Kurz am Freitag zu Gast bei Macron

Der Bundeskanzler ist am Freitag zu Gast bei Emmanuel Macron. Man möchte vor allem über die Zukunft der Europäischen Union sprechen.

Drei Wochen nach seinem Amtsantritt absolviert Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) am Freitag seine erste bilaterale Auslandsreise. Vor dem Hintergrund seines umstrittenen Regierungsbündnisses mit der rechtspopulistischen FPÖ will Kurz ein Zeichen setzen: Er besucht den Hoffnungsträger des pro-europäischen Lagers und starken Mann der EU, Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron, in Paris.

EU-Reformpläne an der Tagesordnung

Macron will Kurz um 13.00 Uhr zu einem Vier-Augen-Gespräch im Elysee-Palast empfangen. Danach sind Delegationsgespräche geplant, um 15.00 Uhr wollen die beiden Jungstars der EU-Politik dann gemeinsam vor die Presse treten. Er wolle mit Macron "erörtern, in welchen Bereichen wir verstärkt zusammenarbeiten können, etwa bei Fragen wie der Migrationskrise, Herausforderungen durch die Digitalisierung oder der Subsidiarität", sagte der Kanzler im Vorfeld seiner Reise.

Kurz am Freitag zu Gast bei Macron
The Republican guard's brass band performs as members of the diplomatic corps arrive to attend a New Year wishes ceremony at the Elysee palace in Paris on January 4, 2018. / AFP PHOTO / ludovic MARIN

"Ich halte es für ausgesprochen positiv, dass es mit Emmanuel Macron einen französischen Präsidenten gibt, der den Anspruch hat, die EU zum Positiven zu verändern, denn es braucht Reformen", betonte der ÖVP-Chef. Wie aus dem Bundeskanzleramt verlautete, soll bei dem Termin über die EU-Reformpläne Macrons, den österreichischen EU-Ratsvorsitz im zweiten Halbjahr, die Brexit-Verhandlungen, den künftigen EU-Finanzrahmen sowie die Migrationskrise gesprochen werden.

Nächste Treffen mit Merkel und Orban

Der Besuch markiert auch einen Meilenstein in den bilateralen Beziehungen: Es ist das erste Mal, dass sich ein österreichischer Bundeskanzler Frankreich als Destination für seine erste Auslandsreise aussucht. Seine deutsche Amtskollegin Angela Merkel besucht Kurz am kommenden Mittwoch in Berlin. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban, der sich der schwarz-blauen Regierung mit mehrfachem Lob angebiedert hatte, muss sich hingegen noch gedulden. Er möchte Kurz noch im Jänner in Wien besuchen, verlautete aus Budapest.

Kurz am Freitag zu Gast bei Macron
ABD0076_20170622 - BR†SSEL - BELGIEN: Au§enminister Sebastian Kurz (l./…VP) wŠhrend eines Treffens mit dem ungarischen Premierminister Viktor Orban vor Beginn des EVP-Gipfels am Donnerstag, 22. Juni 2017 in BrŸssel. - FOTO: APA/…VP/JAKOB GLASER - ++ WIR WEISEN AUSDR†CKLICH DARAUF HIN, DASS EINE VERWENDUNG DES BILDES AUS MEDIEN- UND/ODER URHEBERRECHTLICHEN GR†NDEN AUSSCHLIESSLICH IM ZUSAMMENHANG MIT DEM ANGEF†HRTEN ZWECK UND REDAKTIONELL ERFOLGEN DARF - VOLLST€NDIGE COPYRIGHTNENNUNG VERPFLICHTEND ++

Mit seiner Reiseplanung macht Kurz klar, dass er nichts von den Visegrad-Avancen seines Koalitionspartners FPÖ wissen will. Der Kanzler will Österreich stattdessen als "Brückenbauer" innerhalb der EU positioniert wissen. Bereits am Tag nach seiner Angelobung besuchte er die Spitzen der EU-Institutionen in Brüssel, um Zweifel an der pro-europäischen Haltung der neuen Bundesregierung zu zerstreuen. Sein enger Vertrauter Gernot Blümel machte es ihm am Montag nach und reiste unmittelbar nach der Angelobung als neuer Europaminister in die EU-Hauptstadt.

Kurz kritisiert aktuelle EU-Politik

Die Symbole können aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Kurz ein Kritiker der aktuellen EU-Politik ist und in Brüssel aufmischen will. So hat er das System der Flüchtlingsquoten innerhalb der Europäischen Union für gescheitert erklärt, lehnt höhere EU-Nettozahlungen Österreichs infolge des Brexit ab und will den Umfang der EU-Grundfreiheiten einschränken, um die "Zuwanderung ins Sozialsystem" zu bekämpfen. Den Brexit sieht er in diesem Zusammenhang als warnendes Beispiel. Mit Macrons Vision einer Sozialunion kann Kurz nichts anfangen, stattdessen will er Bürokratieabbau und eine liberalere Wirtschaftspolitik innerhalb der EU.

Seine Pläne zu einer Reform der Europäischen Union in Richtung mehr Subsidiarität und Effizienz hatte Kurz bereits vor einem Jahr präsentiert. Ende Februar 2017 kündigte der damalige Außenminister eine Reise durch europäische Hauptstädte an, um mit Blick auf die österreichische EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2018 um Bündnispartner zu werben.

Der damalige Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ), der insbesondere im Sozialbereich andere Ansichten vertrat, pfiff ihn aber zurück und pochte auf eine koalitionsinterne Abstimmung. Ende September stellte sich Kern hinter die zuvor präsentierten ehrgeizigen EU-Reformpläne Macrons und warf der Kurz-ÖVP vor, in der Europapolitik "fast am defensivsten Rand" zu sein und ein "Nachtwächter-Europa" zu wollen, "das sich nur auf Sicherheit und das Zusperren der Grenzen beschränkt".

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