Kritik an Leitkultur: Vom "dummen Begriff" und "anderen Problemlagen"

Michael Köhlmeier
Autor Michael Köhlmeier und Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser können Debatte nichts abgewinnen.

Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser ortet in der von der ÖVP initiierten Suche nach einer Leitkultur ein Ablenkungsmanöver. "Ich habe den sehr deutlichen Eindruck, dass es darum geht, auf andere Problemlagen, die viel größer sind, nicht hinzuschauen", so Moser im Ö1-Mittagsjournal am Samstag.

Als Beispiel nannte sie die drängenden Probleme in der Pflege. Für den Schriftsteller Michael Köhlmeier ist "Leitkultur" überhaupt ein "dummer Begriff."

"Wir haben in Österreich eine Wertebasis, auf der unsere Gesellschaft aufgebaut ist und die unser Zusammenleben leitet - und das sind die Menschenrechte", betonte Moser. Man müsse vielmehr darüber diskutieren, wie diese hierzulande gelebt werden. "Da haben wir viel Luft nach oben." Als Beispiel nannte sie die mangelnde Umsetzung der Behindertenrechtskonvention. Das Vorgehen der ÖVP bzw. von Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP), die im Rahmen eines Prozesses eine Leitkultur definieren wollen, sieht Moser als Wahlkampfstrategie.

Ebenso ein Ablenkungsmanöver sieht der Schriftsteller Michael Köhlmeier. "'Leitkultur' ist ein dummer Begriff. Kein Mensch will in seiner kulturellen Vorstellung geleitet werden", meinte er in den Vorarlberger Nachrichten (Wochenendausgabe). Kritik übte er an der ÖVP: "Diejenigen, die am lautesten nach der Moral schreien, sind die, die sie am heftigsten brechen. Das ist ein Leitgedanke in meinem Leben. Oder eher ein Leidgedanke", so Köhlmeier. "Wenn laut der ÖVP in unserem christlichen Abendland die Zehn Gebote gelten und gehen muss, wer Gesetze nicht achtet, dann müsste ein Großteil der Führungsriege der ÖVP gehen."

Der Autor fragt sich auch, was eine Leitkultur überhaupt sein soll: "Wenn ich das genau nehme, brauche ich auch jemanden, der leitet. Um die Demokratie zu respektieren, ist das aber unnötig. Dafür gibt es die Gesetze, die leiten."

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