Wie die verödeten heimischen Ortskerne wiederbelebt werden sollen

Im aktuellen Regierungsprogramm wird das Thema in nur vier knappen Sätzen abgehandelt. Dabei springt das Problem jedem ins Auge, der in den heimischen Innenstädten unterwegs ist: trostlose, verwaiste Geschäftslokale mitten im Stadtkern. Weniger augenscheinlich, aber nicht minder heikel ist der Leerstand bei den Wohnungen.
Seit Jahren ist das Problem bekannt, seit Jahren wird verabsäumt, effektiv dagegen vorzugehen. Allerdings hapert es schon bei der Bezifferung des Problems, denn valide Daten zum Ausmaß des Leerstands in Österreich gibt es keine.
Grobe Anhaltspunkte liefern Zahlen der Statistik Austria aus dem Jahr 2021. Demnach waren 13,3 Prozent der Wohnungen in Österreich ohne Wohnsitzangabe. Wobei die Gründe nicht erfasst wurden. Spitzenreiter war damals Kärnten mit 16,3 Prozent, am besten war die Lage in Wien (9,7 Prozent).
Das Fehlen von verlässlicheren Daten bemängelten Experten bei der Leerstandskonferenz des Gemeindebundes, die am Dienstag in Wien stattfand. Titel: „Verlassene Häuser, verlorene Chancen“.
Rolle der Eigentümer
„Wir brauchen ein neues Bewusstsein“, betont Gemeindebund-Präsident Johannes Pressl. „Eigentum bedeutet auch Verantwortung gegenüber der Gemeinschaft. Wer ein Haus oder ein gewidmetes Grundstück leer stehen lässt, entzieht der Gemeinde wertvollen Lebensraum und trägt zur Verödung von Ortszentren bei.“ Er appelliert an Eigentümer, leer stehende Liegenschaften entweder selbst zu nutzen oder sie an junge Menschen, Projektentwickler oder Betriebe weiterzugeben.
Daneben sei auch – wie in vielen anderen Bereichen auch – eine Verschlankung der Vorschriften nötig, wenn es um Umbauten gehe. Sie würden häufig durch zu strenge Vorgaben und damit verhindert – was wiederum ein Grund für Leerstände sein kann. „Es darf nicht sein, dass ein Stiegenhaus oder eine zu geringe Raumhöhe nach heutigen Standards zu einem sündteuren Hindernis für neue Wohnungen wird“, betont Pressl.
Er will aber auch die Gemeinden in die Pflicht nehmen. Sie müssten für ein professionelles Leerstandsmanagement sorgen. Das heißt: Systematisches Erkennen freier Objekte, gezielte Gespräche mit Eigentümern sowie die Entwicklung konkreter Perspektiven für die neue Nutzung von Ortskernen.
Leerstandsabgabe
In Tirol gibt es seit 2023 eine Leerstandsabgabe, die fällig wird, wenn eine Immobilie mindestens sechs Monate nicht als Wohnsitz genutzt wird. Rechtsanwalt Eduard Wallnöfer bezweifelt im Rahmen der Tagung den Nutzen solcher Maßnahmen. So seien in Tirol von den geschätzt 68.000 leer stehenden Wohnungen lediglich 1.300 gemeldet worden, wobei bei 1.100 Ausnahmeregelungen geltend gemacht wurden.
Eine solche Abgabe, ist der Jurist überzeugt, habe wenig Lenkungseffekt, treffe mitunter sozial Schwache und könne Spekulationen nicht eindämmen.
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