Lehrermisere: Drohung mit gewerkschaftlichen Maßnahmen im Herbst

Above view of a class at elementary school.
Die Pflichtschullehrer fordern dringend Reformen und Verbesserungen ein, eine entsprechende Resolution wurde einstimmig verabschiedet

„Viele Politikerinnen und Politiker haben leider den Bezug zu den Menschen und den interessierten Blick auf die Realität verloren. Das ist einer der gravierendsten Gründe für die Politikverdrossenheit der Bevölkerung. Man übt sich lieber in Aktionismus und Beschwichtigung, statt sich für Rückmeldungen der Betroffenen wirklich zu interessieren und sich an diesen zu orientieren“, heißt es in der Dienstagabend einstimmig verabschiedeten Resolution der Gewerkschaft der Pflichtschullehrer.

Verlangt werden „wirksame und nachhaltige Maßnahmen gegen fehlendes pädagogisches Fachpersonal“.

Und sie zeigen sich kampfesbereit: „Zur raschen Umsetzung unserer Forderungen behalten wir uns entsprechende gewerkschaftliche Maßnahmen in der gesamten Bandbreite vor!“
Konkret geht es der Lehrervertretung um die „massive Überlastung der Pädagogen in Volksschulen, Mittelschulen, Sonderschulen und Polytechnischen Schulen in Österreich.

Gefordert wird auch, die „Flut an praxisuntauglichen Reformen und nicht evaluierten pädagogischen Innovationen“ zu stoppen. Für alle Pflichtschulen soll es zudem professionelles Unterstützungspersonal geben. Gewünscht werden hier nicht nur pädagogisch ausgebildete Kräfte, sondern auch Unterstützer aus den Bereichen Administration, Sozialarbeit und Gesundheit. Ausdrücklich wird auch eine bessere Bezahlung von Lehrerinnen und Lehrern gefordert.

„Ein typisches Beispiel ist der Umgang der Politik mit dem von uns schon lange vorhergesagten Mangel an gut ausgebildeten Lehrkräften und der damit verbundenen Überlastungen der Lehrerinnen und Lehrer mit dramatischen Folgen für alle Betroffenen.“

Der Vorsitzende der Pflichtschullehrer-Gewerkschaft, Paul Kimberger, holt im KURIER-Gespräch aus. Ihm geht es einerseits um eine Verbesserung des Alltags im Herbst, als auch um die überfällige Reform der Lehrerausbildung.

Dass Bildungsminister Polaschek vom Lehrermangel überrascht sei, kann Kimberger nicht nachvollziehen. „Wir warnen seit 2008 vor genau der Situation, die jetzt eingetreten ist“, ärgert sich der Oberösterreicher.

Verkürzung der Lehrerausbildung

Erst 2015 gab es die große Reform der Lehrerausbildung, verhandelt hatten die damalige Unterrichtsministerin Sonja Hammerschmid von der SPÖ und der damalige Wissenschaftsminister Harald Mahrer von der ÖVP. Ein Ergebnis war eine Verlängerung der Ausbildung um ein Jahr.

Der aktuelle Bildungsminister Martin Polaschek will das wieder reduzieren. „Minister Polaschek hat da unsere absolute Unterstützung, weil das schon lange unsere Forderung war. Und wir brauchen eine effektivere und bessere Schwerpunktsetzung in der Ausbildung“, sagt Kimberger.

Worum es ihm gehe? „Es geht vor allem darum, dass die Ausbildung sehr praxisfern ist. Die jungen Lehrer müssen in der Ausbildung aber das Rüstzeug bekommen, das sie brauchen, um in unseren Klassen mit dem Unterricht beginnen zu können. Sie müssen einfach besser auf die Realität vorbereitet werden. Wir haben nichts von einer hochwissenschaftlichen Ausbildung, wenn es dann zu wenig Bezug zur Realität gibt.“ Er wünsche sich etwa eine Praxisausbildung gleich zu Beginn der Ausbildung.

Reform wieder verschoben

Bildungsminister Polaschek hatte noch im Herbst 2022 angekündigt, die Verkürzung der Lehrerausbildung umsetze zu wollen. „Was fehlt ist jetzt ein Parlamentsbeschluss, damit es Rechtssicherheit gibt und mit der verkürzten Ausbildungsdauer begonnen werden kann“, sagt der Gewerkschaftschef. Das sei noch vor dem Sommer geplant gewesen.

Im Bildungsministerium hieß es dazu gegenüber dem KURIER nur, dass „planmäßig im Herbst ein Gesetzesvorschlag“ kommen werde.

Damit ist auch klar: Ab Herbst werden die neuen Lehrpläne entwickelt. Start der neuen Lehrerausbildung wird es also nicht vor dem übernächsten Uni-Jahr 2024/2025 geben.  

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