SPÖ: Hypo-Desaster "auf Mist der FPÖ gewachsen"
Die SPÖ lehnt einen Untersuchungsausschuss zur Hypo Alpe Adria weiter ab. Für Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos ist die frühere Kärntner Landesregierung für den Skandal verantwortlich, und damit die FPÖ. Das sieht der Klubchef Andreas Schieder ähnlich: Er wirft FP-Chef Heinz-Christian Strache vor, von der Verantwortung seiner Partei ablenken zu wollen. Er stellt daher auch die geplante Reform der U-Ausschüsse infrage.
Schieder plädiert für eine Beteiligung von Investoren, Land Kärnten und Bayern LB an den Abwicklungskosten der Hypo Alpe Adria. Die Bad Bank sollte aus seiner Sicht ausschließlich mit ausländischen Experten besetzt werden, so Schieder am Mittwoch.
Die Kärntner Landtagsparteien haben es zuletzt abgelehnt, den aus Hypo-Erlösen gespeisten "Zukunftsfonds" des Landes für die Abwicklung der Problembank zu öffnen. Schieder verwies darauf, dass Kärnten bereits 200 Mio. Euro in die Bank investiert habe. Gleichzeitig forderte er aber Bank und Finanzministerium auf, gegenüber Kärnten, dem früheren Hypo-Eigentümer Bayern LB und gegenüber Hypo-Anlegern alle Möglichkeiten auszuschöpfen.
Dörfler bot weitere Haftungen an
Kärnten hat bekanntlich Haftungen in Milliardenhöhe für die Hypo Alpe Adria übernommen. Wie nun bekannt wurde, hat das Land allerdings 2009 (als sich der Kollaps schon abgezeichnet hat) weitere Landeshaftungen in Erwägung gezogen. Der damalige Landeshauptmann Gerhard Dörfler soll in einem Brief an die BayernLB diese angeboten haben, berichtet der ORF-Report.
Die Übernahme solcher Haftungen war zu diesem Zeitpunkt von der EU allerdings längst verboten. Dörfler sagt jetzt, dass er sich an solch einen Brief nicht erinnere. Die FPÖ sieht ein Ablenkungsmanöver.
Zuerst Abwicklung, dann Aufklärung
Burgenlands Landeshauptmann Hans Niessl (SPÖ) hat sich am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal dafür ausgesprochen, zuerst die Abwicklung der Hypo auf Schiene zu stellen und dann die parlamentarische Aufklärung anzugehen. Schieder lehnt einen U-Ausschuss dagegen komplett ab. Er plädiert dafür, die Abwicklung der Bank durch den Rechnungshof und durch Experten evaluieren zu lassen. Und aus Darabos' Sicht ist seit der Notverstaatlichung ohnehin alles "bestens abgelaufen".
Verantwortlich für das Hypo-Debakel ist aus Sicht der beiden Politiker die FPÖ. "Dieses Milliardendesaster bei der Hypo ist auf dem Mist der FPÖ gewachsen", sagte Darabos mit Verweis auf die frühere FP-geführte Kärntner Landesregierung.
"Bei HC steht das C für Chuzpe und das H für Hypo."
Dass die Kärntner SPÖ die Landeshaftungen mitgetragen hat, wertet Schieder zwar als "Fehler". Als Finanzreferent verantwortlich gewesen sei aber der Freiheitliche Landeshauptmann Jörg Haider. Die scharfen Attacken von FP-Obmann Heinz-Christian Strache auf die Regierung in der Sondersitzung am Montag wertet Schieder als Ablenkungsmanöver: "Bei HC steht das C für Chuzpe und das H für Hypo." Einen U-Ausschuss im Nationalrat lehnt Schieder daher ab: "Wo ich sicher nicht mitmache ist, dass sich der Herr Strache im Parlament hinstellt und alle anderen zu Schuldigen macht." Im Kärntner Landtag sei das Thema ohnehin bereits zweimal untersucht worden.
