Lauschposten in US-Botschaft? Ministerien streiten
In Deutschland hat der Bericht des Spiegel, wonach der US-Geheimdienst NSA Lauschposten in 80 Botschaften und Konsulaten, darunter auch in Wien, unterhält, eine innenpolitische (Wahlkampf-)Debatte ausgelöst: SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück forderte eine Unterbrechung der Freihandels-Verhandlungen zwischen den USA und der EU, bis geklärt ist, ob deutsche Regierungsstellen und europäische Einrichtungen abgehört werden. Außenminister Guido Westerwelle wies das zurück: Er warnte vor anti-amerikanischen Reflexen.
In Österreich hat der Spiegel-Bericht eine Debatte über die Zuständigkeit der Ministerien ausgelöst. Das für Verteidigung sieht „keine Anknüpfungspunkte zwischen Ministerium und diesem Fall“ und verweist darauf, dass für öffentliche Sicherheit das Innen- und für Kontakte mit internationalen Organisationen das Außenministerium zuständig sei.
Das Innenministerium hat nach eigenen Angaben keine Informationen über Lauschposten in der US-Botschaft in Wien. „Laufende Gespräche“ mit den US-Vertretungsbehörden zum Komplex NSA liefen über das Außenministerium.
Das Justizministerium sieht sich ebenfalls nicht zuständig. Ministerin Beatrix Karl (ÖVP) regte aber an, die Zuständigkeit für Datenschutz vom Bundeskanzleramt ins Justizministerium zu verlegen. Es gehe „um die Wahrung der Rechtsstaatlichkeit“. Im Übrigen laufe ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren, bei dem es um die Unterstützung eines fremden Nachrichtendienstes in Österreich gehe (Anm.: Frage, wie weit österreichische Behörden mit der NSA kooperieren), da würden auch „die neuen Aspekte“ miteinfließen. Karl hält ein bilaterales „No-Spy-Abkommen“ Österreichs mit den USA für denkbar, wie sie in Alpbach bei einem Treffen mit Amtskollegen aus der Schweiz, Liechtenstein und Deutschland sagte. Letztere, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, verwies auf eine deutsche Initiative für die völkerrechtliche Verankerung des Grundrechts auf Datenschutz.
Der Staatssekretär im Außenministerium, Reinhold Lopatka (ÖVP), sagte dem KURIER, über das hinaus, was es bisher schon an Kontakt mit der US-Vertretung gegeben habe (Aufforderung zur Erklärung der NSA-Aktivitäten), sei im Moment nichts geplant. „Wir gehen davon aus, dass es eine Stellungnahme der Botschaft geben wird“. Die US-Botschaft hatte Montag angekündigt, die US-Regierung wolle auf die jüngsten Vorwürfe auf „diplomatischem Weg“ reagieren, es werde nicht jede einzelne angebliche nachrichtendienstliche Aktivität kommentiert.
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