Nach Pilnacek-Anzeige: Fünf Korruptionsjäger angezeigt

WKStA-Chefin Vrabl-Sanda
Anzeige gegen Ex-Justiz-General wegen Amtsmissbrauchs ging ins Leere. Nun steht u.a. der Verdacht der "Fälschung von Beweismitteln" im Raum.

Der interne Streit in der Justiz zur Causa Eurofighter geht in die nächste Runde – mit neuen Vorwürfen und gegenseitigen Anzeigen der beteiligten Behörden.

Wie berichtet, hatte die Chefin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA), Ilse Vrabl-Sanda, Anzeige gegen den früheren Generalsekretär des Justizministeriums, Christian Pilnacek, und zwei Oberstaatsanwälte erstattet.

Sie wirft ihnen vor, Teile des Eurofighter-Verfahrens abdrehen zu wollen. In einer internen Besprechung hatte Pilnacek gesagt: „Setzt’s euch z’samm und daschlogt’s es.“

Christian Pilnacek sitzt vor einem Mikrofon.

Der suspendierte Sektionschef des Justizministeriums ist in der Nacht auf Freitag im Alter von 60 Jahren gestorben. 

Nun hat die Staatsanwaltschaft Linz entschieden, nicht wegen Amtsmissbrauchs zu ermitteln.

Die Anzeige geht also ins Leere – und jetzt stehen die Korruptionsjäger selbst im Visier der Justiz, weil die Hintergründe der Anzeige geprüft werden.

Die Oberstaatsanwaltschaft hat als übergeordnete Stelle fünf Mitarbeiter der WKStA angezeigt.

Neues Protokoll angefertigt

Die Vorwürfe setzen am Ursprung der Anzeige an: Die besagte Sitzung wurde heimlich aufgenommen, ein Protokoll lag der Anzeige der WKStA bei.

Die Oberstaatsanwaltschaft hat aber offenbar Zweifel, dass das 33-seitige Protokoll aus dem Büro von Vrabl-Sanda stimmt – und will prüfen, ob vielleicht noch mehr dahintersteckt. Deshalb wurde die Tonaufnahme angefordert und selbst abgeschrieben.

Diese Abschrift ist mehr als doppelt so lang wie das WKStA-Protokoll. Alle Äußerungen der Sitzungsteilnehmer sind wortwörtlich enthalten.

„Es gilt die Frage zu klären, ob das Protokoll den Inhalt der Sitzung korrekt wiedergegeben hat“, heißt es gegenüber dem KURIER aus der Generalprokuratur, die die Fachaufsicht über die Causa hat.

Pikant: Es gehe um den „allfälligen Vorwurf der Fälschung von Beweismitteln“.

Zudem wurde die Tonaufnahme ohne Einverständnis der Teilnehmer gemacht – und möglicherweise illegal weitergegeben. Auch das hat die Oberstaatsanwaltschaft angezeigt.

"Daschlogt's es"

Die neuen Vorwürfe wird wieder die Staatsanwaltschaft Linz prüfen, da die Wiener Behörden wegen der räumlichen Nähe befangen sein könnten.

Den Vorwurf einer Intervention gibt es trotzdem: SPÖ, FPÖ, Neos und die Liste Pilz kritisierten am Donnerstag scharf, dass nicht gegen Pilnacek, den damaligen Generalsekretär und mächtigsten Beamten im Haus, ermittelt wird.

Zu den Gründen, warum die Anzeige fallengelassen wurde, sagt ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Linz: „Es deutet nichts drauf hin, dass etwas rechtswidrig eingestellt werden sollte.“

Und er erklärt: „Daschlogt’s es“ sei in Justiz-Kreisen ein gängiger Ausdruck dafür, einen weniger relevanten Aspekt eines vielschichtigen Verfahrens rasch abzuarbeiten, um sich wieder dem Wesentlichen widmen zu können.

Pilnacek erklärte zu der Anzeige Mitte Mai selbst, seine Aussagen seien aus dem Zusammenhang gerissen.

Beide Protokolle bei den Akten

Beide Protokolle – jenes von Vrabl-Sanda und das doppelt so lange der Oberbehörde – werden zu den Akten gelegt und wären damit dem U-Ausschuss zugänglich. Dieser endet  heute, Freitag, mit der Befragung von Pilnacek und Ex-Justizminister Josef Moser.

Am Donnerstag war WKStA-Chefin Vrabl-Sanda im U-Ausschuss. Sie betonte vor Journalisten, ihre Behörde habe mit der Anzeige „Haltung“ bewiesen.

Vrabl-Sanda spricht von "Zwangslage"

Später am Abend sagte sie in der "ZiB2", sie habe zwar noch nichts Offizielles erfahren, gehe aber davon aus, dass auch sie unter den fünf Angezeigten ist.

Und sie bleibt dabei, dass die Anzeige alternativlos war: "Es ging darum, Missstände aufzuzeigen." Ihre Behörde sei einem großen Druck ausgesetzt gewesen, das Eurofighter-Verfahren "sehr rasch" zu erledigen. Vrabl-Sanda: "Ich bin noch nie in so eine Zwangslage gebracht worden."

 

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