Außerdem stellt Schieder auch die Reform der Untersuchungsausschüsse - die Opposition fordert ein Minderheitenrecht - grundsätzlich infrage. Im Parlament agiere die Opposition derzeit "mit Schaum vor dem Mund". Es sei nicht möglich, eine "neue Untersuchungskultur" zu etablieren. In diesem Klima sinke seine Bereitschaft, über die Reform zu verhandlen, "gegen Null", sagte der SP-Klubchef.
Für allfällige Verhandlungen mit der Opposition nannte Schieder außerdem Bedingungen: Demnach sollen sich U-Ausschüsse auf ein Thema konzentrieren, sie sollen eine Frist für die Vorlage eines Endberichts erhalten und Vertraulichkeit sowie Zeugenschutz müssten gestärkt werden. Zur Streitschlichtung will Schieder ein Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof.
Üblicherweise werden die Regierungsmitglieder von ein paar Polizisten begrüßt, wenn sie zum Ministerrat ins Kanzleramt kommen. Am Dienstag gesellten sich auf dem Ballhausplatz zahlreiche Demonstranten dazu. Grüne, die Sozialistische Jugend und Attac-Mitglieder (Globalisierungskritiker) bildeten das Empfangskomitee. Kein freundliches: Sie protestierten wegen des Hypo-Desasters.
Grünen-Chefin Eva Glawischnig und ihre Kollegen zeigten plakativ auf, was den Steuerzahler die Hypo kosten könnte: "10.000 neue Lehrerinnen für 26 Jahre" oder "5500 Euro für jede Familie".
Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) will, dass sich die Hypo-Taskforce mit der Sache auseinandersetzt: "Man muss überlegen, ob die Anstalt alle Forderungen übernehmen muss. Die Frage ist, ob es Anleger gibt, die auf den Klagsweg verwiesen werden können. Das wird die Taskforce prüfen müssen", sagt Mitterlehner.
Auch der Kärntner Grüne und Hypo-Aufdecker Rolf Holub regt im KURIER-Gespräch an, dass sich die Regierung ruhig mit den Hypo-Investoren anlegen soll: "Wir müssten bei den Anleihen einen Zahlungsstopp verhängen und dann verhandeln oder uns klagen lassen. Es muss jeder etwas beitragen."
Holub hofft nur, dass das Match Österreich gegen Kärnten aufhört. "Kärnten muss saniert, nicht zum zweiten Mal zur Kassa gebeten werden. Schließlich waren wir das erste Opfer von Jörg Haider."
Doch so schnell wird die Debatte nicht verstummen, dass sich auch Kärnten oder andere Banken an der Hypo-Abwicklung beteiligen sollen. Folgende Möglichkeiten, das weitere Bank-Umfeld zur Kassa zu bitten, gibt es:
Kärnten 500 Millionen Euro liegen im Kärntner Zukunftsfonds. Dieser ist aber durch eine Zweidrittel-Mehrheit im Landtag geschützt. Weitere 500 Millionen wären durch den Verkauf des Kärnten-Anteils (25 Prozent) am Energieversorger Kelag erzielbar. Außerdem hat jedes Bundesland ein "Steuerfindungsrecht". Theoretisch könnte Kärnten also zum Beispiel eine neue Steuer einführen und die Einnahmen beisteuern.
Banken Die Banken fühlen sich durch die Bankensteuer von rund 630 Millionen Euro im Jahr über Gebühr belastet, sie könnte dennoch erhöht werden, wenn man sich darauf politisch einigt. Derzeit sind 25 Prozent zweckgewidmet für die Abwicklung von Problembanken. Wenn man sie zur Gänze für die Hypo verwendet, verlieren aber Länder und Gemeinden ihren Anteil an der Steuer – und dürften das daher blockieren.
Gläubiger Vor dem Klagsweg, den sich Mitterlehner und Holub vorstellen können, könnte man auch in Verhandlungen mit den Anleihezeichnern treten. Das würde die Sache beschleunigen. Die Gläubiger sind zwar durch die Kärntner Landeshaftung in einer komfortablen Verhandlungsposition, dennoch müsste es Möglichkeiten geben, dass der Bund den Investoren ihre Anleihen ablöst und dabei noch einen Rabatt herausholt. Grund: Die Anleihen haben an der Börse stark an Wert verloren und auch die Investoren – Banken, Fonds, Versicherungen – haben kein Interesse an langjährigen Rechtsstreitigkeiten. Mit diesen könnte man zumindest drohen.
