Kronzeuge Schieszler bestätigt Geldfluss in Richtung FPÖ

APA11514776 - 18022013 - WIEN - ÖSTERREICH: Im Telekom-Prozess rund um die Kursaffäre aus dem Februar 2004, in der frühere Telekom Austria-Vorstände auf der Anklagebank sitzen, ist am Montag, 18. Februar 2013, das Beweisverfahren eröffnet worden. Im Bild: Zeuge Gernot Schieszler, der die Kronzeugenstellung anstrebt und deswegen nicht auf der Anklagebank sitzt. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Rumpold-Auftrag habe dazu gedient, Regierungspartei positiv zu stimmen, sagt der Zeuge.

Perfektes Timing. Noch bevor am Donnerstag im Telekom-Prozess Gernot Schieszler seinen Auftritt hatte, war klar: Er bekommt den Kronzeugen-Status. Die Staatsanwaltschaft hat dem Justizministerium im April einen entsprechenden Vorhabensbericht vorgelegt (der KURIER berichtete), die Entscheidung ist grundsätzlich gefallen.

Damit hat der ehemalige Bereichsleiter der Telekom für Controlling, der selbst an den Gaunereien beteiligt war, nichts mehr Schlimmes zu befürchten (siehe Zusatzinfo).

Schieszler – der schon im Vorfeld aus seiner „Shitlist“, einer Art Tagebuch, umfassend ausgepackt hatte – weiß, was dafür von ihm erwartet wird. Er sprach von einem „politisch motivierten Geschäft, um eine Regierungspartei positiv zu stimmen“. Der Inhalt der Studie sei nicht der Zweck gewesen. Also ganz klar verdeckte Parteienfinanzierung für die FPÖ.

Es geht um die Aufträge für 600.000 Euro, welche die Telekom im Jahr 2004 über Intervention von Jörg Haider dem FPÖ-Werber Gernot Rumpold zugeschanzt hatte. Die FPÖ saß damals in der Regierung.

Gute Verbindung

Der gemeinsam mit Ex-Telekom-Vorstand Rudolf Fischer, Gernot Rumpold sowie zwei Ex-FPÖ-Funktionären wegen Untreue angeklagte frühere Telekom-Prokurist Michael Gassauer sei zu ihm gekommen und habe ihm eröffnet: „Wir haben die Notwendigkeit, die FPÖ gut zu stimmen.“ Er, Schieszler, habe sich gedacht, „dass es für die Telekom gut ist, diese Verbindung zu haben“. Schieszler half Gassauer, die Zahlung im Budget unterzubringen.

Was nicht so gut gelang. Der Revisionschef der Telekom erkannte den Auftrag als Scheingeschäft, „um Geld zu transferieren“. Er konnte als Zeuge „keine Werthaltigkeit im Vergleich zur gestellten Summe“ feststellen.

Der damalige Leiter der Einkaufsabteilung weigerte sich laut Schieszler, das Geld für Rumpold freizugeben und habe davor gewarnt, „dass wir dafür alle ins Gefängnis gehen“. Auch der ÖVP-nahe Gassauer selbst sei „widerwillig“ gewesen, „erstens couleurtechnisch, zweitens aus Angst, dass das auftaucht“. Schieszler aber sagte: „Wir haben den Auftrag, das abzuwickeln, um einen positiven Kontakt zu einer Regierungspartei zu haben und das Festnetz zu halten.“ Die Konzepte umzusetzen, sei nie vorgesehen gewesen.

Das bestätigten auch mehrere ganz „gewöhnliche“ Zeugen ohne Kronzeugen-Status. Ein Telekom-Mitarbeiter bewertete die Konzepte von Rumpold – der ja behauptet, sie seien ihr Geld wert gewesen – lediglich als „Ideensammlung“ mit „sehr vielen Allgemeinplätzen.“ Die Vorschläge hätten gar nicht ins Festnetz-Konzept gepasst. Wie etwa ein Telechampion-Spiel, das mit Rückmeldungen über SMS funktionieren sollte. Auf dem Festnetz freilich ein Ding der Unmöglichkeit.

Der Prozess wird im August fortgesetzt.

Die Entscheidung, ob die Staatsanwaltschaft Wien dem ehemaligen Telekom-Manager Gernot Schieszler den Kronzeugen-Status zugesteht, ist grundsätzlich gefallen. Wie Behördensprecherin Nina Bussek Donnerstagmittag auf, liegt ein entsprechender Vorhabensbericht vor. Dieser bedarf nun der Genehmigung der Wiener Oberstaatsanwaltschaft (OStA) und des Justizministeriums.

Formal wird Schieszler in der Causa Telekom derzeit noch als Beschuldigter geführt, gegen den ein separates Strafverfahren läuft. Der ehemalige Bereichsleiter für Controlling hatte 2011 mit umfassenden Aussagen zu verschiedenen dubiosen Zahlungsvorgängen innerhalb des Telekom-Konzerns umfangreiche Ermittlungen der Anklagebehörde in die Wege geleitet, die bisher zu vier rechtskräftigen Anklagen - unter anderem gegen den damaligen Telekom-Vorstand und ehemalige politische Funktionäre der FPÖ und des BZÖ - geführt haben.

Sollte Schiezler die Kronzeugenregelung angeboten bekommen, wovon Justizkenner ausgehen, würde das nicht bedeuten, dass der selbst in mutmaßlich unrechtmäßige Vorgänge verwickelte Ex-Telekom-Manager straflos davonkommt. Vermutlich dürfte die Staatsanwaltschaft Schieszler eine Diversion anbieten: Falls er eine Geldbuße akzeptiert, könnte im Gegenzug die gegen ihn gerichtete Anzeige zurückgelegt und sein Strafverfahren ruhend gestellt werden.

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