Kurz: Länderaustausch über erfolgreiche Anti-Corona-Strategien

CORONAVIRUS - INTERNATIONALE VIDEOKONFERENZ MIT BUNDESKANZLER KURZ UND REGIERUNGSCHEFS
Kanzler hält erneut internationale Videokonferenz mit Staaten ab, die beim Zurückdrängen des Virus erfolgreich sind

Österreich kooperiert mit Ländern, die als im Kampf gegen das Coronavirus erfolgreich angesehen werden. Am heutigen Donnerstag konferiert Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) ein zweites Mal per Videokonferenz mit Amtskollegen. Neben Australien, Israel, Dänemark, Griechenland und Tschechien sind erstmals auch Singapur und Norwegen dabei.
Die einzelnen Staaten haben unterschiedliche Voraussetzungen, weil es weitab von den Corona-Hotspots liegenden Inselnationen wie Australien leichter gelingt, das Land vor dem unerwünschten Virus abzuschotten. Gemeinsam ist den sieben Staaten, dass sie sehr früh Maßnahmen gesetzt haben. Ein Überblick zur Entwicklung und aktuellen Situation.

Kanzler Kurz öffnet Perspektiven für Grenzöffnung und Tourismus

Australien

Bestätigte Infektionen insgesamt: 11.672, 99 Tote, 800 aktive Fälle
Das 25-Millionen-Land ist auf gutem Weg, das Coronavirus zu unterdrücken. Der erste bestätigte Fall war am 25. Jänner ein Rückkehrer aus Wuhan. Australien machte bereits am 1. Februar die Grenzen für China dicht, einen Monat später für den Iran und am 20. März dann für alle Länder. Zum Lockdown kam es vergleichsweise spät. Am 23. März wurden Geschäftsschließungen verhängt, am 31. März striktere Maßnahmen für den besonders betroffenen Staat New South Wales verhängt. Schulschließungen gab es keine, nur eine Empfehlung an die Eltern, ihre Kinder zuhause zu lassen. Die Strände des sportbegeisterten Landes blieben noch bis 10. April offen. Ab Ende April wurden dann Beschränkungen wieder langsam gelockert: Hausbesuche sowie Surfen und Schwimmen in begrenztem Rahmen wieder erlaubt. Die konservative Regierung von Ministerpräsident Scott Morrison setzt auf Infizierten-Tracking mittels App. Morrison forderte außerdem eine Untersuchung des Ausbruchs der Corona-Pandemie in China.

Israel

Bestätigte Infektionen insgesamt: 16.314, Tote: 238, aktive Fälle: 5.549
Im 8,8-Millionen-Einwohner-Land sind die Corona-Zuwachsraten rückläufig, sie bewegen sich nur noch im zweistelligen Bereich. Der erste Fall war am 21. Februar eine Touristin vom Kreuzfahrtschiff „Diamond Princess“ gewesen. Am gleichen Tag wurde eine Quarantäneregelung für ausländische Reisende, zunächst aus Südkorea und Japan, verhängt. Ab 4. März mussten auch Einreisende aus einigen europäischen Ländern, darunter Österreich, in 14-tägige Heimquarantäne nach der Einreise. Diese Maßnahme sorgte damals international für viel Aufsehen, weil die betroffenen Länder zu diesem Zeitpunkt selbst noch von solchen Maßnahmen entfernt waren. Israel setzt massiv auf Tracking von Infizierten und setzt dafür auch den Geheimdienst ein. Probleme hat das vom konservativen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu regierte Land vor allem mit der ultraorthodoxen jüdischen Community, in der sich die Abstandsregeln schwer durchsetzen lassen.

Dänemark

Bestätigte Infektionen insgesamt: 10.136, Tote: 503, aktive Fälle: 2.141
Das 5,8-Millionen-Einwohner-Land hat die Zahl der täglichen Neuinfektionen nach dem Höchststand am 7. April (391) senken können, die täglichen Infektionszahlen bewegen sich aber im dreistelligen Bereich. Dänemark verbuchte am 27. Februar seinen ersten Fall, ein von den Skiferien in der Lombardei zurückgekehrter Mann. Dänemark reagierte umgehend und zählte so zu den ersten europäischen Staaten, die strikte Corona-Maßnahmen nach innen und außen setzten. So wurden bereits am 6. März alle Großveranstaltungen abgesagt, am 13. März alle Schulen und tags darauf die Grenzen geschlossen. Mit der jüngsten Stabilisierung der Fälle war die sozialdemokratische Ministerpräsidentin Mette Fredriksen so zufrieden, dass sie sogar eine frühere Öffnung von Wirtschaftsbereichen erwog. Anders als andere Staaten öffnete das skandinavische Land zuerst den Bildungsbereich wieder. Seit Mitte April sind die Volksschulen und Kindergärten wieder geöffnet. Die Wiedereröffnung einiger Kleinunternehmen wie Friseur- und Kosmetikstudios sowie Fahrschulen waren mit dem 20. April vollzogen.

Griechenland

Bestätigte Infektionen insgesamt: 2.642, Tote: 146, aktive Fälle: 1.122
Das 10,7-Millionen-Einwohner-Land musste am 21. April einen Coronaschock hinnehmen, als in einer Flüchtlingsunterkunft auf dem Peloponnes 150 asymptomatische Fälle bestätigt wurden. Bis dahin war das Land dank drastischer Eindämmungsmaßnahmen auf gutem Weg gewesen, die Zahl der Neuinfektionen pro Tag lag im niederen zweistelligen Bereich. Der erste Fall war am 26. Februar eine Frau, die sich zuvor in Norditalien aufgehalten hatte. Die konservative Regierung von Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis reagierte prompt und sagte die für den folgenden Tag geplanten Karnevalsveranstaltungen samt und sonders ab. Anfang März kamen dann Schulschließungen und die Absage von Kulturveranstaltungen hinzu. Die geltenden Beschränkungen wurden bis 4. Mai verlängert, am Montag wurden Geschäfte und Friseure nach dem sechswöchigen Lockdown wieder aufgesperrt.

