Kurz übertrumpfte bei TV-Debüt als Kanzler-Kandidat Kern und Strache

Kurz bei seinem TV-Debüt als Kanzler-Kandidat mit Puls4-Infochefin Milborn.
Kurz gab sich betont locker und unkompliziert - und überzeugte damit laut Umfrage 63 Prozent der Zuseher.

Seine umstrittene Forderung nach der Schließung der Mittelmeerroute, die frisierte Studie zu den Islam-Kindergärten, Kritik an seinen Plänen zur Steuerentlastung – kritische Fragen hierzu sind für Sebastian Kurz kein Problem.

Bei seinem ersten großen TV-Interview als Kanzler-Kandidat gab sich der 30-Jährige gestern beim Puls4 "Sommergespräch" betont lässig und unkompliziert. Nur eines machte ihn am Ende doch nervös: Eine Frage nach seiner Freundin. Sie werde im Wahlkampf "definitiv nicht" öfter an seiner Seite auftreten, betonte Kurz mit leicht geröteten Wangen – im Hintergrund wurde das berühmte Kuss-Foto vom ÖVP-Parteitag in Linz eingeblendet.

"Nichts zu verstecken"

Viel Raum nahm beim TV-Interview die Flüchtlingsfrage ein. "Aus meiner Sicht" – eine Phrase, die der Chef der neuen Volkspartei häufig vor seine Antworten stellt – sei es logisch, Flüchtlinge vom Mittelmeer nicht aufs Festland zu lassen: "Ich verstehe nicht, dass das Thema so kontroversiell diskutiert wird." Die EU müsse ihre Regeln ändern, sonst würden immer mehr Menschen ertrinken, wiederholte er sein Mantra.

Hitzig wurde es kurzfristig beim Thema Islam-Kindergärten. Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Häupl hatte Kurz’ Ministerium ja vorgeworfen, die Studie von Islamforscher Ednan Aslan für politische Zwecke "gefälscht" zu haben. Kurz bleibt dabei: Aslan habe jede Änderung abgesegnet. "Und ich habe keinen Grund, ihm nicht zu glauben."

Die Uni Wien prüft gerade, ob bei der Studie sauber gearbeitet wurde. Auf die Frage von Puls4-Infochefin Corinna Milborn, ob er seine Beamte vor der Uni-Kommission unter Wahrheitspflicht aussagen lassen werde, sagte Kurz, er plädiere ohnehin für die Abschaffung des Amtsgeheimnisses. Seine Beamten hätten "nichts zu verstecken".

Kritik aus dem Publikum

Das Publikum nahm den Chef der neuen, türkisen Volkspartei zuweilen in die Mangel: "Wieso sollten die Österreicher Ihnen glauben, dass Ihre Partei neu ist, nur weil Sie umgepinselt haben?", fragte gleich zu Beginn ein junger Mann mit Hemd und Brille. Ein Lehramtsstudenten mit Migrationshintergrund kritisierte den Ton des Integrationsministers in der Asylpolitik.

Eine Frau mit Kopftuch fand seine Forderung, Islam-Kindergärten zuzusperren, diskriminierend. "Die religiöse, ethnische und sprachliche Abschottung von der Mehrheitsbevölkerung ist etwas, das der Steuerzahler nicht fördern sollte", sagte Kurz dazu – und bekam Applaus.

Beim Auftritt im Privatfernsehen suchte der 30-Jährige vor allem die Sympathien des jüngeren Publikums – kaum Polit-Sprech, er blieb locker und höflich, einmal schenkte er der Moderatorin sogar ein Glas Wasser ein. Taktisch klug, findet Politologe Fritz Plasser: "Hier hat er einen Generationenvorteil. Die harte politische Auseinandersetzung findet dann im Herbst im öffentlich-rechtlichen Fernsehen statt."

Bei der anschließenden Live-Umfrage gaben 63 Prozent der Zuseher an, Kurz habe sie "insgesamt überzeugt" – deutlich mehr als SPÖ-Chef Christian Kern und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache in den Sendungen zuvor mit je rund 50 Prozent.

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