Straches Truppe in der Stronachfalle

APA11706018 - 02032013 - KLAGENFURT - ÖSTERREICH: LANDTAGSWAHL IN KÄRNTEN: LH Gerhard Dörfler (l.) und FPÖ-Bundesparteiobmann Heinz- Christian Strache am Samstag, 02. März 2013, während der Wahlkampf-Abschlussveranstaltung der FPK in Klagenfurt. APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER
Nach dem Desaster in Kärnten und der Schlappe in NÖ sucht Blau ein Rezept gegen den Milliardär.

Vollmundig waren seine Ansagen. Kärnten müsse als „freiheitliches Kernland“ erhalten werden, hatte Heinz-Christian Strache den Getreuen bei der Abschlussveranstaltung der FPK in Klagenfurt zugerufen. In St. Pölten tat er im Wahlkampffinale kund, „die präpotente Allmacht der ÖVP zu brechen“.

Weder dort noch da hat der Ober-Blaue mit seiner Truppe reüssiert. Straches Schwesterpartei FPK ist von den Wählern kannibalisiert worden: von 44,9 Prozent ist sie auf 17,1 Prozent abgestürzt – schlimmer geht’s nicht. Die einst glorreiche Ära Haider ist im südlichen Bundesland Geschichte. Und in Niederösterreich, wo die Freiheitlichen schon bisher nicht stark waren, konnten sie nicht zulegen. Sie haben gar zwei Prozent verloren.

Bitter für Strache – die beiden Wahlen waren ja ein Stimmungstest für die kommenden, vor allem für den Urnengang im Bund.

Der sonst kecke Strache war gestern schmähstad: „Das ist kein erfreulicher Tag für die freiheitliche Gemeinschaft in Kärnten. Wir haben alle Ziele nicht erreicht. Auch für mich ist das sehr enttäuschend.“ 2010 hat er den Pakt mit den Kärntnern rund um Gerhard Dörfler und die Brüder Scheuch besiegelt, kooperiert haben die beiden Parteien fortan.

„FPK“ Adieu

Das bereut Strache wohl spätestens jetzt. Was sind die Konsequenzen? „Oppositionspolitik sowie inhaltliche, organisatorische und personelle Erneuerung.“ Von den Freunden im Süden lossagen will sich Strache trotz des Debakels nicht: „In einer Partnerschaft muss man auch in schlechten Zeiten zueinander stehen.“ Eines will er aber ändern: Den Namen FPK soll es nicht mehr geben, als FPÖ würden die Kärntner Kumpanen künftig auftreten.

Sollten Kurt Scheuch und Gerhard Dörfler abtreten? Das wollten weder Strache noch sein Generalsekretär Harald Vilimsky begehren. „Unsere Kooperationspartner werden die richtigen Schlüsse ziehen“, sagte Vilimsky dem KURIER.

Die Schlappen hat die FPÖ auch dem 80-jährigen Polit-Neuling Frank Stronach zu „verdanken“. Wobei OGM-Meinungsforscher Wolfgang Bachmayer anmerkt: „Stronach hat anderen Parteien ebenso viele Stimmen weggenommen.“ Dass der Milliardär der FPÖ weh tut, gesteht Vilimsky ein: „Natürlich merkt man einen neuen Spieler, der noch dazu Millionen in die Schlacht wirft.“ Sieben Jahren lang habe die FPÖ Wahlen gewonnen: „Jetzt gibt es einmal Regentage.“ Für die Nationalratswahl heiße das nichts: „Da werden wir klar machen, dass wir der Platzhirsch in dem Wählersegment sind, in dem auch Stronach unterwegs ist.“ Auf „deutlich über 20 Prozent“ werde seine Partei kommen: „Das Rennen um Platz Eins ist intakt.“

Auch Bachmayer sieht wieder bessere Tage für Strache kommen. In Salzburg, wo im Mai gewählt wird, werde die FPÖ „das Zünglein an der Waage sein – bei der Wahl des Landeshauptmanns. Wenn es darum geht, ob das ein Roter oder ein Schwarzer wird.“

Die Ergebnisse im Detail finden Sie hier.

Was lässt sich aus den beiden Landtagswahlen für die kommende Nationalratswahl ablesen?

Österreich ist nicht Italien. Während jenseits der Grenze Silvio Berlusconi ein Comeback feierte, hat hierzulande das rechtspopulistische dritte Lager ein Problem. Die FPÖ wurde in Kärnten dramatisch abgewählt, in Niederösterreich musste sie auf niedrigem Niveau nochmals Verluste hinnehmen.

