Lansky: "Die Mails sind mir nicht peinlich"

Gabriel Lansky hat turbulente Wochen hinter sich. Die Mails zwischen ihm und Alfred Gusenbauer schafften es aufs deutsche Spiegel-Cover
Wie Gabriel Lansky Moral definiert und über Millionen-Honorare denkt.

KURIER: Herr Lansky, Sie engagieren hochrangige Ex-Politiker wie Alfred Gusenbauer, die für den Kasachen-Diktator Narsabayew lobbyieren sollen. Sie lassen Staatsanwälte bespitzeln. Die Justiz ermittelt gegen Sie wegen nachrichtendienstlicher Tätigkeit. Haben Sie die Rolle des Consigliere des Diktators?

Gabriel Lansky: Da werden unterschiedliche Themen vermischt. Die internationale Beratergruppe hat mit Aliyev nichts zu tun. Meine Kanzlei ist in vielen Wirtschaftscausen aktiv, wir vertreten auch mehrere Staaten. In den GUS-Staaten waren wir Anfang der 90er die nahezu ersten. Aus dem Grund haben wir auch viele Mandate aus dieser Region. Wir bieten eine vernetzte juristische Arbeitsweise. Neben den rechtlichen Aspekten beleuchten wir PR-Argumente und suchen Fürsprecher. Wenn ich etwa den Leiter des Rechtsausschusses im EU-Parlament informiere, was im Fall Aliyev in Österreich abläuft und dieser dann an die damalige Justizkommissarin Viviane Reding einen Brief schreibt, gehört das auch zu meinem Job als Anwalt.

Gehören zu den Methoden auch, einen Staatsanwalt beschatten zu lassen. Haben Sie hier nicht eine Grenze überschritten?

Observationen sind nicht verboten. Im konkreten Fall hatten wir den dringenden Verdacht, dass der Staatsanwalt mit Aliyev befreundet war. Was hätten wir also tun sollen? Aliyev hat seit 2007 viele Millionen investiert und alle Mittel angewendet, damit es zu keinem Prozess kommt. Er wollte aus sich einen Oppositionshelden machen. Jeder, der sich auch nur ansatzweise mit Kasachstan beschäftigt, der weiß: Aliyev war alles andere als ein Oppositioneller.

Der Opferverein Tagdyr, den Sie vertreten, hat 14,3 Millionen Euro zur Verfügung. Wofür braucht man ein Vermögen?

Der Opferverein wird von den Hinterbliebenen finanziert. Diese wollen, dass die Ermordung ihrer Familienmitglieder aufgeklärt wird. Das ist ein verständliches Anliegen. Für eine internationale Tätigkeit wie diese, die seit sechs Jahren läuft und wo im Schnitt 15 Personen an dem Fall Aliyev arbeiten, ist das ein marktüblicher Preis. Als ich 2009 den Fall übernahm, liefen wir gegen eine Gummiwand. Niemand wollte ermitteln. Dass es zur Anklage kam ist dem Bundeskriminalamt, der Staatsanwaltschaft und dem Justizminister zu verdanken.

Wie kommen Witwen aus Kasachstan auf Gabriel Lansky?

Aufgrund persönlicher Empfehlungen und Recherchen. Wir waren schon 2009 durch Causen wie Kampusch oder Kaprun eine bekannte Opfervertretungskanzlei. Und wir sind bekannt dafür, uns mit unseren vielfältigen Möglichkeiten und mit Hilfe aller adäquaten Methoden für unsere Mandanten einzusetzen.

Wo liegen die Grenzen bei Ihren Methoden?

Grenzen sind die geltende Rechtsordnung, das anwaltliche Standesrecht und meine persönliche Moral. Mein Leitsatz ist, in meinem Wartezimmer sollen Asylwerber und Vorstände sitzen können. Ich denke natürlich nach, ob meine Handlungen als Anwalt mit meinen Lebensgrundsätzen zusammenpassen. Der Mordfall Aliyev ist in vielem sehr speziell: Als wir das Mandat 2009 übernahmen, waren die Opfer noch vermisst. Österreich setzte eher Maßnahmen, um Aliyev zu schützen. Unser Auftrag war, dazu beizutragen, dass er entweder nach Kasachstan ausgeliefert wird oder die Verdächtigen hier vor Gericht kommen. Zudem sollten wir der geldreichen PR-Kampagne Aliyevs entgegentreten und Entscheidungsträger über die Tatsachen informieren. Das haben wir mit allen rechtlich zulässigen Mitteln erreicht: Die Verdächtigen sind vor Gericht.