Bayern Theoretisch könnte man auch gegen die früheren Hypo-Eigentümer (2007 bis 2009) eine Irrtumsklage einbringen, um die Verstaatlichung rückabzuwickeln. Die Klagsaussichten seien aber gering, heißt es im Finanzministerium, weil Österreich beweisen müsste, dass man im Dezember 2009 von München über den wahren Zustand der Bank getäuscht wurde.
Inzwischen schaltete die Ratingagentur Moody’s auf Alarm und stufte die Bonität von staatlich garantierten Anleihen um zwei Stufen mit negativem Ausblick herab.
Wie viel das Debakel rund um die Hypo Alpe Adria kosten wird, ist derzeit unklar. Der frühere Rechnungshofpräsident Franz Fiedler hoffte am Mittwoch im Ö1-Morgenjournal auf einen "einstelligen Milliardenbetrag".
Um die Kosten besser stemmen zu können, sollten die anderen Bundesländer einspringen, meinte Fiedler - mit Ausnahme Wiens sind diese ja in einem Haftungsverbund mit Kärnten. Die Schätzung des amtierenden Hypo-Chefs Alexander Picker, der von vier Milliarden ausgeht, hält er für „sehr optimistisch".
Dieser meinte am Dienstag in der ORF-Sendung Report, dass die Hypo Alpe Adria den Staat und damit den Steuerzahler noch maximal vier Mrd. Euro kosten wird. Darin nicht enthalten sind die schon abgeschriebenen 3,5 Mrd. Euro an Krediten. Der Staat hat der Bank bisher 3,6 Mrd. Euro an Kapital eingeschossen und 1,2 Mrd. Euro an Garantien übernommen.
Die Hypo hatte in ihren Büchern 13,5 Mrd. Euro an Krediten, davon 5 Mrd., bei deren Bedienung es keine größeren Probleme gibt und 8,5 Mrd. "faule Kredite". Von letzteren wurden bisher schon 3,5 Mrd. Euro abgeschrieben, womit die gesamte Kreditbelastung nun 10 Mrd. Euro beträgt, je zur Hälfte faule und "gute" Außenstände, heißt es aus der Bank.
Dem stehen Sicherheiten von unter 9,3 Mrd. Euro nach dem Marktwert berechnet gegenüber. Etwa 800 Mio. Euro an Krediten sind also nicht abgesichert. Wenn man die Hälfte der Sicherheiten den faulen Krediten zuschreibt und dann davon ausgeht, dass sie nur zur Hälfte des von der Hypo erhobenen Marktwertes versilbert werden können, dann würde eine weitere Lücke von gut 2 Mrd. Euro entstehen. Dazu hat die Hypo noch einen Zusatzpuffer von 1 Mrd. Euro angenommen - etwa für den Fall, dass die Balkan-Töchter nicht zum Buchwert verkauft werden können.
So kommt die Bank zu maximalen Kosten für die Republik von vier Mrd. Euro - wenn alle faulen Kredite ausfallen und die Sicherheiten dafür nur halb so viel Wert sind wie angenommen und weitere Abschreibungen beim Verkauf der Tochter des aktiven Teils der Bank fällig werden. Auf dieser Basis spricht Hypo-Chef Alexander Picker von jetzt noch auf die Steuerzahler zukommenden Kosten von "null bis vier" Mrd. Euro.
Davon unabhängig sind allerdings bereits 3,5 Mrd. Euro an Krediten abgeschrieben und verloren. Der Staat hat bereits 3,6 Mrd. Euro an Kapital in das Institut eingeschossen und 1,2 Mrd. Euro an Garantien übernommen (ein anderes Kapitel sind die Garantien des Landes Kärnten für die Anleihen der Bank). Die EU-Kommission erlaubt der Republik weitere 3,6 Mrd. Euro an Kapitalhilfen (Cash) und 3,3 Mrd. Euro Liquiditätshilfen. Damit sieht die Bank ihren Bedarf gut abgedeckt.
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