Sebastian Kurz: Warum Prozess gegen Ex-Kanzler länger dauern wird
Ab 18. Oktober muss sich der frühere Bundeskanzler und ÖVP-Obmann Sebastian Kurz wegen falscher Zeugenaussage im Ibiza-U-Ausschuss am Wiener Landesgericht für Strafsachen verantworten. Mitangeklagt sind Ex-ÖVP-Vizeparteichefin Bettina Glatz-Kremsner und der Kurz-Vertraute und ehemalige Kabinettschef im Bundeskanzleramt, Bernhard Bonelli. Die Verhandlung wird wesentlich länger dauern, als zunächst angenommen wurde, und sich zumindest bis in den November hinein erstrecken.
➤ Mehr dazu: Wiedersehen vor Gericht: Thomas Schmid ist Zeuge im Kurz-Prozess
Wie das Gericht am Dienstag auf APA-Anfrage mitteilte, dienen die drei bisher fixierten Verhandlungstermine ausschließlich dem Vortrag der Anklage durch die Vertreter der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), den Repliken der Verteidiger sowie den Einvernahmen der drei Beschuldigten. Die WKStA hat darüber hinaus aber schon in ihrem schriftlichen Strafantrag die Befragung von nicht weniger als 18 Zeuginnen und Zeugen im Rahmen der Hauptverhandlung beantragt. Die Verteidigung könnte zusätzlich die Ladung weiterer Personen verlangen, die - sollte der Richter ihre Beiziehung für erforderlich halten - ebenfalls unter Wahrheitspflicht zu vernehmen wären.
➤ Mehr dazu: Kurz-Prozess: Die Strategien der Anklage und der Verteidigung
Damit ist sicher, dass es nach dem 23. Oktober - dem vorerst letzten offiziell bestätigten Verhandlungstermin - mehrere weitere Prozesstage geben wird. Wie viele, und wann mit den Zeugenbefragungen gestartet wird, ist derzeit offen. Wie das Gericht in diesem Zusammenhang darlegte, wird der Richter zunächst das Ergebnis der Beschuldigteneinvernahmen abwarten und dann entscheiden, wie viele der von der WKStA nominierten Zeuginnen und Zeugen überhaupt benötigt werden.
Auf der Liste der WKStA stehen unter anderem die ehemaligen ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger und Gernot Blümel sowie Ex-Vizekanzler und -FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache. Befragt werden sollen auch Thomas Schmid, dessen Bestellung zum ÖBAG-Chef zentrales Thema der Causa ist, Peter Sidlo, dessen Ernennung zum Casinos-Austria-Vorstand heftig umstritten war, sowie der Industrielle Siegfried Wolf und Ex-Raiffeisen-Generalanwalt Walter Rothensteiner. Letzterer war auch Casinos-Aufsichtsratschef.
Kurz und Bonelli wird von der WKStA vorgeworfen, sie hätten als Auskunftspersonen vor dem U-Ausschuss insbesondere im Zusammenhang mit der Errichtung der ÖBAG und der Besetzung des Vorstandes und Aufsichtsrates dieser Gesellschaft falsch ausgesagt. Glatz-Kremsner soll sowohl vor dem U-Ausschuss als auch bei ihrer Vernehmung als Zeugin im Ermittlungsverfahren der WKStA zur Bestellung eines Vorstandsmitgliedes der Casinos Austria AG wissentlich die Unwahrheit gesagt haben. Alle drei Angeklagten bestreiten die wider sie erhobenen Vorwürfe, für sie gilt die Unschuldsvermutung. "Die Vorwürfe sind falsch und wir freuen uns darauf, wenn nun endlich die Wahrheit ans Licht kommt und sich die Anschuldigungen auch vor Gericht als haltlos herausstellen", hatte Kurz nach Bekanntwerden der Anklage-Erhebung auf Twitter (X) gepostet.
Das öffentliche Interesse an der anstehenden Verhandlung ist jedenfalls enorm. Weit mehr als 50 Mails von Medienschaffenden aus dem In- und Ausland sind bereits bei Gericht eingegangen, die allesamt einen Sitzplatz im Großen Schwurgerichtssaal ergattern wollen. Sollte die Nachfrage nicht abreißen, könnte es hinsichtlich des Platzangebots eng werden.
Kommentare