Liebscher: Hypo kostet "nur" 400 Millionen pro Jahr

Liebscher: Hypo kostet "nur" 400 Millionen pro Jahr
Die Debatte über eine Pleite der Hypo reißt nicht ab. Klaus Liebscher übt scharfe Kritik an der Regierung.

Da ein mehrjähriger Zeitraum für den Abverkauf der Hypo-Altlasten zur Verfügung stehen werde, könne bei zum Beispiel zehn Jahren eine "jährliche Budgetbelastung von rund 300 bis 400 Millionen Euro angenommen werden", kalkuliert Klaus Liebscher, Chef der Hypo-Taskforce die Kosten für den Steuerzahler. "Groß genug, aber kein Vergleich zu der gerne genannten Horrorzahl 13 oder 19 Milliarden!"

Insgesamt kommt Liebscher im KURIER-Interview damit auf jene Größenordnung, die zuletzt auch Hypo-Vorstandsboss Alexander Picker genannt hat.

Und zwar so: Es würden zwar Kredite, Leasingverträge, Immobilien etc. über 13 oder 19 Milliarden Euro (je nach Ausgestaltung) an die Bad Bank übertragen, aber natürlich nicht verschenkt. Diesen "problematischen Assets" stünden Sicherheiten gegenüber, die das Verlustpotenzial reduzieren. "Nach derzeitigem Erkenntnisstand" liege das Verlustpotenzial "bei bis zu rund vier Milliarden Euro", sagt Liebscher.

Pleite-Debatte

Neben der Kostenfrage will die Debatte über eine Pleite der Hypo Alpe-Adria als billigste Lösung für den Steuerzahler nicht und nicht abreißen. Sie wird von der Opposition geschürt, hält sich aber auch deshalb, weil selbst Bundeskanzler Werner Faymann und Finanzminister Michael Spindelegger eine Hypo-Pleite weiter als Option bezeichnen. Die Insolvenz dürfe "kein Tabu" sein.

"Verantwortungslos"

Liebscher, der auch Aufsichtsratschef der Bank ist, platzt jetzt der Kragen. Zum KURIER sagt Liebscher auf die Frage, was ihn mittlerweile an der Hypo-Causa am meisten nerve: "Weniger Fragen als die Tatsache, mit welcher Sorglosigkeit, aber auch Verantwortungslosigkeit in der Öffentlichkeit wie auch in der Politik mit dem weiteren Schicksal der Bank umgegangen wird."

Trotz der "klaren Entscheidung der Regierungsspitze, eine Anstaltslösung (Bad Bank) vorzubereiten und in der Folge umzusetzen", werde weiterhin die mögliche Insolvenz der Bank in den Raum gestellt.

Und, weiter: "Dies löste bereits negative Reaktionen von Ratingagenturen wie auch beachtliche Unsicherheiten bei internationalen Investoren und deren Vertrauen in den heimischen Finanzplatz und dessen wesentliche Institutionen aus." Die Kernbotschaft, des früheren Nationalbank-Chefs: "Dies ist meines Erachtens eine unverantwortliche Doppelstrategie! Es geht schließlich um eine dem Staat gehörende Bank."

Der Hintergrund: Am 10. Februar scheiterte Plan A der Regierung, also eine Bankenbeteiligung an der Hypo-Abwicklung. Spindelegger präsentierte danach die Bad Bank ("Anstaltslösung") als Plan B, sprich als das nunmehr präferierte Regierungsmodell für die Hypo. Und brachte aber zwischenzeitlich selbst immer wieder die Pleite ins Spiel. So auch Kanzler Faymann: "Ich schließe den Konkurs nicht mehr aus."

Diese laut Liebscher "unselige Diskussion" erleichterte die Verkaufsbemühungen der Bank "zweifelsohne nicht". Wie berichtet, müssen die Balkan-Töchter der Hypo International laut EU-Vorgabe bis 2015 verkauft werden.

Andreas Schieder hat keine Lust, Heinz-Christian Strache eine Bühne zu bieten. Deshalb will der SPÖ-Klubchef von einem parlamentarischen Hypo-Untersuchungsausschuss nichts wissen.

"Bei HC steht das C für Chuzpe und das H für Hypo", sagte Schieder am Mittwoch. Politisch Haupt-Verantwortlicher für das Fiasko sei der freiheitliche Landeshauptmann Jörg Haider gewesen. Einen U-Ausschuss müsse man ablehnen, weil sich "Strache im Parlament hinstellt und alle anderen zu Schuldigen macht". Der FPÖ-Chef solle sich vielmehr entschuldigen.

Obwohl Schieder und andere Koalitionsvertreter derzeit gegen einen U-Ausschuss argumentieren, erscheint es realistisch, dass dieser im Herbst kommt. Sozialminister Rudolf Hundstorfer hat sich dafür ausgesprochen, und insbesondere in den Ländern gibt es Druck. Hans Niessl, SPÖ-Vorsitzender der Landeshauptleutekonferenz, hat via ORF-Radio gefordert, nach der Abwicklung der Hypo müsse ein U-Ausschuss eingesetzt werden. Ähnlich sieht das Vorarlbergs VP-Landeschef Markus Wallner. Dessen steirischer Parteikollege, Klubchef Christopher Drexler, sagte zum KURIER, er rechne "fix mit einem U-Ausschuss": "Wünschenswert wäre, dass vorher alle harten Fakten von der Justiz geklärt werden – sonst verkommt der Ausschuss zum Oppositionstribunal."

Salzburgs SPÖ-Chef Walter Steidl hält einen U-Ausschuss für demokratiepolitisch sinnvoll: "Das ist das größte Finanzdebakel, das die Steuerzahler schultern müssen. Die Bürger haben das Recht zu erfahren, wer was zu verantworten hat. Die Hypo ist ein Testfall für die Glaubwürdigkeit der Politik", sagt Steidl zum KURIER.

Gleichlautend mit Drexler wünscht sich Steidl den U-Ausschuss als zweiten Schritt. "Der erste Schritt muss sein, die richtigen Entscheidungen zu treffen, um das Desaster aufzuarbeiten."

Schadensbegrenzung

Auch Oberösterreichs SPÖ-Geschäftsführer Christian Horner hält Schadensbegrenzung für das Wichtigste: "Jetzt muss man sich darauf konzentrieren, den Schaden, den die Blauen in Kärnten angerichtet haben, so gering wie möglich zu halten." Danach könne man über einen U-Ausschuss entscheiden. An die Adresse der FPÖ richtete sich der Appell von Vorarlbergs SPÖ-Chef Michael Ritsch: "Wir brauchen volle Aufklärung, und zwar von Beginn an." Damit meint er: Der U-Ausschuss solle die Causa nicht nur, wie von der FPÖ gewünscht, ab der Notverstaatlichung 2009 untersuchen, sondern muss eine genaue Chronologie erstellen.

Eben die hält auch Korruptionsexperte Franz Fiedler für nötig: "Wenn ein U-Ausschuss die politischen Vorgänge beleuchtet, könnten sich daraus Grundlagen für zivilrechtliche Ansprüche ergeben." Dazu müsse der Ausschuss aber sofort eingesetzt werden.

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