Norwegen

Bestätigte Infektionen insgesamt: 7.955, Tote: 215, aktive Fälle: 7.708
Das erste Mal wurde das neuartige Coronavirus am 26. Februar in Norwegen nachgewiesen. Anfang März wurden einige Norweger, die sich in Tirol aufgehalten hatten, positiv auf das Virus getestet. Ein Zusammenhang mit Österreich wird von den norwegischen Gesundheitsbehörden vermutet. Mitte März verfügte die Regierung die Schließung aller Schulen, Bars sowie anderer öffentlicher Einrichtungen und Flughäfen. Die Matura wurde abgesagt. Ende April gab es Lockerungen, so öffneten die Kindergärten ab 20. April, eine Woche später ging der Unterricht an Pflichtschulen wieder los. Die Grenzkontrollen bleiben aber aufrecht. Außerdem wurde eine Tracking-App eingeführt. Die konservative Ministerpräsidentin Erna Solberg begründete dies mit der Möglichkeit, um „zu einem normaleren Leben zurückzukehren“. Die Nutzung der App ist kostenlos und freiwillig.

Tschechien

Bestätigte Infektionen insgesamt: 7.899, Tote: 258, aktive Fälle: 3.624
Im 10,6-Millionen-Einwohner-Land ist die Zahl der Neuinfektionen nach einem Höchststand am 4. April (381) deutlich zurückgegangen. Tschechien reagierte ebenfalls frühzeitig auf die Ausbreitung der Pandemie in anderen Ländern. So wurden die Flüge aus China am 9. Februar eingestellt. Erst am 1. März wurden die ersten Fälle im Land bestätigt, die allesamt im Zusammenhang mit Norditalien standen. Am 5. März wurden Flüge aus Italien abgesagt, am 7. März Gesundheitschecks an den Grenzen eingeführt, am 11. März die Schulen geschlossen. Die vom Liberalpopulisten Andrej Babis geführte Koalitionsregierung setzt auf die Auswertung von Handy- und Kreditkartendaten („Intelligente Quarantäne“) sowie auf Tests der Bevölkerung. Vor allem aber verhängte Tschechien als eines der ersten europäischen Länder am 19. März eine Maskenpflicht für den gesamten öffentlichen Raum. Nun blickt das Binnenland bereits in Richtung Sommersaison und erwägt die Öffnung der Grenzen im Juli. Mit 11. Mai werden Kulturinstitutionen geöffnet und Sportevents mit bis zu 100 Teilnehmern wieder zugelassen.

Singapur

Bestätigte Infektionen insgesamt: 20.198, Tote: 18, aktive Fälle: 18.661
Der Stadtstaat mit seinen 5,8 Millionen Einwohnern galt lange Zeit als positives Beispiel. Die ersten Infektionen sind in Singapur Anfang Februar auftreten, bei allen Fälle gab es einen direkten Bezug zu China. Das Land hatte die ersten Infizierten sofort isoliert, Infektionsketten minutiös nachverfolgt und alle Kontaktpersonen unter Quarantäne gestellt. Die Auswertung von Standortdaten wurde bei der Durchsetzung von Ausgangssperren genutzt. So gelang es, die Fallzahlen trotz der Nähe zu China äußerst niedrig zu halten - obwohl Schulen und Geschäfte zunächst offen blieben. Doch mit April änderte sich die Lage: Nach einem Anstieg der Infektionen griff Singapur dann doch zu restriktiveren Maßnahmen. Schulen und nicht systemrelevante Geschäfte wurden geschlossen. Die Zahlen gingen allerdings weiter nach oben, täglich kommen an die 500 Fälle hinzu. Insgesamt sind derzeit 18.661 Menschen infiziert. Dabei handelt es sich vorwiegend um Gastarbeiter, die in Sammelunterkünften und großen Schlafsälen leben. Die Todesrate ist mit 18 bestätigten Opfern immer noch vergleichsweise niedrig.

Österreich

Bestätigte Fälle: 15.684, 608 Tote, aktiv erkrankt: 1.437
Mit den massiven Einschränkungen des sozialen Lebens ist es Österreich gelungen, die Zahl der Neuinfektionen deutlich in den zweistelligen Bereich zu drücken. Nach dem Höchststand von 972 Fällen am 26. März ging es mehr oder weniger sukzessive nach unten. Am Mittwoch wurden 41 Neuinfektionen verbucht. Am 25. Februar waren die ersten beiden Fälle bestätigt worden (zwei Lombardei-Rückkehrer in Innsbruck), am 10. März folgten Einreisesperren für Italien, China, den Iran und Südkorea. Die damals schon in Verruf geratenen Tiroler Skigebiete wie Ischgl blieben noch bis zum 15. März offen, den letzten Tag vor Beginn des österreichischen Lockdowns, bei dem Schulen und nicht systemrelevante Geschäfte geschlossen wurden. Nach Überlegungen der Regierungsspitze, auf Tracking-Apps zu setzen, gab es massive öffentliche Kritik. Die Nutzung der Corona-App erfolgt freiwillig. Eine teilweise Maskenpflicht im öffentlichen Raum gilt seit 1. April, nach Ostern wurden sukzessive Lockerungsschritte für Geschäfte eingeleitet. Die Schulen wurden mit 4. Mai schrittweise geöffnet. Auch eine Grenzöffnung in der Sommersaison wird erwogen.

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