Kopftuchverbot bei Kindern: "Regierung will nur Schlagzeilen"
Die Zahl der Betroffenen ist ungewiss. Die Haltung der Regierung eindeutig. ÖVP-FPÖ wollen das Kopftuchverbot, das es schon im Kindergarten gibt, auf bis zu 10-jährige Schülerinnen ausweiten.
Für die dazu notwendige Verfassungsbestimmung im Schulunterrichtsgesetz braucht die Regierung eine Mehrheit im Parlament. Die wird sie – aller Voraussicht nach – auch nach dem heutigen Unterrichtsausschuss mit den Oppositionsparteien nicht erhalten.
Dem „Verbot des Tragens weltanschaulicher oder religiös geprägter Bekleidung, die mit einer Verhüllung des Hauptes verbunden ist, für Schülerinnen und Schüler bis zur Vollendung des 10. Lebensjahres“ können weder SPÖ, Neos noch die Liste Jetzt vorbehaltlos etwas abgewinnen.
„Natürlich lehnen wir ein Kopftuch für Mädchen ab,“ sagt SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid. „Aber wir sehen, dass es der Bundesregierung mit dem Antrag für das Kopftuchverbot für Mädchen nur um eine Schlagzeile geht. Es geht aber um Integration. Wir sind verhandlungsbereit, wenn es um ein Gesamtpaket, um Integration, Sprachförderung, ganztägige Schulangebote, um Ressourcenausstattung mit mehr Lehrern, mehr Sozialpädagogen geht.“
Hammerschmid kritisiert, dass Bildungsminister Heinz Faßmann einen Diskurs versprach, dieser aber nie stattgefunden habe. Zudem fehlt der Ex-Bildungsministerin die Einbindung von Integrationsrat, Verfassungsexperten, Lehrergewerkschaftern und Schülern.
Die „Verhüllung des Hauptes“ - also „jede Art von Bekleidung, welche das gesamte Haupthaar oder große Teile dessen verhüllt“ -, wie es im Gesetzestext heißt, soll bestraft werden. Trägt ein Kind Kopftuch, muss der Schulleiter die „zuständige Bildungsdirektion unverzüglich verständigen“. Diese wiederum muss „die Erziehungsberechtigten innerhalb von vier Schultagen zu einem verpflichtenden Gespräch laden“. Kommt das Kind weiterhin mit Kopftuch in die Schule oder der Erziehungsberechtigte nicht zum Gespräch, ist mit einer Strafe von bis zu 440 Euro zur rechnen.
"Zum Schutz von Mädchen"
Das türkis-blaue Argument, das Verbot sei „zum Schutz von Mädchen“ geht laut Stephanie Cox, Bildungssprecherin der Liste Jetzt fehl. Emanzipation finde nicht durch Kleidervorschriften statt, sondern durch Bildung, gesellschaftliche Teilhabe und Anregen zum kritischen Denken, sagt sie.
Die türkis-blaue Koalition beruft sich in ihrem Antrag auf die UN–Kinderrechtskonvention, die das Recht auf Bildung und Entfaltung der Persönlichkeit festschreibt.
Douglas Hoyos, Bildungssprecher der Neos, geht mit der SPÖ und der Liste Jetzt inhaltlich d’ accord – und mit seiner Kritik um einen Schritt weiter. „Einzelmaßnahmen in den Verfassungsrang zu heben – offenbar aus Angst vor der Prüfung des Verfassungsgerichtshofes – ist eine Missachtung des Parlaments und ein Missbrauch der Verfassungsmehrheit.“
Er plädiert, wie die ehemalige Hammerschmid, für ein „Maßnahmenpaket zur besseren Integration in Kindergärten und Schulen“. Zudem schlagen die Pinken vor, unabhängig der Konfession „religiös-bedingte Kleidungsstücke in Kindergärten und Schulen für Jugendliche bis zum vollendeten 14. Lebensjahr zu bannen“.
Neos und Liste Jetzt sprechen sich auch deshalb für einen Ethikunterricht aus. „Alle Kinder, die in Österreich zur Schule gehen, sollen sich auf gemeinsame Werte verständigen und darüber reden, wie diese Werte gelebt werden können“, sagt Cox. „Die Einführung als verpflichtenden Ersatzunterricht für Religion in der Sekundarstufe I ist ein erster Schritt von Minister Faßmann, aber ich würde mir als nächsten Schritt Ethik als Unterrichtsfach für alle Kinder wünschen, auch in der Volksschule.“
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