Last-minute-Einigung auf Milliarden-Paket

Kern und Mitterlehner: Bis 2025 sollen 120.000 Ganztagsschulplätze entstehen.
SPÖ und ÖVP wollen Geld von Banken in Bildung, vor allem Ganztagsplätze in Schulen, investieren. Harte Detailverhandlungen mit Ländern stehen aber noch bevor.

Die Regierenden gehen mit einem Rekord in die Sommerpause. Zumindest in den vergangenen Jahren hat kein Ministerrat so spät begonnen wie der gestrige. Statt um 10 Uhr gegen 11.45 Uhr. Und keiner hat so lange gedauert wie der gestrige: bis 13.30. Auch weil er zwei Mal unterbrochen worden ist.

Es ging darum, wie die Mittel, die durch eine Abschlagszahlung der Banken zur Verfügung stehen, verteilt werden. Um eine Milliarde Euro handelt es sich. Hart und intensiv rangen Rote und Schwarze um einen Kompromiss – nach dem üblichen Procedere: Jeder will für seine Klientel so viel wie möglich herausschlagen. Eines wollten alle nicht: Dass die Verhandlungen scheitern. Mit einer Negativ-Botschaft in die Ministerratsferien gehen, macht sich bei den Bürgern nicht gut.

Schwere Reformgeburt

Dass die Sitzung so spät begann, lag daran, dass SPÖ-Kanzler Christian Kern, ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner sowie die Staatssekretäre Thomas Drozda (SPÖ) und Harald Mahrer (ÖVP) erst gestern Früh um die finale Lösung rangen. Finanzminister Hans Jörg Schelling, dienstlich im Ausland, war telefonisch mit von der Partie.

Die SPÖ wollte das Geld dafür verwenden, mehr Ganztagsschulen zu etablieren: In jedem Bezirk sollte es eine geben. Die ÖVP wollte nur einen Teil der Milliarde in ganztägige Schulen investieren. Der Rest sollte unter anderem in die Forschung gehen. Und das Bildungsdefizit sollte gesenkt werden. Nach der gestrigen Regierungssitzung präsentierten Kern und Mitterlehner dann das:

Ganztagsschulen: 750 Millionen Euro gibt es für den Ausbau ganztägiger Schulformen und Betreuungsangebote, etwa Hilfe bei Hausaufgaben und Beaufsichtigung bei Sport. Für Kinderkrippen und Kindergärten wird davon nichts verwendet. 333 von 750 Millionen bekommen die Länder, 417 Millionen gehen an das Bildungsministerium. Bis 2025 sollten 40 Prozent der Kinder ganztägig betreut sein, sagt Kern: "Im Umfeld von 20 Kilometern vom Wohnort."

Fachhochschulen: Für zusätzliche 5000 Plätze, vor allem im naturwissenschaftlichen Bereich, gibt es 100 Millionen Euro.

Bildungsstiftungen: 50 Millionen fließen in die "Innovationstiftung für Bildung". Dabei gehe es um "experimentelle Unterrichtsformen", also Schulversuche, sagt Kern. Mit 100 Millionen wird die Nationalstiftung dotiert.

Kern spricht von einem "entscheidenden Durchbruch", ÖVP-Vizekanzler Reinhold Mitterlehner von einem "Zukunftsruck". Der war schwierig, weil Bildung ein hoch ideologisches Thema ist. Stichwort Gesamtschule. Und so drängte die ÖVP gestern darauf, dass nicht nur Ganztagsplätze finanziert werden, sondern auch "Nachmittagsförderung" (Mitterlehner). Und ein "Sideletter" zum Reformpapier war angedacht. Mit dem sollte den Ländern Spielraum dafür gegeben werden, wie sie die Mittel verwenden. Der war rasch wieder vom Ministerratstisch. Die Länder müssen die 333 Millionen für Bildung einsetzen.

Lob aus Ländern

Von dort kommt Lob für die Bundesregierenden. Niederösterreichs Bildungslandesrätin Barbara Schwarz ist "erfreut", der steirische Landesrat Christopher Drexler spricht von einem "großen Wurf für den Forschungs- und Bildungsstandort. Ganztagsschulen stehen in der Steiermark hoch im Kurs." Noch offen ist, welches Land wie viel bekommt. Drexler sagt: "Welche konkreten Projekte realisiert werden, wird man besprechen müssen, weil die Ausgangssituationen ja auch unterschiedlich sind." Kern & Co stehen also weitere Verhandlungen bevor.

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