Die Spaltung in Blau und Orange ist prolongiert. Mit seinem Einzug in den Kärntner Landtag hat Josef Bucher dem BZÖ die Chance gewahrt, bei der Nationalratswahl nochmals ins Parlament einzuziehen. FPÖ-Chef Heinz Christian Strache hatte die ursprünglich orange Kärntner Landesgruppe um Uwe Scheuch und Gerhard Dörfler in die FPÖ übernommen, um die 2004 erfolgte Spaltung des dritten Lagers in Blau und Orange zu überwinden. Diese Absicht ist nicht aufgegangen, das BZÖ hat ein Lebenszeichen von sich gegeben.

Darüber hinaus gibt es mit dem Team Stronach sogar noch einen weiteren Konkurrenten, der im Teich der Proteststimmen fischt.

SPÖ und ÖVP, die Koalitionsparteien im Bund, haben am Sonntag ein kräftiges Lebenszeichen von sich gegeben. Erwin Pröll konnte die Stärke der niederösterreichischen ÖVP erneut unter Beweis stellen – eine wichtige Unterstützung für ÖVP-Chef Michael Spindelegger bei der Nationalratswahl. Niederösterreich ist das Land mit den meisten Wählern.

In Kärnten ist nicht nur die FPK abgewählt worden, sondern die SPÖ hat, allen Unkenruf en zum Trotz, die Wahl auch gewonnen. Immerhin hat sie landesweit acht Prozentpunkte zugelegt, in Klagenfurt sogar 15. Und das, obwohl einer ihrer Bürgermeister, Gerhard Köfer, als Spitzenkandidat zum Team Stronach gewechselt war.

SPÖ-Chef Werner Faymann kommt die Erfolgsmeldung aus Kärnten nach der Schlappe bei der Wehrpflicht-Abstimmung gerade recht. Dennoch wird sich Faymann angesichts der schwachen Performance seiner Partei im stimmenstarken Niederösterreich etwas einfallen lassen müssen.

Erfreulich sind die Landtagswahlen für die Grünen: Erstmals der Einzug in die Kärntner Landesregierung und eine Belohnung in Niederösterreich für die Oppositionsarbeit. Den Grünen winken auch in Salzburg und in Tirol, wo heuer im Frühjahr ebenfalls gewählt wird, Zugewinne. Eva Glawischnig könnte auf der Welle von vier Wahlerfolgen in die Nationalratswahl starten.

Der künftige Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser strebt ein Reformprogramm an, das von SPÖ, ÖVP und Grünen getragen wird. Kaiser will zwar mit allen Parteichefs Regierungsgespräche führen, doch zeichnet sich eine rot-schwarz-grüne Koalition in Kärnten ab. Die ÖVP im Bund fürchtet, dass diese Konstellation Signalwirkung auf Bundesebene haben könnte, aber Kärnten befindet sich in einer Sondersituation. SPÖ, ÖVP und Grüne wollen die Proporzregierung abschaffen, die Kontrollrechte des Landtages stärken, die Eigenverantwortung der einzelnen Regierungsmitglieder herstellen und das Budget auf solide Grundlagen stellen. Zuallererst wird es einen Kassasturz geben.

Bevor es heute an die Regierungsgespräche geht, war am Sonntag Abend in den drei Parteien ausgiebiges Feiern angesagt.

Die Freiheitlichen in Kärnten (FPK) und ihr Landeshauptmann Gerhard Dörfler müssen bei den Kärntner Landtagswahlen ein Minus von 27,8 Prozent verantworten. Einen auch nur annähernd großen Verlust hat es in der zweiten Republik bei bisher 133 Landtags-, 20 Nationalrats- und vier EU-Wahlen noch nicht gegeben.

Die bisher größten Verluste bei Wahlen hatte ebenfalls die FPÖ eingefahren: Besonders die Querelen im freiheitlichen Lager nach der Regierungsbeteiligung mit der ÖVP ab 2000 wurden von den FPÖ-Wählern nicht goutiert.

Bei den Wahlen zum EU-Parlament im Jahre 2004 stürzten die Freiheitlichen von 23,4 Prozent auf 6,3 Prozent ab – ein Minus von 17,1 Prozentpunkten, der zweitgrößte Wahlverlust einer Partei in Österreich und mit einem Minus von 73,1 Prozent der größte Verlust an Wählerstimmen einer Partei. Der Wahlverlierer hieß damals Johann Kronberger.

Bitter für die Freiheitlichen war zwei Jahre davor die Nationalratswahl 2002, bei dem FPÖ-Chef Jörg Haider eine Minus von 16,9 Prozent zu verantworten hatte, ein Absturz von 26,9 auf 10 Prozent.

Wahlsieger war damals die ÖVP mit einem Plus von 15,4 Prozent – der bisher größte Zugewinn einer Partei bei Bundeswahlen. Bundeskanzler Schüssel koalierte danach erneut mit der FPÖ. Schwerste interne Probleme führten Jörg Haider im April 2005 dann zum FPÖ-Austritt aller Regierungs- und Nationalratsmitglieder, und zur Gründung des BZÖ im April 2005.