Sind Ihnen die Mails, die zur deutschen Spiegel-Coverstory geführt haben, peinlich?

Es sollte jenen peinlich sein, die Mails stehlen, teilweise verfälschen und verkaufen. Die Staatsanwaltschaft hat jene 400.000 Euro, die die Aliyev-Witwe an meinen ehemaligen Mitarbeiter Peter van Crombrugge für den Datendiebstahl zahlen wollte, beschlagnahmt. Das ist peinlich für die Witwe und ihre Anwälte. Zuerst wurden wir infiltriert, dann wurden uns Daten gestohlen und an Medien weitergegeben. Dafür haben die Gegner viel Geld gezahlt. Mittlerweile ist die Sache juristisch klar: Nicht einmal Staatsanwaltschaft und Gerichte dürfen die Mails verwenden. Die Schmähs in den Mails zwischen mir und Alfred Gusenbauer sind mir nicht peinlich. Ich finde es nur lächerlich, wenn man darüber diskutiert, welches Menü serviert wird.

Die Schmähs in den Mails werden ja nicht kritisiert, sondern die Tatsache, dass der Ex-Kanzler für 400.000 Euro das Image einer Diktatur aufmöbeln will. Ist da nicht die Gier das Motiv?

Es gibt einen kleinen Markt von Ex-Politikern im internationalen Beratergeschäft für Regierungen. Hier werden hohe Preise bezahlt. Für eine Rede werden zwischen 30.000 und 70.000 Euro pro Abend bezahlt. Auf diesem Level sind nur wenige Europäer unterwegs. Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es sehr gut ist, wenn auch europäische Top-Politiker wie Schröder oder Prodi Regierungen beraten, die etwas verändern wollen.Wenn man sich im Berater-Geschäft nur auf lupenreine Demokratien beschränken darf, dann macht die Arbeit wenig Sinn. Denn ein Großteil der Welt entspricht nicht dem europäischen Demokratieverständnis. Kasachstan ist nicht Nordkorea, aber es ist auch nicht Großbritannien.

Was hat sich denn in den letzten Jahren in Kasachstan demokratiepolitisch verbessert?

Kasachstan ist das erste Land der ehemaligen UdSSR, das ein erweitertes Partnerschaftsabkommen mit der EU abgeschlossen hat. Die Verhandlung mit der WTO wurde erfolgreich absolviert. Es ist gut, wenn Politiker wie Romano Prodi dabei auf Grundlage unserer Werte beraten. Angela Merkel fährt jedes Jahr nach Kasachstan. Auch Österreich hat massive Interessen in der Region. Es ist scheinheilig, so zu tun, als dürfe man Kasachstan nicht beraten.

Sie haben sich in jungen Jahren für Amnesty International engagiert. Wie passt diese Einstellung mit den Aufträgen aus Kasachstan zusammen?

Wenn ich eine Bank vertrete, weiß ich auch nicht, ob die alle Kunden korrekt behandeln. Aber ich bin fest überzeugt im Fall Aliyev als Opferanwalt auf der richtigen Seite zu stehen, ebenso bei dem von mir gemanagten Beratungsprojekt für Kasachstan. (Gabriel Lansky greift zum Amnesty International Report im Bücherregal und sucht Kasachstan) Der AI-Report über Kasachstan ist drei Seiten lang, auch über Italien gibt es drei Seiten im Report. Und es gibt die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, dass in politischen Causen an Kasachstan ausgeliefert werden darf.

Sind die Kritikpunkte des AI-Reports auch vergleichbar?

Nein. Es ist nicht alles brillant, was im AI-Report über Kasachstan steht. Das ist bedauerlich. Aber das Land ist auf einem guten Weg.

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