Wirkt ein Kopftuchverbot? Warum Plakolm Frankreich als Vorbild sieht

Es ist der zweite Versuch: Nachdem der Verfassungsgerichtshof (VfGH) das 2019 von ÖVP und FPÖ umgesetzte Kopftuchverbot ein Jahr später gekippt hatte, probiert es Türkis-Rot-Pink nun erneut. Gelten soll es für unter 14-Jährige. Integrationsministerin Claudia Plakolm (ÖVP) hat am Mittwoch im Ministerrat den Gesetzesentwurf präsentiert. Das Ministerium schätzt, dass das Verbot rund 12.000 Jugendliche treffen könnte.
In den vergangenen Wochen gab es bereits breite Kritik. Die Islamische Glaubensgemeinschaft (IGGÖ) ortete Populismus. Verfassungsexperte Heinz Mayer meinte gegenüber Ö1, dass eine "Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes" drohe, solange andere religiöse Symbole – etwa die jüdische Kippa – nicht verboten seien. 2020 hatte der VfGH das Verbot auch unter anderem deshalb für verfassungswidrig erklärt.
Schulische Leistungen wurden signifikant besser
Gibt es überhaupt Indizien, dass ein Kopftuchverbot in der Praxis positive Auswirkungen hat? Das Integrationsministerium verweist auf eine Langzeitstudie (2022) zum Schleierverbot in Frankreich. Öffentliche Schulen in Frankreich sind seit 1994 dazu verpflichtet, das Tragen von Kopftüchern zu verbieten. Seit 2004 sind "deutlich sichtbare religiöse Zeichen" generell verboten.
In der Studie wurden in Frankreich geborene Musliminnen mit Nicht-Musliminnen verglichen. Die zentrale Erkenntnis: Die Studienautoren sehen einen "direkten Beitrag" des Kopftuchverbots zu mehr "Chancengleichheit". Vor dem Verbot lag die Wahrscheinlichkeit, dass muslimische Schülerinnen die französische Matura (Baccalauréat) schaffen, um 15 Prozentpunkte geringer als bei nicht-muslimischen Schülerinnen. Diese Lücke reduzierte sich nach dem Verbot auf sieben Prozentpunkte.
Ministerium sieht sich bestätigt
Bei muslimischen Schülern gab es im Vergleichszeitraum keine Verbesserung der Abschlussquote. Und: Laut den Autoren führte das Verbot weder zu einer höheren Schulabbruchsrate von Musliminnen noch wechselten diese vermehrt in religiöse Privatschulen. Die Autoren schlussfolgern, dass die Regelung muslimischen Frauen geholfen habe, die Differenz "zwischen ihrer Familien- und ihrer Gastkultur zu überwinden".
Das habe sich nicht nur auf der schulischen Ebene gezeigt: Während vor dem Verbot nur 13 Prozent der muslimischen Frauen einen nicht-muslimischen Partner heirateten, stieg dieser Anteil danach auf 22 Prozent. Insofern könnte das Verbot auch die soziale Integration verbessert haben.
Aus Sicht des Integrationsministeriums weichen die Erkenntnisse der Studie "von der Argumentation des VfGH 2020 ab, wonach Mädchen von einem Verbot des Kopftuchs benachteiligt werden würden". Die Studienautoren stellen aber auch klar, dass weitere Untersuchungen nötig wären, ob sich ähnliche Resultate in anderen Staaten, Zeiträumen oder unter anderen Umständen zeigen.
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