Bei Landtagswahlen hat die FPK die rote Laterne für den größten Verlust von der ÖVP übernommen. Die Volkspartei hatte im Jahre 1989 in Tirol unter Landeshauptmann Alois Partl ein Minus von 15,9 Prozent. Allerdings von einem sehr hohen Niveau, 1984 hatten die Schwarzen noch 64,6 Prozent, Partl hielt dennoch die absolute Mandatsmehrheit mit 48,7 Prozent der Stimmen. Platz vier der größten Wahlniederlagen verzeichnete wiederum die FPÖ in Vorarlberg 2004 mit 14,5 Prozent – ebenfalls eine Folge der Querelen rund um die Regierungsbeteiligung. Erst beim Blick zurück bis ins Jahr 1949 findet sich ebenfalls noch ein hoher Verlust – bei den Landtagswahlen in Oberösterreich, bei der die Volkspartei von knapp 59 Prozent auf knapp 45 Prozent abstürzte.

Eine so große Bewegung von Wählerstimmen – im zweistelligen Prozentpunktebereich – gab es in der zweiten Republik insgesamt nur siebzehn Mal. Und nur zehn Mal schaffte es eine Partei zweistellig zuzulegen.

Beeinflussen die Wahlergebnisse die Ausgangslage für die Wahlen am 28. März in Tirol und am 5. Mai in Salzburg? Und wie beurteilen die Bundesparteichefs der Koalition die Resultate?

Am Erfolg Erwin Prölls in Niederösterreich war schon vor dem Wahlsonntag nicht zu zweifeln. Dass sich aber die Landespartei in Kärnten so gut hielt, konnte nicht erwartet werden. Entsprechend zufrieden war ÖVP-Bundesparteiobmann, Vizekanzler Michael Spindelegger. „Ich kann heute nur lachen“, kommentierte er die beiden Ergebnisse.

Dementsprechend optimistisch geht die Volkspartei in die kommenden Landtagswahlen. Generalsekretär Hannes Rauch zum KURIER: „Die Partei befindet sich im Aufwind. Die ÖVP hat an Mobilisierungsstärke zugelegt. Sie steht besser da als noch vor zwei Jahren.“ Seine Prognose für Tirol und Salzburg : Obwohl in Tirol zehn Listen antreten, werde ÖVP-Landeshauptmann Günther Platter das Ergebnis von 2008 (40,5 Prozent und 16 der 36 Sitze) halten können.

In Salzburg stünden die Chancen gut, den Landeshauptmann von der SPÖ zurückzuerobern. Die ÖVP stehe für stabile Verhältnisse und Berechenbarkeit, das werde honoriert. „Das Jahr 2013 ist das Jahr der ÖVP“, glaubt Rauch. Der Tiroler wagt angesichts des schwachen Ergebnisses der FPÖ sogar eine Prognose für die Nationalratswahl am 29. September. „Das wird ein Zweikampf Faymann gegen Spindelegger und damit SPÖ gegen ÖVP.“

Für die SPÖ wiederum wird der 3. März 2013 in die Parteigeschichte eingehen. Sie stellt zum ersten Mal fünf der neun Landeshauptleute, was für längere Zeit zu einer Machtverschiebung in der Landeshauptleutekonferenz führen könnte – vorausgesetzt Salzburgs SPÖ-Landeshauptfrau Gabi Burgstaller kann Platz 1 bei den vorgezogenen Neuwahlen verteidigen. „Das zeigt, dass wir regional sehr gute Arbeit leisten“, urteilte Bundesparteivorsitzender, Bundeskanzler Werner Faymann zum fünften Landeshauptmann-Posten. Das miserable Abschneiden in Niederösterreich führte Faymann einerseits auf Erwin Pröll als „Ausnahmeerscheinung in der Politik“ zurück. Man könne nicht überall „alles perfekt machen“. Die SPÖ stelle aber sehr viele Bürgermeister. Er habe das Vertrauen, „dass meine Freunde in Niederösterreich stark genug sind, sich gut aufzustellen“.

Im Gegensatz zu ÖVP-General Rauch, bleibt sein Gegenüber in der SPÖ, Günther Kräuter zu Prognosen für die kommenden Wahlen vorsichtig. In Kärnten und Niederösterreich seien die „Ausgangslagen sehr unterschiedlich“ gewesen. „Für die SPÖ ist das eine Hochschaubahn“, sagt der Parteigeschäftsführer. Wichtig sei vor allem das Kärntner Ergebnis für die wahlkämpfenden Funktionäre in Salzburg. „Das ist ein Riesenmotivationsschub“, sagt Kräuter. Auch auf der Bundesebene werde das Resultat „positiv zu spüren sein“. Prognosen für die Nationalratswahl will Kräuter – im Gegensatz zu Rauch – aber nicht abgeben.

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