv.
Es wird kritisiert, dass die kalte Progression nicht abgeschafft, sondern in die nächste Legislaturperiode verschoben wird. Warum nicht gleich?
Das Ziel war von Anfang an, 2020 mit der Entlastung bei den Geringverdienern zu beginnen. Das tun wir mit der Senkung der Sozialversicherungsbeiträge. Eine Abschaffung der kalten Progression würden die Geringverdiener kaum spüren. Als nächstes werden dann kleine und mittlere Einkommen mit der Tarifreform entlastet. Erst danach, 2022, ist der richtige Zeitpunkt für eine Abschaffung der kalten Progression.
Die SPÖ sagt, mit der Senkung der Sozialversicherungsbeiträge werde die Teilzeitarbeit gefördert, denn so wenig verdienen nur Teilzeitarbeitende.
Ich sehe eher den deutlichen Vorteil, dass wir so Menschen in Arbeit bringen, weil sie dadurch eben auch entsprechende Vorteile haben.
Es gab eine kurze Diskussion um eine Anhebung der – hierzulande eher niedrigen – Mineralölsteuer und eine gleichzeitige NoVA-Abschaffung. Schreckte man wegen der französischen Gelbwestenproteste zurück, die genau wegen einer Erhöhung der Treibstoffpreise ausgebrochen sind?
Wir haben das schon im vergangenen Frühjahr diskutiert – da gab es noch keine Gelbwesten in Frankreich. Damals wurde auf EU-Ebene die Berechnungsbasis für den CO₂-Ausstoß von Fahrzeugen neu geregelt. Das führte dazu, dass die NoVA-Besteuerung für die einen Autos günstiger, für andere höher wurde.
Der ARBÖ sagt, seit September ist sie um 51 Prozent gestiegen.
Das kann ich nicht nachvollziehen. Wir gingen damals von einem Anstieg um 20 Prozent aus. Die Frage ist, inwieweit es Sinn macht, das auszugleichen. Eine Streichung der NoVA und ein Ausgleich über die Mineralölsteuer kommt für Österreich nicht infrage. Als Land mit vielen Grenzen und starkem Transitverkehr können wir uns das nicht leisten.
Es geht also um Cash für den Finanzminister?
Nein, es geht um eine vernünftige Ökologisierung.
Aber eine MöSt-Erhöhung wäre ja eine Ökologisierung.
Wir wollen eine Ökologisierung, die fair ist und nicht in erster Linie jene Menschen trifft, die auf ihr Auto angewiesen sind. Viele Pendler sind Geringverdiener und wären von so einer Maßnahme massiv betroffen. Die NoVA braucht eine Lösung, aber nicht in einer Erhöhung der Mineralölsteuer.
Es gibt Gerüchte, wonach es Sie nach Brüssel ziehen könnte.
Ich wurde noch nicht gefragt und habe derzeit auch kein großes Interesse, nach Brüssel zu gehen.
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